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Hilfe, Bedarfsermittlung!

Roland Frickenhaus
Roland Frickenhaus
Foto: Roland Frickenhaus

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Foto: Roland Frickenhaus

UNBEKANNT (KOBINET) Auch wenn die Verantwortlichen bemüht sind, den Eindruck zu erwecken, als sei alles in Butter mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG), ist nun Schluss mit lustig. Jetzt wird es ernst. Denn emsig wird derzeit in den einzelnen Bundesländern beraten, mit welchem Instrument der individuelle Bedarf des Leistungsberechtigten (§ 118 BTHG) ermittelt werden soll.

Diese Diskussionen sind oft aufgeladen und nicht alle, die sich daran beteiligen, scheinen zu wissen, worum es tatsächlich geht. Wer nicht böse erwachen will, sollte sich seine eigenen Gedanken machen.

Wenn Sachverhalte sehr komplex sind, helfen mitunter einfache Bilder, sich zu verdeutlichen, worum es geht. So auch in unserem Fall:

Eine Mutter hat fünf Kinder und kocht für sie jeden Tag die herrlichsten Suppen. Den Kindern schmeckt es so gut, dass sie ständig den ganzen Topf leer essen und es gelegentlich zu kleinen Rangeleien kommt, weil sich bei der Zuteilung oft irgendwer benachteiligt fühlt. Die Mutter ist sehr um Objektivität bemüht und probiert dies und jenes, um jedem Kind gerecht zu werden.

Eines Abends klagt sie ihrem Mann ihr Leid und dass die Essenszuteilung äußert anstrengend sei. Der Mann, pragmatisch denkend, sagt: „Da muss ein Verfahren her, mit welchem der Bedarf jedes Kindes bestimmt werden kann.“

Die Mutter findet die Idee einleuchtend und sagt den Kindern am nächsten Tag, dass es nun bald mit dem Gezeter vorbei sein werde, da sie die Teller der Kinder künftig entsprechend ihres jeweiligen objektiv festgestellten Bedarfs unterschiedlich portionieren werde.

Das stößt auch bei den Kindern auf Freude, impliziert es doch, dass sie künftig satt und zufrieden vom Tisch aufstehen werden.

Die Mutter macht sich nun auf die Suche nach einem Verfahren und als sie dann stolz und erleichtert verkündet, ein geeignetes Verfahren gefunden zu haben, sind die Kinder gut gelaunt, weil sie nun das Ende der Zwistigkeiten vermuten. Aufgeregt unterhalten sie sich und gehen davon aus, dass die Mutter wohl einen größeren Topf kaufen werde, um mehr Suppe kochen zu können, denn schließlich war es ja immer zu wenig Suppe gewesen.

„Nein“, dämpft die Mutter die Erwartungen der Kinder, „der Topf wird nicht größer. Und mehr Suppe wird es auch nicht geben. Aber die Suppe, die da ist, werde ich mit dem Erfassungsinstrument gerechter verteilen!

Ich werde Eure einzelnen Bedarfe in Beziehung zur Gesamtmenge setzen und dann einen Mittelwert bilden. Anschließend werde ich Eure Bedarfe in Beziehung zueinander setzen und entsprechend wichten. Nun wird es endlich objektiver, vergleichbarer und letztendlich auch gerechter. Nur mengenmäßig wird es nicht mehr, das scheidet aus.“

Die Kinder argumentieren andersherum und versuchen, der Mutter klarzumachen, dass ihre Bedarfe nicht weniger würden, wenn die Mutter sie untereinander in Beziehung setzen würde, sondern dass sie jeweils als absolut anzusehen seien und sie, die Mutter, die jeweiligen festgestellten Summen lediglich zu addieren brauche.

Soweit unsere Geschichte. Je länger man die Argumente der Kostenträger auf sich wirken lässt, desto mehr verfestigt sich der Eindruck, dass es ihnen darum geht, ihre zuvor definierte Menge an Suppe nach “objektiven“ (wissenschaftlich messbaren) Kriterien verteilen zu können, nicht aber darum, mehr Suppe zu kochen!

Allerdings versteht die Mutter ihre Rolle falsch, wenn sie denkt, dafür verantwortlich zu sein, dass die Kinder im Verhältnis gleich satt/ hungrig vom Tisch aufstehen. Sie ist dafür da, zu gewährleisten, dass der Rechtsanspruch der Kinder, satt vom Tisch aufstehen zu können, realisiert wird. Bei den Leistungen der Eingliederungshilfe steht glücklicherweise immer noch die Wirksamkeit im Mittelpunkt. Fünf satte Kinder, Basta.

Das wissen natürlich auch die Schreiber des BTHG, selbst wenn sie die Leistungserbringer wirkungspflichtig gemacht haben. Das ist nicht nur fadenscheinig, sondern irgendwie auch dreist. Denn wenn die Kinder künftig dennoch hungrig vom Tisch aufstehen sollten, dann kann das nicht mehr an der Mutter liegen. So, so.

Bei dem Thema der Bedarfsermittlung ist dringend Wachsamkeit geboten. Sie ist die zentrale Frage des ganzen BTHG! Hier werden die Weichen gestellt und hier geht es um richtig viel Geld, oder eben gerade nicht. Wer jetzt wegschaut, muss mit einer harten Landung rechnen.

Die aktuellen Diskussionen zeigen zwei grundsätzlich unterschiedliche Betrachtungsweisen: Da sind auf der einen Seite die Kostenträger, die erwarten, künftig mit dem Instrument das gerecht(er) verteilen zu können, was sie (gedeckelt) haben und da sind auf der anderen Seite die Leistungsberechtigten, die erwarten, dass ihnen künftig mit einem Hilfebedarfserfassungsinstrument die Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, die sie benötigen, um ihre individuellen Rechtsansprüche auf volle gesellschaftliche Teilhabe realisieren zu können.

Diese sich diametral gegenüberstehenden Auffassungen bilden den Nährboden für sämtliche Konflikte. Und spätestens jetzt könnte es sich für die Autoren rächen, die UN-BRK überhaupt in Beziehung zum BTHG gebracht zu haben. Denn bei Licht besehen stellt das BTHG eher eine Verhöhnung als eine Umsetzung der UN-BRK dar.

Jetzt wird also kostenneutral ins ICF-Zeitalter gesegelt, nebenbei dem PSG III freundlich auf die Schulter geklopft und „fünf aus neun“ auf Wiedervorlage gelegt. Das Bundesteilhabegesetz fängt an, sein wahres Gesicht zu zeigen.

Denen, die die Deutungshoheit an sich gerissen haben und sich in (Eigen-)Lob ergehen, muss deutlich widersprochen werden. Auch mit dem Wahlzettel, übrigens.

Nichts ist gut, gar nichts!