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Schulische Situation gefährdet Inklusion

Flagge von Hessen
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Foto: public domain

WIESBADEN (kobinet) Inklusion ist ein Menschenrecht und damit nicht verhandelbar. Deutschland hat sich im Jahr 2009 verpflichtet, dieses Recht vollwertig und diskriminierungsfrei umzusetzen. Diese Aufgabe wird nach Einschätzung des Vereins " Gemeinsam leben Hessen" gefährdet. Dieser Verein verweist darauf, dass die 41 Grundschulen in Wiesbaden/Rheingau-Taunuskreis mit ihrer Überlastungsanzeige eindrucksvoll die aktuelle Situation in hessischen Schulen verdeutlichen. Die Schulleitungen und Lehrkräfte fühlen sich angesichts der vielfältigen strukturellen Probleme am Rande ihrer Belastungsgrenze. Als Begründung dafür werden Inklusion und Integration herangezogen. Eltern erleben, dass Grundschulen die Anmeldung von Kindern mit Behinderungen Zunehmend ablehnen und damit der Aufbau eines inklusiven Bildungssystems aufgrund von Personalmangel, fehlender Ausstattung und fachlicher Expertise in den allgemeinen Schulen ins  Stocken gerät.

Die Landesregierung muss, so fordert es „Gemeinsam leben“, endlich damit beginnen, die nötigen Schritte zur Umwandlung des Schulsystems in ein inklusives System zu ergreifen und die Schulen dafür personell und strukturell so auszustatten, dass Inklusion vor Ort qualitativ hochwertig umgesetzt werden kann.

Hessen leistet sich stattdessen neuerdings den flächendeckenden Neubau von Förderschulen und handelt damit im Sinne der UN-BRK klar menschenrechtswidrig. Markus Schefer, Sachverständiger des UN-Fachausschusses und Mitberichterstatter für Deutschland im Staatenprüfverfahren der UN erläuterte dies im August 2023: Segregation werde in Deutschland als ein Weg angesehen, die Belastungen der Lebensweisen von Menschen mit Behinderungen zu lindern. Diese Auffassung sei aber zutiefst falsch und stehe im Widerspruch zur UN-BRK. Sie verweigere den Menschen mit Behinderungen ihre Würde. Der Neubau der Förderschule trägt also zur Diskriminierung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen bei. Mit dem Neubau der Förderschulen investiert die Landesregierung außerdem die notwendigen Mittel, die sie gemäß Art. 4 der UN-BRK zur Verbesserung der Qualität in Schule einzusetzen hätte, in ein diskriminierendes System anstatt Inklusion auszubauen. Nun zeigt sich: Der hessische Doppelweg Regelschule – Sonderschule ist nicht nur die teuerste Variante, er bringt auch das Schulsystem insgesamt finanziell, personell und administrativ an seine Grenzen.

Die Landesregierung muss deshalb, so fordert „Gemeinsam leben“, endlich damit beginnen, die nötigen Schritte zur Umwandlung des Schulsystems in ein inklusives System zu ergreifen und die Schulen dafür personell und strukturell so auszustatten, dass Inklusion vor Ort qualitativ hochwertig umgesetzt werden kann.

Als Weg dorthin  sieht „Gemeinsam leben“ im Erfüllen folgender Forderungen:

  • Entwicklung eines umfassenden Plan zur Beschleunigung des Übergangs von Sonderschulung zu inklusiver Bildung auf Landes- und kommunaler Ebene mit konkreten Zeitplänen, menschlichen, technischen und finanziellen Ressourcenzuweisungen und klaren Verantwortlichkeiten für Umsetzung und Überwachung;
  • Auf jeder Ebene von Politik und Verwaltung deutlich zu machen, dass die Schaffung inklusiver Strukturen von höchster Bedeutung ist.
  • Sicherzustellen, dass Kinder mit Behinderungen Regelschulen besuchen können, einschließlich der Verbesserung der Zugänglichkeit und Anpassung an alle Arten von Behinderungen sowie der Bereitstellung geeigneter Regelungen für den Transport.

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Uwe Heineker
10.06.2025 15:21

Es sei daran erinnert, dass bereits 1973 (!!!) der Deutsche Bildungsrat den integrativen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung empfohlen hat – somit erstmals das Dogma einer bloß an Sonderschulen orientierten sonderpädagogischen Förderung gebrochen wurde, das davon ausging, dass behinderten Kindern und Jugendlichen mit besonderen Maßnahmen in abgeschirmten Einrichtungen am besten geholfen werden könne. Seitdem versäumten alle (!!!) bisherigen Regierungen, diese Empfehlung flächendeckend umzusetzen – statt dessen wurden aussondernde Schulen stetig ausgebaut, wofür Deutschland von der UN im Rahmen ihrer Staatenprüfungen zur Umsetzung des UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung sowohl 2015 als auch 2023 aufs Schärfste gerügt wurde!

ich kann mich mittlerweile nicht des Eindrucks verwehren, dass Inklusion seitens der Politik – entgegen ihrer mittlerweile nichtssagender Inklusionsrhetorik – in Wirklichkeit nicht gewollt ist

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