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Berlin (kobinet) Der Rechtsanwalt Dr. Martin Theben hat sich die Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales zur heutigen Abstimmung zum Barrierefreiheitsstärkrungsgesetz angeschaut und hat dazu eine klare Meinung in seinem Kommentar vor der anstehenden Bundestagsdebatte: "So nicht!"
Kommentar von Dr. Martin Theben
Heute lohnt sich ein Blick auf die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Arbeit und Soziales zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BT-Drucksache 19/29893) 1929893.pdf (bundestag.de. Sie verzeichnet die beschlossenen Änderungen nach der Anhörung und gibt den Gang des Gesetzgebungsverfahrens wieder. Eine Verpflichtung Privater hinsichtlich der Barrierefreiheit im baulichen Umfeld enthält der vom Ausschuss mehrheitlich beschlossene Gesetzentwurf nicht. Die CDU/CSU-Fraktion verweist auf die Länder und nach ihrer aktuellen Presseerklärung auf die Barrieren in den Köpfen, die es abzubauen gelte. Die SPD flüchtet sich in den unverbindlichen Entschließungsantrag und hofft auf den Fortschrittsbericht, der erst in der nächsten Legislaturperiode vorliegen wird. Zumindest ehrlich, gleichwohl bezeichnend und von wenig behindertenpolitischem Interesse gekennzeichnet, die folgende Position der AfD-Fraktion auf Seite 22: „Warum beim Thema bauliche Umwelt über das vom Gesetz Geforderte hinausgegangen werde, erschließe sich aber nur teilweise. Die Forderung, die Barrierefreiheit der baulichen Umwelt auch im privatwirtschaftlichen Bestand umzusetzen, gehe zu weit. Hier seien erhebliche Kosten zu befürchten, die klein- und mittelständischen Unternehmen die Existenzgrundlage entzögen“. Weitergehende Anträge der Grünen Drucksache 19/24633 wurden mit der Mehrheit im Ausschuss abgelehnt.
Wie schon beim unzulänglichen Teilhabestärkungsgesetz versuchen die Koalitionsfraktionen auch mit diesem wenig nachhaltigen Schnellschuss behindertenpolitisch vor der anstehenden Bundestagswahl ihre Pfründe zu sichern. Die Verpflichtung Privater auch im baulichen Bereich wird auf Pflaumenpfingsten verschoben. Schon bei der Novellierung des Behindertengleichstellungsgesetzes vor fünf Jahren wurde die Chance, die Privaten entsprechend zur Barrierefreiheit zu verpflichten, von der damaligen Großen Koalition vertan.
Damals verkündete Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD) im Bundestag: Dann beim nächsten – PUSTEKUCHEN! Die abschließende Beratung im Parlament ist jetzt für heute gegen 22.45 Uhr vorgesehen. Gut so! Denn dieses peinliche Machwerk zur Vermeidung eines Vertragsverletzungsverfahrens muss das Tageslicht scheuen. Ich halte es mit dem ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Rainer Barzel und sage zu diesem Gesetzentwurf: So nicht!
Die UN-Behindertenrechtskonvention ist doch keine heiße Kartoffel, die man einfach fallen lässt – es steht übrigens auch noch eine weitere Staatenprüfung Deutschlands vor dem UN-Fachausschuss zur nationalen Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention bevor – Blamage ist hier wohl vorprogrammiert …