
Foto: H.-Günter Heiden
Berlin (kobinet) Die am 20. Dezember im ZDF ausgestrahlte Sendung "Die Anstalt“ zum Thema Inklusion hat von vielen Aktiven aus der Behindertenbewegung großen Applaus bekommen. Auch Dr. Sigrid Arnade, die neue Vorsitzende des Sprecher*innenrats des Deutschen Behindertenrats (DBR) hat die Sendung nicht kalt gelassen. kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul führte daher mit ihr ein entsprechendes Interview über die Sendung und vor allem über die verbreiteten Botschaften in Sachen schulische Inklusion und Werkstätten für behinderte Menschen.
kobinet-nachrichten: Frau Arnade, Sie sind die derzeitige Vorsitzende des Sprecher*innenrates des Deutschen Behindertenrats (DBR) und schon lange eine ausgewiesene Expertin zum Thema Inklusion. Schließlich haben Sie die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) aufseiten der Zivilgesellschaft in New York mitverhandelt. Was halten Sie von der aktuellen Folge der Sendung „Die Anstalt“ zum Thema Inklusion, die am 20. Dezember im ZDF ausgestrahlt und am 30. Dezember in 3sat wiederholt wird?
Dr. Sigrid Arnade: Die Sendung habe ich leider erst mit einiger Verspätung in der Mediathek gesehen, weil ich zum Zeitpunkt der Erstausstrahlung am 20. Dezember noch in Australien weilte. Als ich sie dann am 23. Dezember verfolgte, war ich aber einfach nur begeistert, und mein Jetlag war augenblicklich verflogen.
kobinet-nachrichten: Was genau hat Sie begeistert?
Dr. Sigrid Arnade: Beide Themen, die schwerpunktmäßig behandelt wurden – Werkstätten für behinderte Menschen und schulische Inklusion – sind sehr komplex. Ich war beeindruckt von der Präzision der Faktenrecherche sowie dem Kunststück, diese vielschichtigen Themen in nur 48 Minuten verständlich und gleichzeitig unterhaltsam darzustellen und dabei sogar noch die eigentlichen Probleme zu verdeutlichen: Weder von den Werkstätten noch von den Sonderschulen profitieren behinderte Menschen.
kobinet-nachrichten: Sie sind derzeit Vorsitzende des DBR-Sprecher*innenrates. Ist das auch die Ansicht des Deutschen Behindertenrats?
Dr. Sigrid Arnade: Bislang ist das keine offizielle DBR-Meinung, sondern meine Privatansicht, denn wir hatten aufgrund der Feiertage noch keine Gelegenheit, uns im DBR dazu abzustimmen. Da jedoch die Zivilgesellschaft die Probleme im letzten Parallelbericht für die Prüfung Deutschlands vor dem UN-Fachausschuss 2015 ähnlich skizziert hat, gehe ich davon aus, dass der gesamte DBR ähnlicher Auffassung sein wird. Wir werden das Thema Anfang 2023 diskutieren.
kobinet-nachrichten: Zurück zu Ihrer Begeisterung: Was war für Sie das Highlight der Sendung?
Dr. Sigrid Arnade: Drei Highlights möchte ich nennen: Besonders großartig fand ich erstens, dass so eine renommierte Sendung wie „Die Anstalt“ sich mit dem Thema der Inklusion beschäftigt und dabei auch behinderte Menschen als Darsteller*innen einbezieht. Ich hoffe, dass das Schule macht und beispielsweise auch Politikmagazine sich vermehrt kritisch mit behindertenpolitischen Themen beschäftigen. Im diesem ablaufenden Jahr habe ich das schmerzlich vermisst, als der Bundestag mit den Regelungen im Falle einer Triage das erste Selektionsgesetz seit 1945 verabschiedet hat.
Zum Zweiten fand ich in der Anstaltssendung den Übergang von einer anfänglichen Spendengala, für die vermeintlich leidenden behinderten Menschen in der Vorweihnachtszeit zu einer menschenrechtsorientierten Aufklärungsveranstaltung sehr gelungen. Das spiegelt den Perspektivwechsel der vergangenen Jahrzehnte in der Behindertenpolitik wider: Durch die UN-Behindertenrechtskonvention wurden wir von Sorgenkindern zu Träger*innen unveräußerlicher Menschenrechte.
kobinet-nachrichten: Und das dritte Highlight?
Dr. Sigrid Arnade: Das dritte Highlight umfasst wiederum drei Aspekte: Super fand ich, mit welcher Leichtigkeit die Ausbeutung sowohl behinderter Beschäftigter als auch der Steuerzahler*innen durch das Werkstattsystem verdeutlicht wurde. Auch der lässig eingestreute Begriff der Apartheid im Zusammenhang mit schulischer Inklusion ließ mich freudig erschauern. Zudem wurde zu meiner großen Genugtuung selbst die besondere Benachteiligung behinderter Frauen in einem Halbsatz benannt.
kobinet-nachrichten: Sie sind als kritischer Geist bekannt. Haben wir uns darin bei so viel Positivem über die Sendung geirrt?
Dr. Sigrid Arnade: Nein, ich habe auch einen Kritikpunkt, zumindest ein Fragezeichen: Zum Schluss ging es um die Frage, wer schuld daran ist, dass Inklusion, konkret schulische Inklusion, nicht gelingt. Dafür verantwortlich gemacht wurden letztlich die Eltern nicht behinderter Kinder und weitere Wähler*innen. Das stimmt meiner Meinung nach so nicht ganz, denn wenn Inklusion gut realisiert wird, profitieren alle davon, auch hochbegabte Schüler*innen mit und ohne Behinderung. Und dann ist es den Eltern egal, dass in der Klasse ihres „Malte-Sokrates“ auch behinderte Kinder lernen.
Aber trotz dieses Kritikpunkts: Es war eine tolle Sendung, die ich jeder und jedem nur empfehlen kann!
Link zur Sendung „Die Anstalt“ vom 20. Dezember 2022 im ZDF
Link zum Faktencheck zur Sendung
Link zur Programmankündigung in 3sat für den 30. Dezember 2022 um 19:25 Uhr
Ja, die Sendung als „Unterhaltungssendung“ war echt gut. Man darf halt nur nicht in die Tiefe einer solchen Sendung gehen….. Ich meine:
Halten wir mal fest:
Die Anstalt ist eine reine Satiresendung….. Insofern ist das Konzept, welches die Sendung verfolgt voll aufgegangen!! Stellt niemand in Frage. da sind sich, denke ich, alle einig!!
Aber was wir brauchen würden, wäre eine Sendung die nicht satirisch ist, die nicht geskriptet ist und die nur ein einziges Ziel verfolgt:
AUFKLÄRUNG!!!
und zwar richtig:
Aufzeigen von Problemen und zwar ALLE!!!!! Da fällt dann auch drunter:
Menschen mit Mehrfach-Schwerstbehinderung wollen auch Arbeiten. Würde man Werkstätten entfernen könnten die das nicht mehr…. Sie fallen (mal wieder) durchs Raster…. Kann ja auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein, denke ich!
Aber mit dem Aufzeigen alleine ist es nun mal nicht getan. Was mir immer wieder fehlt ist folgendes:
Wir bekommen immer nur die Meinung derer zu hören, die schon Stark genug sind, ihre Meinung klar zu äussern und auch durchaus in der Lage wären mit geringer Unterstützung auf dem ersten Arbeitsmarkt zu arbeiten.
Was ist mit denen die es durchaus schwerer haben…..??? Die hört man nicht!! Die werden mal wieder kommentarlos übergangen!! Ich habe in meinem Bekanntnkreis einige derer, die viel Unterstützung benötigen würden um auf dem ersten Markt bestehen zu können. Also Assistenten (ganztags und wirklich VIEL EInsatz zeigend unter anderem Kommunizieren, weil es der betroffene nicht kann) Hilfsmittel (und zwar im Sinne von: Ich kann meinen Kopf, aber nicht den rest des Körpers benutzen, möchte aber Arbeiten) ect. SOLCHE Menscghen finden kein Gehör.
Und wenn wir schon dabei sind Aufklärung zu Betreiben…… Da fehlen mir die Ansätze zu Lösungen!!
Was ich immer wieder höre ist:
„XY ist Mist, das muss geändert werden!!“
Was ich NIE höre, sind Ansätze wie das gelingen kann……….
Versteht mich nicht falsch. Ich finde es wichtig fehler oder Falsch laufende Dinge klar zu Kommunizieren, aber es müssen hal t auch Lösungsansätze her und diese müssen dann MIT den Betroffenen zur Umsetzung gebracht werden. Ansonsten wird sich nix ändern……. Wir sehen ja was sich seit beginn der UN BRK getan hat…. Viel zu wenig!!
Also:
Kommt aus dem Quark!!
Wie kann man diese Sendung gut finden? Das zeigt deutlich, wie wenig sich mit dem Thema befasst wird.
Behinderungen sind mehr als nur „Arm Ab“ und wenn der Mann ohne einem Arm, dann bei der Treppe Hilfe bekommt, dass dann ins lächerliche gezogen wird, ist das traurig. So was auch noch gutzufinden, noch trauriger. Schließlich kann dieser Mann sich eben nicht mehr am Treppengeländer festhalten und braucht gerade deswegen, Unterstützung durch Mitmenschen, bei der Treppe.
Zum Thema WfbM: Das findet Arnade also gut? Das ist ebenfalls nicht richtig dargestellt. Dass man als Sprecherin des Deutschen Behindertenrats das gut findet, macht mir echte Sorgen.
Alles Themen die viel komplexer sind. Diese auf nicht mal eine Stunde zu komprimieren, kann nur dazu führen, dass Informationen unvollständig sind und es zu verzerrten Darstellungen kommt.
Die Werkstatt in 16 Bundesländern. Weiß überhaupt jemand, dass auch hier Freiheit der Bundesländer dazu führt, dass die Gelder unterschiedlich verwendet werden?
Selbst Inklusion an den Schulen – Sehr mies wie das dargestellt ist. Wenig Transparenz, wenig dessen, was da geleistet wurde. Nur alles schlecht reden – Am Ende, das gilt auch für alle die in den Vereinen und Verbänden agieren, zählen nicht die gesprochenen Worte, sondern die vollendeten Taten.
Ich bin sprachlos und entsetzt. In diesem Sinne und in Hoffnung für 2023 bessere und gute Beiträge lesen zu können, einen erfolgreichen Start in das Jahr 2023
Selten einen so substanzlosen Kommentar gesehen, bei dem sich „Marion“ sich selbst disqualifiziert – alle dargelegten Punkte sind völlig haltlos und entbehren jeglicher Grundlage. Vermutlich wurde auch der Faktencheck zur besagten Sendung nicht gelesen: https://www.zdf.de/assets/faktencheck-20-dezember-2022-100~original?cb=1672226756152 .
Es bleibt mir nur übrig, mich von diesen Kommentar ausdrücklich zu distanzieren.
@Marion:
Aufgabe einer solchen Unterhaltungssendung kann es aber schlichtweg nicht sein, jeden Aspekt eines Themas bis ins letzte denkbare Detail aus jeder denkbaren Betroffenheit heraus korrekt darzustellen. Hier war das primäre Ziel des Senders, öffentliche Aufmerksamkeit für ein gesellschaftliches Problem zu wecken und dieses Ziel wurde ersichtlich erreicht.
Wie genau hätten Sie’s denn lieber…?