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Umwälzungen in Bayern

Drei rote Ausrufezeichen
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Foto: ForseA e.V.

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HOLLENBACH (KOBINET) Aus dem Bezirk Niederbayern erreichte die kobinet-Redaktion ein Hilferuf, der deutlich aufzeigt, wo es in unserem Umgang mit behinderten Menschen hakt.

Hollenbach (kobinet) Aus dem Bezirk Niederbayern erreichte die kobinet-Redaktion ein Hilferuf, der deutlich aufzeigt, wo es in unserem Umgang mit behinderten Menschen hakt:

„Ich bin 36 Jahre alt, Sozialpädagogin und lebe im Erdgeschoss des Hauses meiner Eltern. Alles wurde perfekt für mich umgebaut, da ich aufgrund von SMA auf den Rollstuhl angewiesen bin und selbständig eigentlich nichts machen kann. In den letzten Jahren versuchte ich mittels Pflegekräften aus Polen meine Pflege zu organisieren, dies war jedoch meist problematisch, es lag keine Qualifikation vor, Auch in der Verständigung gab es Probleme. Der Bezirk legte in einer Zielvereinbarung meinen wöchentlichen Bedarf auf ca. 94 Stunden fest. Es wurde meine Arbeitszeit abgezogen und auch die Nächte blieben unberücksichtigt, obwohl ich gelagert werden muss. Bei dem Modell mit polnischen Kräften wurde dies gnädig akzeptiert, da sie diese nicht nach Hause schicken konnten. Nun möchte ich aber auf das Arbeitgebermodell mit 24 Stunden Assistenz umsteigen und nun sieht die Sache anders aus. Ich hätte bereits Kräfte, die in Blockdiensten bei mir jeden Tag abdecken würden, jedoch verweigert dies der Bezirk, denn während der Arbeitszeit bräuchte ich ja niemanden. Das ist korrekt, da ich einen Arbeitsassistenten habe, aber ich komme manchmal früher nachhause. Darüber hinaus werden während meiner Abwesenheit Einkäufe erledigt etc. Wenn ich nachhause komme, muss ich gleich essen um mich anschließend hinzulegen, den Rücken auszuruhen. Der Bezirk teilte mir telefonisch mit, dass Essen vorbereiten ein Luxus ist und nicht als pflegerische Tätigkeit gilt, somit nicht bezahlt wird. Sollte ich früher nachhause kommen ist dies eine Eventualität, die der Bezirk nicht berücksichtigt und meine Eltern müssen einspringen. Als ich erklärte, dass alles kein Luxus ist, meine Eltern nicht gesund sind, wurde ich darauf verwiesen nach München in die Pfennigparade zu ziehen. Ich lebe in einer niederbayerischen Stadt, bin hier aufgewachsen, verwurzelt und habe meinen Traumberuf. Der Sachbearbeiter teilte mir mit, dass ich neue Arbeit und neue Freunde finden könne. Nach dem Gespräch mit dem Bezirk war ich erstmal fertig und überfragt.“

Die ungebrochene Macht der Kostenträger

Ein Kommentar von kobinet-Redakteur Gerhard Bartz

Die Hochglanzbroschüren, in denen personenzentrierte Hilfen nach Maß vorgegaukelt werden, sollten besser an die eigenen Behörden verteilt werden. Denn diese handeln so, wie sie es seit Jahrzehnten praktizieren. Sie schüchtern ein, erteilen Vorschläge, die tief in das Leben der Antragsteller eingreifen. Lehnt man diese ab, kommt sofort die Keule der mangelnden Mitwirkung auf den Tisch. Bei der vorstehenden Schilderung könnte man zwar fragen, warum zusätzlich zur persönlichen Assistenz noch Arbeitsassistenz benötigt wird. Aber vermutlich ist das durch verschiedene Haushaltstöpfchen entstanden, die ja einzeln bedient werden müssen. Auf der anderen Seite muss auch der persönlichen Situation der Antragstellerin Rechnung getragen werden. Wenn sie 24 Stunden Hilfe braucht, dann ist für Einkäufe an Arbeitstagen vermutlich kein Raum mehr. Diskutabel wäre vielleicht, diese Zeit als Bereitschaft zu bezahlen. Oder die Arbeitsassistenz von der persönlichen Assistenz mit erledigen zu lassen. Dann kommt man organisatorisch auch mit einer reduzierten Doppelbelegung aus.

Aber hierzu fehlt es der Behörde an Phantasie. Sie kennt nur die Einbahnstraße in eine stationäre Einrichtung. Die Pfennigparade in München mag ja eine gute Einrichtung sein. Mit einer eigenen Wohnung und einem Leben in Freiheit und Selbstbestimmung in der Heimat kann und will sie sicherlich auch nicht konkurrieren.

In Bayern geht die Zuständigkeit der Eingliederungshilfe nun endgültig in die Hände der Bezirke über. Auf geäußerte Bedenken eines Leistungsempfänger antwortet der Bezirk: „Um Unsicherheiten und Befürchtungen zu vermeiden …“ und „Sie selbst brauchen dafür nichts weiter veranlassen. Der Bezirk (…) und auch der Landkreis (…) kümmern sich um die reibungslose Übergabe lhrer Akte und die Übernahme der Leistungen in gleicher Höhe.“ Und dann lag da noch ein eigens zu dem Zweck erstellter Flyer bei. In diesem ist dagegen zu lesen: „Die Hilfen werden zunächst in gleicher Höhe übernommen, wie Sie dies von Ihrem Landkreis oder Ihrer kreisfreien Stadt gewohnt sind.“ Eine vertrauensbildende Maßnahme sieht anders aus. Durch das „zunächst“ werden alle vorherigen Aussagen hinfällig, Die Befürchtungen waren also berechtigt. Vielleicht wird sich bereits nach der Landtagswahl zeigen, wie die neuen Herren die Lebenssituation behinderter Menschen einschätzen. Genau dieser Bezirk schickte bereits sachkundige Fachleute zu den Antragstellern, um dort anzuregen, dass eine Antragstellerin mit nacktem Hintern auf dem Toilettenstuhl sitzend die Zeit zwischen Frühstück und Mittagessen am Küchentisch zubringen könne, um Assistenzstunden zu sparen.

Die faktische Unabhängigkeit der Sozialhilfe von Gesetzen nicht nur in Bayern kann immer erst vor Gericht wieder korrigiert werden. Da dieser Weg jedoch lang und teuer ist, bleiben viele Menschen auf der Strecke. Bis das Unrecht beseitigt ist, muss anderweitig ein Weg aus der Notlage gefunden werden. Nicht selten führt dieser geradewegs in eine Behindertenanstalt. Der Weg dorthin ist einfach, breit und eben. Der Weg zurück ist schwierig, eng und holprig. Für viele nicht mehr zu schaffen, da ja zeitgleich eine neue Wohnung gesucht werden muss.

Das Nichtinteresse der Politik an einer guten Absicherung des Assistenzrisikos könnte seine Ursache darin haben, dass Lobbyisten genau diese Absicherung zu verhindern trachten. Denn diese ist der Garant für gute Versicherungsgeschäfte. Dass diese Kunden von Ihrer Versicherung oftmals keinen Nutzen haben werden, obwohl sie viele Beiträge aus der eigenen Tasche bezahlt haben, wird ihnen erst später bewusst werden.

Von „der Gesellschaft“ ist keine Unterstützung zu erwarten. Denn diese wurde ja jahrzehntelang von bunten Flyern und Verlautbarungen eingelullt, schaut weg und hofft, damit nicht von Widrigkeiten eingeholt zu werden.