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Hochschulzulassung und Behinderung: Härtefall-Antrag stellen!

Porträt vor Schriftzug freihalten
Rechtsanwalt Andreas Jakubietz
Foto: Rechtsanwalt Andreas Jakubietz

Berlin (kobinet) Nicht jede Beeinträchtigung oder Behinderung, mag sie auch als hart empfunden werden, rechtfertigt eine Zulassung als Härtefall. Es muss eine besondere Ausnahmesituation vorliegen. Es ist im Einzelnen darzulegen, weshalb besondere gesundheitliche Gründe oder eine Behinderung durch Krankheit zur Wahrung der Chancengleichheit die sofortige Zulassung zum Studium erfordert.

Der Autor Andreas Jakubietz ist Rechtsanwalt in Berlin. Er ist als Fachanwalt für Verwaltungsrecht im Bereich Bildungsrecht, insbesondere auf dem Gebiet des Schulrechts und des Hochschulzulassungsrechts tätig. Der Jurist ist Vater einer Tochter und lebt in Berlin-Zehlendorf.

Was ist ein Härtefallantrag im Zulassungsverfahren?

Ein Härtefallantrag ist ein Sonderantrag, der beeinträchtigten Studienbewerberinnen und Bewerber den Zugang zum Studium erleichtert, auch wenn sie die erforderlichen Zulassungsvoraussetzungen in Bezug auf die Auswahl in der Abiturbestenquote, der Zusätzlichen Eignungsquote und das Auswahlverfahren der Hochschulen nicht erfüllen.

Die in der Härtefallquote zu vergebenden Studienplätze werden an Bewerberinnen und Bewerber vergeben, für die eine Ablehnung eine außergewöhnliche Härte darstellt.

Was ist eine außergewöhnliche Härte?

Laut der Vergabeverordnung der Stiftung für Hochschulzulassung liegt in Bezug auf die zentral zu vergebenden Studienplätze in den Studiengängen Humanmedizin, Zahnmedizin, Tiermedizin und Pharmazie eine außergewöhnliche Härte vor, wenn in der eigenen Person liegende besondere soziale oder familiäre Gründe die sofortige Aufnahme des Studiums oder einen sofortigen Studienortwechsel zwingend erfordern. Sinngemäße Regelungen finden sich in den landesrechtlichen Bestimmungen der Bundesländer, soweit es um die Zulassung durch die Hochschulen selbst, etwa im Studiengang Psychologie, geht. Vorranging sind dabei insbesondere gesundheitliche Gründe.

Welche Gründe können bei einem Härtefall geltend gemacht werden?

Die drei Wesentlichen sind:

  1. Krankheit mit der Tendenz zur Verschlimmerung,
  2. Auf Grund einer Behinderung ergibt sich eine Beschränkung der Berufswahl oder Ausübung des erlernten Berufes und das Studium lässt eine erfolgreiche Rehabilitation erwarten,
  3. Die Behinderung steht jeder anderen zumutbaren Tätigkeit bis zur Zuweisung eines Studienplatzes im Wege.

Eine außergewöhnliche Härte liegt aber beispielsweise nicht vor, bei der Aufgabe des bisherigen Studiums oder wenn schwerbehinderte Eltern oder Elternteile zu versorgen sind oder der Studienbewerber selbst Kinder hat.

Wie funktioniert eine Antragstellung?

Sowohl im Rahmen der Online-Bewerbung der Stiftung für Hochschulzulassung als auch bei einer Zulassung durch die Hochschule selbst kann – ergänzend zur regulären Bewerbung – ein Härtefall beantragt werden. Dieser Antrag ist mit aussagekräftigen, amtlich beglaubigten Nachweisen, u.a. einem ärztlichen Gutachten oder einem Schwerbehindertenausweis sowie einer Begründung für den Härtefallantrag fristgemäß bei der Stiftung für Hochschulstart bzw. der jeweiligen Hochschule einzureichen.

Der Härtefall muss durch die beigefügten Belege so deutlich dargestellt werden, dass eine außenstehende Person den vorliegenden Sachverhalt anhand dieser Nachweise nachvollziehen kann.

Fallbeispiel: vorrangige Zulassung auf Grund psychischer Erkrankung

Nicht selten werden Härtefälle auf eine psychische Erkrankung, die eine vorrangige Zulassung zum Studium erforderlich mache, gestützt.

In einem von dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen zu entscheiden Fall diagnostizierte die Fachärztin bei dem Antragsteller eine rezidivierende depressive Störung, Dysthymia, eine emotional-instabile Persönlichkeitsstörung, eine Essstörung sowie ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom im Erwachsenenalter und erläuterte den bisherigen Behandlungsverlauf und die erfolgten medizinischen Behandlungen.

Dies genügte nach Ansicht des Gerichts nicht den Anforderungen für eine Besserstellung des Antragstellers. Als Nachweis sei ein fachärztliches Gutachten vorzulegen, das zu den einzelnen Kriterien, die eine vorrangige (sofortige) Aufnahme des Studiums rechtfertigten, hinreichend Stellung nimmt. Das Gutachten müsse Aussagen über Entstehung, Schwere, Verlauf und Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankung sowie eine Prognose über den weiteren Krankheitsverlauf enthalten.

Die vorgelegte fachärztliche Stellungnahme erläutere dem gegenüber nicht hinreichend nachvollziehbar, warum dem Antragsteller bei Nichtzuweisung eines Studienplatzes ein dauerhafter, besonders irreversibler seelischer Schaden drohen soll und auch nicht, wie sich dieser Schaden auf die Studierfähigkeit des Antragstellers in einigen Jahren auswirken werde. Die erforderliche hohe Wahrscheinlichkeit einer später eintretenden Unmöglichkeit des Studiums vermögen die Ausführungen in der ärztlichen Stellungnahme nicht ansatzweise zu belegen.

Fazit

Nicht jede Beeinträchtigung oder Behinderung, mag sie auch als hart empfunden werden, rechtfertigt eine Zulassung als Härtefall. Es muss eine besondere Ausnahmesituation vorliegen. Es ist im Einzelnen darzulegen, weshalb besondere gesundheitliche Gründe oder eine Behinderung durch Krankheit zur Wahrung der Chancengleichheit die sofortige Zulassung zum Studium erfordert.