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Beispiel, warum Nichtdiskriminierung im Falle einer Triage so wichtig ist

Banner: Selektionsgesetz für Deutschland #Triage
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Foto: AbilityWatch

Berlin (kobinet) Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 25. November der vom Bundestag beschlossenen Änderung des Infektionsschutzgesetzes mit Regelungen im Falle einer Triage zugestimmt. Eine Reihe von behinderten Menschen und Verbände hatten sich gegen die ihrer Meinung nach viel zu schwachen Regelungen gewehrt. Eine davon ist Nancy Poser, die nun einen Hassbrief für ihr Engagement bekommen hat. Diesen hat sie auf Facebook mit einem Kommentar geteilt, da er ihrer Meinung nach sehr deutlich macht, warum klare menschenrechtliche Regelungen für den Fall einer Triage dringend benötigt werden.

„Mich hat heute ein Brief erreicht, den ich hier teilen möchte. Denn ich möchte mich bei dem/der Absender/Absenderin bedanken. Die Person war aber leider zu feige, eine echte Identität anzugeben, weshalb ich Social Media nutzen muss“, schrieb Nancy Poser am 25. November 2022 auf Facebook. Und weiter berichtet sie:

„Also, liebe/r Verfasser-/in, ich möchte mich dafür bedanken, dass Sie mir und vielleicht auch einigen Leser*innen hier nochmal vor Augen führen, warum Menschen mit Behinderung eigentlich so vehement gegen das nun beschlossene #Triagegesetz und das darin enthaltene – einzige – Kriterium der subjektiv zu beurteilenden Überlebenswahrscheinlichkeit sind. Und warum eigentlich jeder humanistisch gebildete Mensch ebenfalls nicht nur Bauchschmerzen sondern Bauchkrämpfe haben sollte, bei dem Gedanken an ein Gesetz, welches vermeintlich stärkere Menschen bei der Frage der Nutzung ihrer Chance auf Leben vermeintlich schwächeren Menschen vorzieht – wohlgemerkt, Menschen, die ebenfalls noch eine Überlebenschance haben.

Erstaunlicherweise scheinen Sie verstanden zu haben, welche Tür das Gesetz – sollte es Bestand haben – öffnen würde. Sie fassen es schön in einem Satz zusammen: ‚Wir können uns das nicht länger leisten euch [Behinderte] mit durchzuschleppen, kostet alles zuviel‘.

Diesen Gedanken gab es in Deutschland schonmal und genau deshalb schützt unser Grundgesetz die Menschenwürde eines jeden Einzelnen und opfert sie nicht für das Wohl einer größeren Anzahl anderer Menschen. So war das zumindest bisher. Und Ihr Brief zeigt mit nicht zu überbietender Deutlichkeit, warum an diesem verfassungsrechtlichen Grundsatz festzuhalten ist.

Deshalb möchte ich Ihre geistigen Ergüsse hier teilen“, schreibt Nancy Poser und veröffentlichte folgenden Brief, der sie an ihrer Arbeitsstelle erreichte:

„Sehr geehrte Frau Behinderte Poser,

sagen Sie bitte, geht’s noch ? Wenn ich richtig informiert bin, sind Sie die treibende Kraft hinter diesem Blödsinn mit den Intensivbetten, Glauben Sie allen Ernstes, im Falle des Falles landen Sie in einer Intensivstation ? Wenn ein junges verletztes Opfer eingeliefert wird, was deutlich bessere Überlebenschancen hat ? Ich lach mich tot…..

Ihr Behinderten geht mir auf die Nerven. Extrem. muß sich nicht alles um Euch paar Hansels drehenl Ihr habt zwar die mediale Aufmerksamkeit, das nützt euch aber nicht viel. Irgendwann ist doch mal gut, oder ? Wir können uns das nicht länger leisten euch mit durchzuschleppen, kostet alles zuviel,

Gehen Sie mit ihrem komischen Rollator Blumen züchten oder machen Sie sonstwas , aber erzählen Sie keinen fachlichen Müll, sie haben von Intensivmedizin keine Ahnung, Zufallsprinzip….. Sie haben für mich einen ganz gewaltigen Dachsch…, äh ein Problem. Es muß immer um die bestmögliche Überlebenschance gehen, um nix anderes, DAS gilt dann auch für Sie ! Wenn die Ressourcen nicht reichen, ist das dann halt so.

Bitte bitte Mund halten!“

So der Text des Briefes, den Nancy Poser mit der Post erhalten hat.

„Vielleicht verstehen nach diesem Post einige Politiker, wofür sie da eigentlich gestimmt haben. Für welche Art von Gesellschaft. Survival of the fittest. Utilitarismus. Verabschiedung von der Menschenwürde des Einzelnen. Ich hoffe, dass das Bundesverfassungsgericht die Büchse der Pandora schnellstmöglich wieder schließt. Und das hoffe ich nicht nur als ‚Behinderte Poser‘, sondern als Juristin und vor allem als Teil der Gesellschaft“, so der Kommentar von Nancy Poser, der bereits einige Diskussionsbeiträge aufweist.

Link zum Facebook-Post von Nancy Poser mit dem Brief