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Partizipation behinderter Menschen bei der Reform des SGB VIII zur inklusiven Kinder- und Jugendhilfe

Übergabe des Arbeitsvertrag des bbe an ein jumemb-Mitglied
Übergabe des Arbeitsvertrag des bbe an ein jumemb-Mitglied
Foto: bbe

Uder (kobinet) Am Pfingstwochenende konnte der Bundesverband behinderter und chronisch kranker Eltern (bbe) das Projekt Partizipation der Selbstvertretung behinderter Menschen bei der Umsetzung der Reform des SGB VIII zur inklusiven Kinder- und Jugendhilfe mit einer Tagung in der Familienbildungsstätte Eichsfeld in Uder erfolgreich abschließen. Der bbe hat mit dem Partizipationsprojekt das Gesetzgebungsverfahren zur Inklusiven Kinder- und Jugendhilfe aus Sicht der Selbstvertretung von Menschen mit Behinderung aktiv begleitet. Dieses Projekt wurde von 2022 bis 2025 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) finanziell gefördert. Der bbe griff dabei 2022 auch die Idee des damals 12-jährigen Justus Lauer auf, dafür eine eigene Selbstvertretung junger Menschen mit Behinderung zu gründen. Im Jahr 2023 wurden junge Menschen mit unterschiedlichen Behinderungsformen zwischen 12 und 27 Jahren zu einem ersten Treffen in die Familienbildungsstätte Eichsfeld nach Uder eingeladen. Bei diesem Anlass entstand die bundesweite Selbstvertretungsgruppe junger Menschen mit Behinderung (jumemb).

Gemeinsam mit dem bbe haben sich jumemb-Mitglieder in den Gesetzgebungsprozess zur Inklusiven Kinder- und Jugendhilfe eingebracht. Um die Perspektive junger Menschen mit Behinderung umfassend vertreten zu können, wurde 2023 in einer Online-Umfrage der aktuelle Stand zur Lebenssituation von jungen Menschen mit Behinderung erhoben. Zuvor testeten die jumemb-Mitglieder den Fragebogen auf Relevanz für ihren Alltag und auf Barrierefreiheit. Die umfangreichen Ergebnisse sind auf www.jumemb.de veröffentlicht und können für weitere Forschungsvorhaben genutzt werden. Die Inhalte zeigen nach Informationen des bbe eindrücklich, wie hoch der Handlungsbedarf für die inklusive Kinder- und Jugendhilfe noch ist. Die Jugendlichen fordern unter anderem im Freizeitbereich bedarfsgerechte Assistenz unabhängig von ihrer Familie. „Wer möchte schon seine Eltern mit ins Kino nehmen, wenn man sich da mit Freunden verabredet hat“, äußerte die damals 17-jährige Hanna.

Aus jungen Menschen mit Behinderung werden später einmal Eltern mit Behinderung. Für Eltern mit unterschiedlichen Behinderungen gibt es seit 2018 einen Rechtsanspruch auf Assistenz bei der Betreuung und Versorgung ihrer Kinder. Bei Familien mit körper- und sinnesbehinderten Eltern hat sich diese Teilhabeleistung (Elternassistenz oder Begleitete Elternschaft nach § 78 Abs. 3 SGB IX) bereits als sinnvoll bewährt und viele Kinder vor Parentifizierung bewahrt. „Diese wertvolle Unterstützung erhalten Eltern mit nichtsichtbaren Behinderungen, insbesondere psychischen Erkrankungen und Suchterfahrung bisher nur selten, da diese Assistenzform im Jugendamt oft noch unbekannt ist. So kommt es noch immer zu Trennungen von Familien, ohne die bedarfsgerechte Alltagsentlastung durch eine Elternassistenz vorher zu ermöglichen“, mahnen die bbe-Mitglieder im Abschlussbericht des Projektes an. Deshalb wurde das Thema von den Mitgliedern des Selbstvertretungsverbandes behinderter Eltern als Schwerpunkt für ein neues Partizipationsprojekt von 2025 bis 2027 gewählt. Das BMAS fördert auch die weitere Beteiligung von Menschen mit Behinderung bei der Umsetzung der Inklusion in der Kinder- und Jugendhilfe.

Lilith Fendt (22) wird ab Juli 2025 die Koordination der jumemb-Gruppe übernehmen. „Ich freue mich auf die Arbeit und über euer Vertrauen in mich“, sagte sie bei der Abschlussveranstaltung in Uder. Die größte Herausforderung der nächsten Wochen wird es sein, die bürokratischen und personellen Hürden bei der Beschaffung von Kommunikationsassistenz für die junge Frau pünktlich zum Arbeitsbeginn zu meistern. Die bbe-Mitglieder freuen sich ebenfalls: „Das Ziel der Nachwuchsgewinnung im Verein haben wir erreicht. Und die Bedarfe junger Menschen mit Behinderung werden in Zukunft von jungem Menschen selbst formuliert“, so ein bbe-Mitglied zum Ende der Tagung.

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