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„Ich bin ein Beuteltier“ – Fotoaktion von Stomaträgern

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SPRENDLINGEN/KEHL (KOBINET) "Den Beutel an meinem Bauch kann ich durchaus auch mal zeigen" - diese Meinung teilen immer mehr Stomaträger. Sie leben mit einem künstlichem Darmausgang und zeigen sich auf der Internetseite www.100-tage-100-momente.de so, wie sie sonst nicht zu sehen sind.

Auf den selbst erstellten Aufnahmen wird der Beutel in ganz alltäglichen Situationen plötzlich sichtbar, bei der Arbeit, beim Sport, in einem Lieblings-Outfit oder an einem Lieblingsplatz. Seit dem 1. Mai zeigt die Foto-Aktion jeden Tag eine weitere Momentaufnahme und verzichtet dabei ganz bewusst auf ergänzende Kommentare oder persönliche Angaben. Und täglich erreichen die Initiatoren weitere Fotos. Eine gemeinsame Aktion gegen eigentlich längst überholte Vorurteile.

Natürlich binden sie im Alltag nicht jedem auf die Nase, dass sie einen Beutel am Bauch tragen, der ihre Körperausscheidungen auffängt. Warum auch? Er verschwindet ja unter der Kleidung und wird für andere unsichtbar. Ganz diskret, darauf legen Stomaträger Wert. Trotzdem könnte es manches einfacher sein, wenn mehr über das Leben mit einem Stoma bekannt wäre. „Ich gehe selbstbewusst mit meinem Handicap um, was anderen eher schwer fällt. Sie meiden bestimmte Situationen in der Öffentlichkeit und verzichten dann auf einen Badeurlaub, einen Kinobesuch oder auf das wöchentliche Kicken in ihrer Hobby-Mannschaft. Aus Angst, jemand könnte den Beutel sehen oder peinliche Geräusche bemerken und dann mit Ablehnung reagieren“, wird Nicole in der Presseinformation zu der Aktion zitiert. Die junge Mutter ist sogar froh, dass sie jetzt ein Stoma trägt: Lange Zeit konnte sie wegen einer chronischen Darmerkrankung nicht wirklich am Leben teilnehmen, ihr Alltag war bestimmt von Bauchschmerzen und ständigem Durchfall. Erst das Stoma hat ihr neue Lebensqualität gegeben.

Ein Stoma ist eine kleine Öffnung am Bauch, die mit dem Darm oder den Harnleitern verbunden ist. Sie wird von Chirurgen bewusst herbei geführt um schwerwiegende Folgen von Erkrankungen wie Morbus Crohn, Blasen- oder Darmkrebs zu verhindern und um Leben zu retten, zum Beispiel nach einem Unfall mit Bauchverletzungen. Allein in Deutschland leben rund 160.000 Stomaträger, wie sich die Betroffenen selbst nennen. Ohne das man es ihnen ansieht.

Das Stoma ist immer noch ein Tabu, wie vieles, was mit Körperausscheidungen zu tun hat. Zu Unrecht, denn seit rund 60 Jahren gibt es den hygienischen Stoma-Versorgungs-Beutel, wie ihn die Betroffenen heute am Bauch tragen. Er fängt die Ausscheidungen aus dem Stoma auf. Da riecht nichts, da dringt nichts nach außen, heißt es in der Presseinformation zur Aktion. Trotz der hohen Lebensqualität halten sich Vorurteile über den „künstlichen Darmausgang“ hartnäckig. Und verunsichern so stark, dass im schlimmsten Fall ein Patient diese für ihn lebensrettende Operation ablehnt. Aus einer Angst vor dem Leben danach, die größtenteils unbegründet ist. Ein Teufelskreis, den engagierte Stomaträger mit ihrer Foto-Aktion ein Stück weit aufbrechen möchten.

„Natürlich war die erste Zeit nicht einfach, aber der Beutel am Bauch wurde schnell zur Nebensache und er gehört seitdem einfach zu mir“, wird Christian, 37 Jahre alt zitiert. „Wir wollen gemeinsam zeigen, dass wir ein Leben führen wie jeder andere.“ Mut machen, Ängste nehmen und Vorurteile abbauen, das ist das Ziel der Stomaträger, die bereits ein Foto von sich auf der Internetseite www.100-tage-100-momente.de eingesendet haben. Und immer mehr Betroffene beteiligen sich an der Aktion und tragen so zum Umdenken bei. Foto für Foto, 100 Tage lang.