Berlin (kobinet) "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden." Dieser Satz gilt seit 15. November 1994 im deutschen Grundgesetz. Heute vor 28 Jahren, am 30. Juni 1994, fasste der Deutsche Bundestag nach massiver Lobbyarbeit der Gleichstellungsbewegung behinderter Menschen den Beschluss, dass dieser Satz im Rahmen der Grundgesetzreform nach der Wiedervereinigung in Artikel 3 des Grundgesetzes mit aufgenommen wurde. 28 Jahre danach fordert der Sprecher der LIGA Selbstvertretung Ottmar Miles-Paul die rot-grün-gelbe Bundesregierung auf, endlich auch für die privaten Anbieter von Dienstleistungen und Produkten zur umfassenden Barrierefreiheit zu verpflichten, wie dies beispielsweise bereits seit 1990 in den USA geregelt ist. Zudem soll Deutschland den Widerstand für eine entsprechende 5. Antidiskriminierungsrichtlinie der EU aufgeben.
Dass heute in Artikel 3 des Grundgesetzes der Satz „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ steht, war nach Ansicht von Ottmar Miles-Paul kein Geschenk, sondern Ergebnis intensiver und jahrelanger Lobbyarbeit. Vor allem war es ein wichtiger Anfang für die Bemühungen um Bundes- und Landesgesetze zur Gleichstellung behinderter Menschen, die ab Ende der 1990er Jahre verabschiedet wurden und stets weiterentwickelt werden. 28 Jahre nach diesem wichtigen Erfolg der Gleichstellungsbewegung behinderter Menschen, auf dessen Grundlage so manche hilfreiche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts fußt, wie zuletzt beispielsweise bei der Aufhebung von Wahlrechtsausschlüssen behinderter Menschen und bei der Triage, sei die Zeit überreif, in Sachen Gleichstellung behinderter Menschen einen weiteren Schritt nach vorn zu schaffen. So beispielsweise bei der längst überfälligen Verpflichtung privater Anbieter von Dienstleistungen und Produkten zur umfassenden Barrierefreiheit, betont Ottmar Miles-Paul.
Vor allem müsse die Bundesregierung endlich ihren jahrelangen Widerstand gegen eine weitere EU-Antidiskriminierungsrichtlinie zur Barrierefreiheit privater Angebote und Produkte aufgeben und sich für deren Verabschiedung und Umsetzung einsetzen. Überlegenswert ist für Ottmar Miles-Paul auch die Verankerung des Merkmals Alter in Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes. Die Corona-Pandemie habe hier enorme Benachteiligungen älterer Menschen zu Tage gefordert, so dass die Rechte älterer Menschen unbedingt auf den verschiedenen Ebenen gestärkt und deren Aussonderung verhindert werden müsse.
In Artikel 3 des Grundgesetzes heißt es:
„(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“