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Triage-Gesetzentwurf genügt Menschenrechtsmodell nicht

Prof. Dr. Theresia Degener
Prof. Dr. Theresia Degener
Foto: KSL Amsberg

Bochum (kobinet) Nachdem der Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages heute den Gesetzentwurf für Regelungen im Falle einer Triage mit kleineren Änderungen beschlossen hat, hat sich die Menschenrechtlerin Prof. Dr. Theresia Degener mit einer Einschätzung zu den am 10. November im Bundestagsplenum zur endgültigen Abstimmung stehenden Regelungen zu Wort gemeldet. "Der heute vom Gesundheitsausschuss empfohlene Gesetzentwurf zur Triage genügt dem Menschenrechtsmodell der UN Behindertenrechtskonvention nicht, denn weder werden strukturellen Diskriminierungen im Gesundheitswesen noch einer individuellen mittelbaren Diskriminierung behinderter Menschen hinreichend vorgebeugt", erklärte sie gegenüber den kobinet-nachrichten.

„Der heute vom Gesundheitsausschuss empfohlene Gesetzentwurf zur Triage genügt dem Menschenrechtsmodell der UN Behindertenrechtskonvention nicht, denn weder werden strukturellen Diskriminierungen im Gesundheitswesen noch einer individuellen mittelbaren Diskriminierung behinderter Menschen hinreichend vorgebeugt. Jedes Abstellen auf Überlebenswahrscheinlichkeiten benachteiligt behinderte und alte Menschen. Vorurteile über behinderte Patient*innen als leidende, unglückliche Menschen sind insbesondere bei medizinischem Personal verbreitet, das zeigt die Forschung aber auch unsere Alltagserfahrung als behinderte Menschen. So erfreulich es ist, dass die Parlamentarier*innen in Sachen Ex-Post-Triage standhaft geblieben sind und diese nicht legalisieren, wie insbesondere von Vertreter*innen der Ärzteschaft gefordert, so betrüblich ist, dass es sich weiterhin um ein Selektionsgesetz handelt, das dem Prinzip „survival of the fittest“ folgt. Daran ändern auch die marginalen Verbesserungen in verfahrensrechtliche Fragen und zur Evaluation nichts“, erklärte Prof. Dr. Theresia Degener.

Die Geschäftsführerin und Justiziarin der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie, Janina Bessenich, brachte die Entwicklung wie folgt auf den Punkt: „Mit der Regelung zur Triage in § 5 c Infektionsschutzgesetz beginnt die effizienzbasierte Medizin, die aufgrund von Überlebenswahrscheinlichkeiten von Menschen über Leben und Tod entscheiden wird. Die menschenrechtsbasierte Medizin wird damit begraben und die Diskriminierung der Menschen, die krankheitsbedingt geringere Überlebenswahrscheinlichkeit haben, wird zementiert. Das Infektionsschutzgesetz wird zum Selektionsgesetz.“