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Mutige, engagierte Vorbilder ausgezeichnet

Bild von der Preisverleihung 2019
Bild von der Preisverleihung 2019
Foto: Stiftung Lebensspur

Köln (kobinet) Mehr als 100 Menschen hatten sich auf die Auszeichnung beworben, viele von ihnen waren der Einladung der Vorstandsvorsitzenden, Dr. Barbara Breuer, zur Preisverleihung gefolgt. Im Clubhaus des 1. FC Köln, dem Geißbockheim, erlebten die Gäste am vergangenen Freitag die Preisverleihung der Stiftung Lebensspur für "beachtenswerte Lebenswege von Menschen mit Behinderung". Die Inklusionsbotschafterin Lul Autenrieb und der langjährig im Breitensport engagierte Klaus D. Herzog erhielten dabei den jeweils mit 5.000 Euro dotierten Preis, der bereits zum dritten Mal verliehen wurde.

Noch immer stehen behinderte Menschen im Alltag vor Herausforderungen, die sie meistern müssen – nicht nur durch physische Hindernisse. Auch heutzutage gibt es in vielen Köpfen noch Barrieren bei der Vorstellung, dass jemand mit Behinderung sein Leben selbst gestaltet, sich sozial engagiert – und dabei noch zu einem Vorbild für andere wird. Um diese Menschen in ihrem Einsatz zu stärken und anderen Mut zu machen, hat die Stiftung Lebensspur die Auszeichnung „Beachtenswerter Lebensweg von Menschen mit Behinderung“ geschaffen. In diesem Jahr haben die Initiatoren zum ersten Mal die Altersgrenze auf mindestens 40 Jahre gelegt – und sind von einer Vielzahl an Bewerbungen überrascht worden, die bemerkenswerte, bewegende, beeindruckende und berührende Erfahrungen widerspiegeln, wie es in der Presseinformation der Stiftung heißt.

„Ehrenamtliches Engagement ist der Kit, der unsere Gesellschaft zusammenhält“, betonte Joachim Sandner, stellvertretender Vorsitzender der Stiftung Lebensspur. Gemeinsam mit dem Schirmherrn der Veranstaltung, Prof. Dr. Dr. Di Fabio, zeichnete Dr. Barbara Breuer zwei der 105 Bewerber*innen mit der Auszeichnung „Beachtenswerter Lebensweg von Menschen mit Behinderung 40plus“ aus.

Die gebürtige Somalierin Lul Autenrieb ist seit einem Gewaltverbrechen, das ihr im Alter von 17 Jahren angetan wurde, querschnittgelähmt. In Deutschland konnte sie medizinisch versorgt werden und ein neues Leben beginnen, das sie ihrem Einsatz besonders für die Rechte von Frauen und Kindern widmet. Die dreifache Mutter hat in den vergangenen 30 Jahren etliche Beratungsangebote und Selbsthilfegruppen auf den Weg gebracht, engagiert sich in der Flüchtlingshilfe und setzt sich für Integration und Inklusion ein. „Das Gefühl, etwas bewegen zu können und etwas zurückgeben zu dürfen, gibt mir Kraft“, sagte die 59-Jährige, die mit ihrer Familie in Bonn lebt, bei der Preisverleihung.

Klaus D. Herzog, selbst seit einem Motorradunfall als junger Mann querschnittgelähmt, ist besonders für Kinder zu einem großen Vorbild geworden. Der 60-Jährige engagiert sich seit Jahrzehnten im Deutschen Rollstuhl Sportverband (DRS). Er hat unter anderem das Projekt RolliKids auf den Weg gebracht und damit Strukturen für heute mehr als 100 Vereine in Deutschland und darüber hinaus geschaffen. Seit mehr als 30 Jahren widmet der gebürtige Oberfranke, der inzwischen mit seiner Familie im Rheinland lebt, seine Zeit der Arbeit mit Kindern. Über die Jahre hat er mehr als 1.000 Familien betreut. Sein Erfolgskonzept: „Nur, wenn wir die Menschen stark machen, können Sie ihren Lebensweg mit Stärke gehen.“ Herzog widmete den Preis seinen Mitbewerbern, die sich ebenfalls stark engagieren.

Den Einsatz der Stiftung für Menschen mit Behinderung hob die Kölner Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes in Ihrer Rede hervor: „Dass es der Stiftung Lebensspur gelingt, mit dieser außergewöhnlichen Auszeichnung immer wieder neue thematische Schwerpunkte zu setzen, finde ich ganz fantastisch.“ Zum Nachdenken regte der Schirmherr der Auszeichnung, Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio, in seiner Festrede „Die Würde und das Menschenbild im Grundgesetz“ an. Der Jurist, der in der Vergangenheit als Richter am Bundesverfassungsgericht tätig war, wies damit ebenso bewegend wie humorvoll auf ein wichtiges Thema für Menschen mit Behinderung hin: „Würde kann man selbst nur dann beanspruchen, wenn man die Würde des Anderen respektiert. Das Grundgesetz will keine perfekte Gesellschaft, sondern starke Menschen, die eigenverantwortlich über ihr Schicksal bestimmen.“

Im anschließenden Impulsdialog warfen Dr. Barbara Breuer, Vorsitzende des Vorstandes, sowie Joachim Sandner, stellvertretender Vorsitzender der Stiftung Lebensspur die Frage auf, welchen Anspruch wir an uns selbst haben und forderten die Beseitigung jeglicher Barrieren – ganz praktisch im Alltag und mental in den Köpfen. Dabei sei in der Gesellschaft noch viel Luft nach oben, sind sich beide einig: „Lassen wir uns nicht irritieren von denen, die behaupten, dass bei uns alles besser ist als in anderen Ländern. Das mag – je nach Land – stimmen, darf aber nicht unser Maßstab für die Zukunft sein. Wir alle wissen: Das Bessere ist der Feind des Guten und darum geht es in einer Gesellschaft, die sich weiterentwickeln möchte.“ Um dazu beizutragen, kündigten die Vorstandsmitglieder an, zukünftig gezielt und in begrenztem Umfang Stipendien zu vergeben, um besondere jüngere Menschen mit Behinderung auf ihrem Lebensweg zu fördern. „Damit helfen wir, dass sie ihre individuellen Potenziale besser entfalten und entwickeln können“, betonte Dr. Barbara Breuer.

Mit der Frage, wie die medizinische Versorgung von Menschen mit Behinderung in Deutschland wahrgenommen wird, beschäftigte sich der Soziologe Dr. Siegfried Saerberg im Rahmen einer Standortbestimmung. Dafür stellte er den Gästen Thesen vor und bat alle Anwesenden um ihre Einschätzung. Im Anschluss nutzten die Gäste aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft die Möglichkeit, den Austausch im Rahmen der anschließenden Ausstellung mit Buffet zu vertiefen und sich über weitere Aktivitäten auszutauschen.

Link zur Stiftung Lebensspur