Staufen (kobinet)
Stephan Riedl hat einen langen Text geschrieben.
Darin stellt er seine Meinung dar.
Das war viel Arbeit.
Dafür möchte ich ihm danken.
Wir haben verschiedene Meinungen.
Das wird durch die Texte gut deutlich.
Menschen können sich selbst eine Meinung bilden.
Dafür müssen sie aber unsere Texte genau lesen.
Ich möchte kurz auf einige Punkte antworten.
Das Medium hier ist nicht so gut für lange Diskussionen.
Medium bedeutet hier: Die Art der Kommunikation, also dieser Text.
Deshalb halte ich mich kurz.
Stephan Riedl erwähnt Abraham Maslow.
Abraham Maslow war ein amerikanischer Psychologe.
Maslow hat eine Bedürfnis-Pyramide entwickelt.
Die Bedürfnis-Pyramide zeigt, welche Bedürfnisse Menschen haben.
Die Pyramide hat verschiedene Stufen: Ganz unten stehen die wichtigsten Bedürfnisse wie Essen und Trinken.
Das erinnert mich an frühere Texte.
Ich finde es schön:
Menschen verschiedener Generationen können noch über dieselben Ideen sprechen.
Stephan Riedl sagt:
Meine Ideen sind wie die von evangelikalen Kreationisten.
Evangelikale Kreationisten sind religiöse Menschen.
Sie glauben, dass Gott die Welt genau so erschaffen hat, wie es in der Bibel steht.
Das sehe ich nicht so.
Das werden Sie auch nicht ernst meinen.
Stephan Riedl sagt auch:
Ich greife Neitzel und Masala mit der Spitzhacke an.
Neitzel und Masala sind zwei Wissenschaftler.
Mit der Spitzhacke angreifen bedeutet: jemanden sehr hart kritisieren.
Und ich bin ein radikaler Pazifist.
Ein Pazifist ist ein Mensch, der gegen Krieg und Gewalt ist.
Radikal bedeutet: sehr streng, ohne Ausnahmen.
Das stimmt nicht.
Ich lese sehr genau.
Ich zitiere sehr genau.
Ungenauigkeit stört mich sehr.
Ich nehme beide Autoren intellektuell ernst.
Intellektuell bedeutet: mit dem Verstand, auf geistigem Niveau.
Ich mache keine Karikaturen von ihnen.
Karikaturen bedeutet hier: übertriebene, verzerrte Darstellungen.
Stephan Riedl sagt:
Masala befürwortet keinen Blutzoll.
Blutzoll bedeutet: Menschen sterben im Krieg.
Aber wer Krieg für notwendig erklärt:
Der muss auch Blutzoll zahlen.
Masala wünscht sich das nicht.
Aber er bringt das Wort Blutzoll bewusst ins Spiel.
Er will zeigen:
Die Bevölkerung muss im Verteidigungsfall Opfer bringen.
Neitzel und Masala sind für mich keine Monster.
Aber ich habe eine andere moralische Haltung.
Ich halte ihre Haltung für nicht verantwortbar.
Sie riskieren die globale Vernichtung der Menschheit.
Das kann bei einer nuklearen Eskalation passieren.
Nukleare Eskalation bedeutet: Der Konflikt wird immer schlimmer, bis Atomwaffen eingesetzt werden.
Putin provoziert das.
Aber sie wollen bei der Abschreckung mitspielen.
Abschreckung bedeutet: Man zeigt dem Gegner, dass man stark ist, damit er nicht angreift.
Das nenne ich nicht-beabsichtigte Komplizenschaft mit dem Gegner.
Komplizenschaft bedeutet: Man arbeitet mit jemandem zusammen, auch wenn man das nicht will.
Putin will Krieg und führt Krieg.
Dann haben wir keine andere Wahl als auch Krieg zu führen.
Er bestimmt das Spiel.
Das ist die entscheidende Herausforderung.
Intellektuelle sollten radikal denken.
Das heißt:
Sie sollten an die Wurzel gehen.
Sie dürfen sich damit nicht beruhigen.
Sie müssen nach Auswegen suchen.
Die Situation scheint weglos zu sein.
Weglos bedeutet: Es scheint keinen Ausweg zu geben.
Trotzdem müssen wir über Möglichkeiten der zivilen Verteidigung nachdenken.
Zivile Verteidigung bedeutet: Verteidigung ohne Waffen und Militär.
Dafür fordere ich ein Sondervermögen Nachdenken.
Sondervermögen ist extra Geld für einen bestimmten Zweck.
Stephan Riedl vergleicht einen Bäckermeister mit der Staatsführung.
Das ist weit hergeholt.
Weit hergeholt bedeutet: Der Vergleich passt nicht gut.
Genauso der Vergleich mit der Behindertenbewegung.
Die Behindertenbewegung ist eine unbewaffnete Bürgerrechtsbewegung.
Eine Bürgerrechtsbewegung kämpft für die Rechte von Menschen.
Ich wünsche mir sogar oft mehr Militanz von ihr.
Militanz bedeutet hier: stärker und bestimmter für seine Rechte eintreten.
Sie ist manchmal zu defensiv oder politisch naiv.
Defensiv bedeutet: zurückhaltend, sich nur verteidigend.
Naiv bedeutet: zu gutgläubig, die Wirklichkeit nicht richtig einschätzend.
Sehr ärgerlich finde ich:
Stephan Riedl rechtfertigt den Unterricht an der Waffe an baltischen Schulen.
Die baltischen Länder sind Estland, Lettland und Litauen.
Er sagt:
Putin und die Russen machen das noch schlimmer mit der Kinder-Militarisierung.
Militarisierung bedeutet: Kinder lernen militärische Dinge und werden auf den Krieg vorbereitet.
Das können Sie nicht ernst meinen.
Ich schätze Sie als klugen Menschen.
Aber diesen Spruch sollten Sie sich verkneifen:
Wenn ein kriegsbereiter Staat glaubt, uns kostengünstig unterwerfen zu können, knallt es auch bei uns.
Das steht Ihnen nicht gut.
Ich denke:
Wir wünschen uns beide, dass es dazu nicht kommt.
Es soll bei uns höchstens an Silvester knallen.
Und das mit abnehmender Tendenz.
Das Wort Neorömer streiche ich.
Neorömer bedeutet: Menschen, die wie die alten Römer denken.
Stephan Riedl hat recht.
Ich nannte Masala so wegen der römischen Formel pacem para bellum.
Pacem para bellum ist Lateinisch und bedeutet: Wenn du Frieden willst, bereite den Krieg vor.
Heute berufen sich viele Menschen auf diese Formel.
Dann wäre fast jeder ein Neorömer.
Das Wort verliert seine Bedeutung.
Ich halte daran fest:
Masala spricht sich für staatspolitische Tradition machtpolitischer Kälte aus.
Machtpolitische Kälte bedeutet: Politik, die nur an Macht interessiert ist, ohne Mitgefühl.
Diese Tradition kommt aus der imperialen Machtpolitik Roms.
Imperial bedeutet: wie ein Kaiserreich, das andere Länder beherrschen will.
Die Akteure der internationalen Politik praktizieren das offen und zynisch.
Akteure sind die handelnden Personen.
Zynisch bedeutet: ohne Rücksicht auf moralische Werte.
Sie berufen sich auf das Völkerrecht oder die regelbasierte Ordnung.
Völkerrecht sind die Regeln, die zwischen Staaten gelten.
Aber sie instrumentalisieren diese Kategorien.
Instrumentalisieren bedeutet: etwas als Werkzeug benutzen, um eigene Ziele zu erreichen.
Mich wundert:
Stephan Riedl hat die Number Nine von MoW nicht beachtet.
Number Nine ist ein Text oder Dokument von MoW (wahrscheinlich eine Organisation).
Er ist mit keinem Wort auf den Inhalt eingegangen.
Diese Number Nine bezieht sich auf Zahlen vom Bundeswehrverband.
Diese Zahlen zeigen ein verheerendes Bild für den Kriegsfall.
Verheerend bedeutet: sehr schlimm, mit großer Zerstörung.
Es geht um Opferzahlen und Zerstörung.
Raul Krauthausen hat diese Number Nine für seinen Newsletter freigegeben.
Raul Krauthausen ist ein bekannter Aktivist für die Rechte von Menschen mit Behinderung.
Ein Newsletter ist ein regelmäßiger Informationsbrief per E-Mail.
Er ist eine wichtige Person für Texte über Behinderte.
Die Number Nine hat ihn überzeugt oder mindestens beeindruckt.

Foto: Hans-Willi Weis
Staufen (kobinet) Vielen Dank Stephan Riedl. Beachtlich, was Sie kenntnisreich und weit ausholend an Material zusammengetragen haben, um ihre Position darzustellen. So ist ein kontrast- und facettenreiches Bild unserer gegensätzlichen Positionen entstanden, das all denjenigen eine große Hilfe sein dürfte, die bereit sind, sich überhaupt derart ernsthaft und eingehend mit unserer Argumentation zu beschäftigen und auseinanderzusetzen. Und sich ein eigenes Urteil zu bilden.
In aller Kürze (um es auf diesem für ein solch anspruchsvolles Diskursformat nicht gerade geeigneten Medium nicht ausufern zu lassen) noch ein paar Bemerkungen zu einigen ihrer Kontra-Argumente und Thesen. Übrigens der Bezug auf Abraham Maslows „Bedürfnispyramide“, mit diesem Rekurs wecken sie bei mir nostalgische Gefühle an langen zurückliegende Lektüren und früher publizistische Arbeiten. Dass derartige Referenzen über Alterskohorten und Generationsgrenzen hinweg noch möglich sind, wunderbar!
Dass es Berührungspunkte meiner Argumentation mit evangelikalen Kreationisten geben soll, sehe ich nicht und darauf werden Sie auch nicht im Ernst beharren. Dass ich Neitzel und Masala mit der „Spitzhacke“ zu Leibe rücke und dies als radikaler Pazifist, davon kann keine Rede sein. Bei Lektüre und Zitation bin ich ausgesprochen penibel, nichts stört mich mehr als Schludrigkeit. Ich nehme beide intellektuell ernst und karikiere nicht, mache mir keine „Pappkameraden“ zurecht. Masala, sagen Sie, sei kein „Befürworter von Blutzoll“ ? Wer Krieg, wenn es hart auf hart geht, für notwendig und alternativlos erklärt, kommt am Berappen von Blutzoll nicht vorbei. Dass er ihn sich nicht wünscht, geschenkt. Den Ausdruck „Blutzoll“ bringt er bewusst ins Spiel, um keinen Zweifel an der Art von Opferbereitschaft (auch der Bevölkerung) im Verteidigungsfall aufkommen zu lassen. Bei aller Drastik der Argumentation von Neitzel und Masala sind die beiden für mich aber keine „Monster“. Dass die beiden ihre beabsichtigte Diskreditierung postheroischer Zivilität unter den gegenwärtigen globalpolitischen Bedingungen und darüber hinaus historisch generell für auch moralisch vertretbar und geboten halten, sehe ich sehr wohl.
Ich nehme in dieser Sache jedoch eine radikal andere moralische oder ethische Haltung ein. Für eine auch verantwortungsethisch nicht vertretbare Haltung – ich wiederhole mich – erachte ich deren Bereitschaft zum Risiko globaler Vernichtung und Selbstauslöschung der Menschheit im Fall nuklearer Eskalation. Dass Putin diese provoziere, ändert nichts daran, dass sie gemäß der Glaubwürdigkeit von Abschreckung vorhaben, mitzuspielen. Dieses Skandalon der „nichtintendierten Komplizenschaft“ mit dem Gegner oder Aggressor, wie ich es nenne – wenn Putin Krieg will und ihn führt, haben wir keine andere Wahl als auch Krieg zu führen, er bestimmt das Spiel –, ist die entscheidende Herausforderung, an der sich ein radikales Denken (und Intellektuelle sollten radikal, an die Ursache, an die Wurzel gehend, denken) auf keinen Fall beruhigen darf und nach Auswegen suchen muss. Wie aporetisch, weglos, die Situation und ihr Dilemma auch zu sein scheint. An diesem Punkt gilt es (sehr wohl die Waage zwischen Moral und Macht im Auge behalten, wie Sie zurecht verlangen) die Reflexion auf Möglichkeiten bzw. ziviler Verteidigung voranzutreiben und zwar energisch. Schwerpunkt meiner Forderung nach einem „Sondervermögen Nachdenken“.
Ihr „Im Kleinen wie im Großen“ und der Vergleich oder die Parallelisierung ihres sympathischen Bäckermeisters und seiner Betriebsführung mit den Aufgaben einer Staatsführung sowie den auf dieser Ebene im Krisen unter Umständen verhängnisvollen (vgl. Argumentation im Antikriegsessay von Lit.beilage IV). – Gleichfalls weit hergeholt der Vergleich mit dem Kampf der Behindertenbewegung. Bei der es sich schließlich um eine unbewaffnete zivilgesellschaftliche Bürgerrechtsbewegung handelt. Der ich sogar oftmals etwas mehr Militanz wünschte, zu defensiv bis politisch naiv (kennen Sie meine behindertenpolitischen Kolumnen?)
Wirklich ärgerlich für mich ihre undurchdachte Rechtfertigung des Unterrichts an der Waffe an baltischen Schulen. Und auch noch, das meinen Sie doch nicht im Ernst mit dem Hinweis, dass es Putin und die Russen mit der Kinder- und Jugendmilitarisierung noch doller treiben! – Letzte Bemerkung: Ich schätze Sie als klugen Kopf und reflektierten Argumentierer. Präpotente Sprüche wie den folgenden sollten Sie sich verkneifen, steht ihnen meines Erachtens nicht gut zu Gesicht: „Wenn ein kriegsbereiter Staat glaubt, uns kostengünstig unterwerfen zu können, knallt es auch bei uns.“ Ich denke, wir sind uns einig in dem Wunsch, dass es dazu nicht kommen möge und es bei uns in Zukunft höchstens an Silvester knallt mit abnehmender Tendenz.
P.S. Den „Neorömer“ (da hat Riedl einen Punkt) streiche ich. Ich nannte ihn so im Zusammenhang mit „pacem para bellum“, der auf die römische Republik zurückgehenden machtpolitischen Formel. Da sich heute Hinz und Kunz auf dieses Axiom berufen, bleibt kaum jemand, der kein „Neorömer“ wäre. Womit dieser Ausdruck zur Charakterisierung der Position eines Einzelnen jegliche Trennschärfe und Aussagekraft verliert. Woran ich festhalte ist, dass sich Masala für die staatspolitische Tradition „machtpolitischer Kälte“ ausspricht (und als deren Archetyp ebenfalls die imperiale Machtpolitik Roms gelten kann), wie sie von den Akteuren der internationalen Politik auch ganz offen zynisch bekannt und praktiziert wird. Die Berufung aufs Völkerrecht oder die regelbasierte Ordnung (Kategorien eines auch ethisch begründeten internationalen Rechts werden dabei selber moralmachiavellistisch instrumentalisiert).
PPS. Gewundert hat mich, dass Riedl die Number Nine von MoW verschmäht hat und mit keinem Wort auf ihren Inhalt eingegangen ist. Dieser bezieht sich nämlich auf ein vom Bundeswehrverband beglaubigten Zahlen- bzw. Rechenexempel, das für den Kriegsfall ein verheerendes Bild zeigt, was die Opferzahlen und die Zerstörung betrifft. Die oberste richterliche Autorität in Sachen „was Behinderte lesen (oder newsletterig zu Gesicht bekommen) sollten und was besser nicht“, Mastermind Krauthausen, hat diese Number Nine sogar für die Veröffentlichung in seinem Sozialhelden-Newsletter durchgewunken bzw. geadelt. Obviously hat sie ihn convinced, mindestens beeindruckt.

Foto: Hans-Willi Weis
Staufen (kobinet) Vielen Dank Stephan Riedl. Beachtlich, was Sie kenntnisreich und weit ausholend an Material zusammengetragen haben, um ihre Position darzustellen. So ist ein kontrast- und facettenreiches Bild unserer gegensätzlichen Positionen entstanden, das all denjenigen eine große Hilfe sein dürfte, die bereit sind, sich überhaupt derart ernsthaft und eingehend mit unserer Argumentation zu beschäftigen und auseinanderzusetzen. Und sich ein eigenes Urteil zu bilden.
In aller Kürze (um es auf diesem für ein solch anspruchsvolles Diskursformat nicht gerade geeigneten Medium nicht ausufern zu lassen) noch ein paar Bemerkungen zu einigen ihrer Kontra-Argumente und Thesen. Übrigens der Bezug auf Abraham Maslows „Bedürfnispyramide“, mit diesem Rekurs wecken sie bei mir nostalgische Gefühle an langen zurückliegende Lektüren und früher publizistische Arbeiten. Dass derartige Referenzen über Alterskohorten und Generationsgrenzen hinweg noch möglich sind, wunderbar!
Dass es Berührungspunkte meiner Argumentation mit evangelikalen Kreationisten geben soll, sehe ich nicht und darauf werden Sie auch nicht im Ernst beharren. Dass ich Neitzel und Masala mit der „Spitzhacke“ zu Leibe rücke und dies als radikaler Pazifist, davon kann keine Rede sein. Bei Lektüre und Zitation bin ich ausgesprochen penibel, nichts stört mich mehr als Schludrigkeit. Ich nehme beide intellektuell ernst und karikiere nicht, mache mir keine „Pappkameraden“ zurecht. Masala, sagen Sie, sei kein „Befürworter von Blutzoll“ ? Wer Krieg, wenn es hart auf hart geht, für notwendig und alternativlos erklärt, kommt am Berappen von Blutzoll nicht vorbei. Dass er ihn sich nicht wünscht, geschenkt. Den Ausdruck „Blutzoll“ bringt er bewusst ins Spiel, um keinen Zweifel an der Art von Opferbereitschaft (auch der Bevölkerung) im Verteidigungsfall aufkommen zu lassen. Bei aller Drastik der Argumentation von Neitzel und Masala sind die beiden für mich aber keine „Monster“. Dass die beiden ihre beabsichtigte Diskreditierung postheroischer Zivilität unter den gegenwärtigen globalpolitischen Bedingungen und darüber hinaus historisch generell für auch moralisch vertretbar und geboten halten, sehe ich sehr wohl.
Ich nehme in dieser Sache jedoch eine radikal andere moralische oder ethische Haltung ein. Für eine auch verantwortungsethisch nicht vertretbare Haltung – ich wiederhole mich – erachte ich deren Bereitschaft zum Risiko globaler Vernichtung und Selbstauslöschung der Menschheit im Fall nuklearer Eskalation. Dass Putin diese provoziere, ändert nichts daran, dass sie gemäß der Glaubwürdigkeit von Abschreckung vorhaben, mitzuspielen. Dieses Skandalon der „nichtintendierten Komplizenschaft“ mit dem Gegner oder Aggressor, wie ich es nenne – wenn Putin Krieg will und ihn führt, haben wir keine andere Wahl als auch Krieg zu führen, er bestimmt das Spiel –, ist die entscheidende Herausforderung, an der sich ein radikales Denken (und Intellektuelle sollten radikal, an die Ursache, an die Wurzel gehend, denken) auf keinen Fall beruhigen darf und nach Auswegen suchen muss. Wie aporetisch, weglos, die Situation und ihr Dilemma auch zu sein scheint. An diesem Punkt gilt es (sehr wohl die Waage zwischen Moral und Macht im Auge behalten, wie Sie zurecht verlangen) die Reflexion auf Möglichkeiten bzw. ziviler Verteidigung voranzutreiben und zwar energisch. Schwerpunkt meiner Forderung nach einem „Sondervermögen Nachdenken“.
Ihr „Im Kleinen wie im Großen“ und der Vergleich oder die Parallelisierung ihres sympathischen Bäckermeisters und seiner Betriebsführung mit den Aufgaben einer Staatsführung sowie den auf dieser Ebene im Krisen unter Umständen verhängnisvollen (vgl. Argumentation im Antikriegsessay von Lit.beilage IV). – Gleichfalls weit hergeholt der Vergleich mit dem Kampf der Behindertenbewegung. Bei der es sich schließlich um eine unbewaffnete zivilgesellschaftliche Bürgerrechtsbewegung handelt. Der ich sogar oftmals etwas mehr Militanz wünschte, zu defensiv bis politisch naiv (kennen Sie meine behindertenpolitischen Kolumnen?)
Wirklich ärgerlich für mich ihre undurchdachte Rechtfertigung des Unterrichts an der Waffe an baltischen Schulen. Und auch noch, das meinen Sie doch nicht im Ernst mit dem Hinweis, dass es Putin und die Russen mit der Kinder- und Jugendmilitarisierung noch doller treiben! – Letzte Bemerkung: Ich schätze Sie als klugen Kopf und reflektierten Argumentierer. Präpotente Sprüche wie den folgenden sollten Sie sich verkneifen, steht ihnen meines Erachtens nicht gut zu Gesicht: „Wenn ein kriegsbereiter Staat glaubt, uns kostengünstig unterwerfen zu können, knallt es auch bei uns.“ Ich denke, wir sind uns einig in dem Wunsch, dass es dazu nicht kommen möge und es bei uns in Zukunft höchstens an Silvester knallt mit abnehmender Tendenz.
P.S. Den „Neorömer“ (da hat Riedl einen Punkt) streiche ich. Ich nannte ihn so im Zusammenhang mit „pacem para bellum“, der auf die römische Republik zurückgehenden machtpolitischen Formel. Da sich heute Hinz und Kunz auf dieses Axiom berufen, bleibt kaum jemand, der kein „Neorömer“ wäre. Womit dieser Ausdruck zur Charakterisierung der Position eines Einzelnen jegliche Trennschärfe und Aussagekraft verliert. Woran ich festhalte ist, dass sich Masala für die staatspolitische Tradition „machtpolitischer Kälte“ ausspricht (und als deren Archetyp ebenfalls die imperiale Machtpolitik Roms gelten kann), wie sie von den Akteuren der internationalen Politik auch ganz offen zynisch bekannt und praktiziert wird. Die Berufung aufs Völkerrecht oder die regelbasierte Ordnung (Kategorien eines auch ethisch begründeten internationalen Rechts werden dabei selber moralmachiavellistisch instrumentalisiert).
PPS. Gewundert hat mich, dass Riedl die Number Nine von MoW verschmäht hat und mit keinem Wort auf ihren Inhalt eingegangen ist. Dieser bezieht sich nämlich auf ein vom Bundeswehrverband beglaubigten Zahlen- bzw. Rechenexempel, das für den Kriegsfall ein verheerendes Bild zeigt, was die Opferzahlen und die Zerstörung betrifft. Die oberste richterliche Autorität in Sachen „was Behinderte lesen (oder newsletterig zu Gesicht bekommen) sollten und was besser nicht“, Mastermind Krauthausen, hat diese Number Nine sogar für die Veröffentlichung in seinem Sozialhelden-Newsletter durchgewunken bzw. geadelt. Obviously hat sie ihn convinced, mindestens beeindruckt.