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Berlin (kobinet) Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat am 7. November 2023, maßgeblich initiiert von der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Dorothee Bär, ein Positionspapier für ein Sexkauf-Verbot nach dem sogenannten Nordischen-Modell verabschiedet. Gefordert wird u.a. die Bestrafung der Kunden sexueller Dienstleistungen bei gleichzeitiger Straflosigkeit der in der Prostitution tätigen Personen. Zu den Forderungen nach einem Sexkauf-Verbot hat der Berliner Rechtsanwalt Dr. Martin Theben, der Verbände berät und auch zum Thema Sexualassistenz Vorträge anbietet, sich zu Wort gemeldet:
Zum Inhalt des Postionspapiers der Union informiert Dr. Martin Theben, dass auch der Betrieb von Bordellen verboten werden soll. „Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion fordert weiter die Ausweitung von Beratungs- und Ausstiegsprogrammen. Die für 2025 geplante Evaluierung des 2016 zeitgleich mit dem Bundesteilhabegesetz verabschiedeten Prostituiertenschutzgesetz soll nicht abgewartet werden. Das Gesetz sieht derzeit eine Registrierungs- und Beratungspflicht für in der Prostitution tätige Personen und eine nach im Gesetz näher beschriebene Kriterien erfolgende Genehmigung von Prostitutionsstätten vor. So müssen diese u.a. auch ein Schutzkonzept gegen Zwang und Ausbeutung vorhalten und dürfen den dort tätigen Personen keine Vorgaben zu ihren Praktiken machen. Das Sexkauf-Verbot nahm in Schweden seinen Anfang und existiert in einer Reihe von Ländern u.a. in Frankreich. Von vielen Selbstvertretungsorganisationen der – wie sie sich selbst bezeichnen – Sexarbeitenden wird das Sexkauf-Verbot abgelehnt. Dies zeigt die Erklärung des BeSD e.V.“
Zu den Forderungen nach einem Sexkauf-Verbot meint Rechtsanwalt Dr. Martin Theben: „Es ist immer gut, sich gegen sexualisierte Gewalt, Zwang und Ausbeutung gerade auch im Bereich der Prostitution zu engagieren. Allerdings muss dann jedem klar sein, dass viele Formen der Sexualassistenz, bei denen es sich letztendlich auch um Prostitution handelt, verboten wäre. Kunden mit Behinderungen, aber auch Einrichtungen der Alten- und Behindertenhilfe, wo viele Sexualassistenti*nnen tätig sind, sich strafbar machen würden. Ob es wirklich der Menschenwürde gerecht wird, alle Kund*innen unter Generalverdacht zu stellen und alle in der Prostitution tätigen Personen zu Opfern zu erklären, ist mindestens fraglich. Der Schutz der Menschenwürde hängt eben nicht von Prozentzahlen ab, sie gilt für alle. Es muss Menschen zugetraut werden können, einvernehmlich entscheiden zu dürfen, ob sie Sex für Geld anbieten. Prekäre Arbeitsbedingungen in der Prostitution bedürfen auch der Regulierung, aber gleichermaßen des Empowerments und gesellschaftlicher Anerkennung. Stigmatisierung, Viktimisierung und ausgrenzende Verbote sind da eher kontraproduktiv.“
Dies zeigt nach Ansicht von Dr. Martin Theben der lange Kampf von Menschen mit Behinderungen. „Ich erwarte hier, dass sich die behindertenpolitischen Sprecher*innen der im Bundestag vertretenen Parteien, aber auch die Selbstvertretungsorganisationen der Behindertenbewegung – ergebnisoffen – aber engagiert und differenziert in die Debatte einmischen. Populistische Schnellschüsse über den Kopf aller Betroffenen hinweg sind abzulehnen“, betont der Berliner Rechtsanwalt.
Hier der Link zum Postionspapier der CDU/CSU-Bundestagsfraktion:
Prostitution: Menschenunwürdige Zustände beseitigen | CDU/CSU-Fraktion (cducsu.de)
Link zur Presseerklärung des BesD
Pressemitteilung_BesD_13.09.2023 (berufsverband-sexarbeit.de)