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Hoffentlich bleibt William Geier ein Einzelfall

Hans-Peter Terno
Hans-Peter Terno
Foto: LandesZeitung RheinlandPfalz

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Hans-Peter Terno
Foto: LandesZeitung RheinlandPfalz

MAINZ (KOBINET) Der Herausgeber der LandesZeitung RheinlandPfalz und ehemalige Berater im Mainzer Zentrum für selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen, Hans-Peter Terno, setzt sich in einem Kommentar für die kobinet-nachrichten mit dem Vergleich auseinander, der William Frederic Geier nun den Auszug aus dem Heim in eine eigene Wohnung ermöglicht. Dabei hofft er, dass es in Zukunft ein Einzelfall bleibt, dass ein behinderter Mensch in Hessen sein Recht auf selbstbestimmtes Leben gerichtlich durchsetzen muss.

Kommentar von Hans-Peter Terno

Die Nachricht scheint eine gute Nachricht. William Geier, der eigentlich schon immer in einer Hochheimer Behinderteneinrichtung lebt, darf sich endlich eine eigene Wohnung suchen. Ich lernte ihn vor über zehn Jahren kennen. William Geier wandte sich damals an das Mainzer Zentrum für selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen (ZsL), um beraten zu werden. Der junge Mann wollte endlich über sein eigenes Leben und seine eigene Lebensführung entscheiden. Dazu erschien es ihm unerlässlich, selbstbestimmt wohnen zu können.

Das Recht, eine eigene Wohnung zu haben, über seinen eigenen Tagesablauf zu entscheiden, darüber zu entscheiden, was man ißt, wie man sich anzieht, wie und mit wem man seine Freizeit verbringt, erscheint Menschen, die nicht in Heimen wohnen, selbstverständlich. Der damals junge Mann ist schwerstbehindert und benötigt persönliche Assistenz. Diese erschien seinem Heimatkreis, dem Wetteraukreis, zu teuer. Der Grundsatz des Behindertenrechtes lautet zwar „ambulant vor stationär“, aber es gibt da eben auch einen Kostenvorbehalt. Der Wetteraukreis dachte an seinen Haushalt, nicht an Herrn Geier.

William Geier suchte sich eine Anwältin, die schon mehrfach erfolgreich behinderte Menschen vertrat. Rechtsanwältin Julia Heineck aus Mainz übernahm diesen Fall. Eine Herkulesarbeit. Die Rechtsanwältin ließ sich von den verschiedenen Ablehnungen des Wetteraukreises, anderer Behörden, des Sozialgerichtes nicht abschrecken. Sie ging von Instanz zu Instanz, argumentierte so unwiderlegbar, dass der Vorgang mit spitzen Fingern angefasst wurde.

Die Hartnäckigkeit hatte nach vielen Jahren Erfolg: Herr Geier bekommt vom neuen Kostenträger für diese Fälle, dem Landeswohlfahrtsverband Hessen, ein persönliches Budget, dass ihm die Kosten für eine persönliche Assistenz ersetzt. Nun braucht er noch eine barrierefreie Wohnung in Hessen oder nebendran im rheinhessischen Teil von Rheinland-Pfalz. Dort in Rheinland-Pfalz gilt die Umsetzung des Grundsatzes „ambulant vor stationär“ schon seit Jahren vorrangig.

Die UN-Behindertenrechtskonvention, der die Bundesrepublik beigetreten ist, verlangt Inklusion. Inklusion bedeutet, von Anfang an das Recht zu haben, dabei zu sein. Ob im Kindergarten, Schule, Ausbildung oder Beruf. Natürlich auch im Privatbereich: beispielsweise in einer eigenen Wohnung mittendrin in der Gesellschaft zu wohnen. Es ist gut, dass die Überwachung der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention vom Gesetzgeber auf das Deutsche Institut für Menschenrechte übertragen wurde. Menschenrecht muss vor Kostendruck gehen. Gerade auch für behinderte Menschen.

Der Landeswohlfahrtsverband Hessen spricht von einer „Einzelfallemtscheidung“ im Fall William Geier. Hoffen wir, dass es in Zukunft ein Einzelfall bleibt, dass ein behinderter Mensch in Hessen sein Recht auf selbstbestimmtes Leben gerichtlich durchsetzen muss.

Link zum kobinet-Bericht über den Vergleich für William Geier vom 7.1.2014