Rodalben (kobinet)
Stephan Riedl ist Asperger Autist.
Er hat die Artikel von Hans-Willi Weis gelesen.
Jetzt möchte er genauer auf weitere Kolumnen von Weis eingehen.
In meinem ersten Artikel habe ich über Hans-Willi Weis geschrieben.
Jetzt schaue ich mir die Masters of War Reihe genauer an.
Heute geht es um die Kolumnen vier bis sechs.
In diesen Kolumnen geht es um Ole Nymoen und Richard David Precht.
Die Kolumnen heißen:
- Ole Nymoen – In Watte gepackter Pazifismus
- Nymoen bei Bosetti – Wankende Argumente
- Precht im Nebel des Krieges
- Haltung statt Zaudern – Eine Frage der Verantwortung
Ole Nymoen – In Watte gepackter Pazifismus
In meinem ersten Artikel habe ich schon Kritik an Ole Nymoen geäußert.
Jetzt kann ich auch auf sein Buch eingehen.
Das Buch heißt: "Warum ich nie für mein Vaterland kämpfen würde: Gegen die Kriegstüchtigkeit".
Das Buch hat drei Haupt-Teile.
Im ersten Teil erklärt Nymoen was Krieg ist.
Er spricht über das Verhältnis von Krieg zum Staat und zum Kapitalismus.
Im zweiten Teil geht er auf den Unsinn des Kriegs ein.
Er erklärt Argumente dafür zu kämpfen.
Zum Beispiel: die gefährdete Heimat und Nation.
Oder das Völkerrecht.
Im dritten Teil führt er alles zusammen.
Er begründet warum er niemals für sein Land kämpfen würde.
Das Gute zuerst:
Nymoen fasst die Probleme von Krieg gut zusammen.
Zum Beispiel: Wettrüsten und keine höhere Straf-Instanz für verbrecherische Staaten.
Ich teile seine Meinung zur Wehrpflicht.
In Deutschland müssen manchmal junge Männer eine Zeit lang beim Militär arbeiten.
Das nennt man Dienst-Pflicht für unser Land.
Es ist richtig dass diese ausgesetzt wurde.
Es ist unverschämt jedem jungen Menschen ein Jahr seiner Lebens-Zeit zu nehmen.
Und zwar für etwas was er nicht machen will.
Nymoen vertritt eine sehr lebens-bejahende Haltung.
Er stellt das Leben als höchsten Wert über alles andere.
Zum Beispiel über einen Staat.
Der Rest des Buches scheitert bei genauerer Betrachtung.
Erstens hält es einer historischen Betrachtung nicht stand.
Demokratien mussten sich immer zur Wehr setzen.
Demokratien leben davon dass ihre Bürger sich einbringen und mitmachen.
Der Ukraine-Konflikt zwingt uns Stellung zu nehmen.
Zweitens sieht man durch dieses Buch wie wichtig Freiheit ist.
Wir vergleichen Deutschland mit Russland.
In Russland ist der Ukraine-Krieg kein Krieg.
Sondern eine militärische Spezial-Operation.
Wer dort das böse K-Wort sagt wird verhaftet.
Religionen die sich für Pazifismus aussprechen sind verboten.
Zum Beispiel die Zeugen Jehovas.
Nymoen bei Bosetti – Wankende Argumente
Schauen wir uns an wie Nymoen in einer Diskussion argumentiert.
Er war bei BOSETTI LATENIGHT eingeladen.
Zusammen mit Marina Weisband.
Weisband ist ukrainisch-deutsch mit jüdischer Abstammung.
Nymoen sagt selbst:
Seine Argumentation versagt wenn es ein Vernichtungs-Krieg ist.
Gleichzeitig behauptet er:
Putin hat dies faktisch nicht vor.
Hier haben wir historische Unwissenheit.
Fakten zeigen:
Russland hat seit Kriegs-Beginn über 10.000 Zivilisten in der Ukraine getötet.
Ukrainische Kinder wurden nach Russland verschleppt.
Der Internationale Straf-Gerichtshof hat gegen Putin Haft-Befehl erlassen.
In den besetzten Ukraine-Gebieten wird alles russifiziert.
Historiker werten das als kulturelle Auslöschung.
Precht im Nebel des Krieges
Richard David Precht ist der bekannteste Philosoph Deutschlands.
Menschen, die viel über das Leben und die Welt nachdenken, sind Philosophen.
Sie stellen Fragen und suchen Antworten darauf, wie wir gut leben können.
Er kennt sich gut in seinem Fach aus.
Jedoch zeigt eine zitierte Stelle:
Er hat die Situation nicht erkannt.
Gesellschaftliche Prozesse sind langsam.
Putin ist an einem Punkt angekommen.
Er muss mit Krieg weitermachen.
Ein ukrainischer Rückzug hätte katastrophale Folgen.
Zwischen der Ukraine und Deutschland haben wir Polen.
Polen bereitet sich für den Verteidigungs-Fall vor.
Genauso wie Lettland.
Sie lernen Schülern den Umgang mit Waffen.
Das ist das Gebot der Stunde.
Haltung statt Zaudern – Eine Frage der Verantwortung
Weder Nymoen noch Precht haben die echte Gefahr erkannt.
Sie fördern die Unschlüssigkeit in Deutschland.
Wie man zur Ukraine stehen soll.
Die Staaten unserer Erde haben sich auf Gesetzes-Texte verständigt.
Zum Beispiel: die UN-Charta und das Völkerrecht.
Es liegt ein Minimal-Konsens vor.
Gegen diesen Konsens hat Russland mit seinem Angriffs-Krieg verstoßen.
Anstatt zu verhandeln hat Russland sich ukrainische Gebiete einverleibt.
Die Kriegs-Industrie hochgefahren.
Russland gedenkt nicht daran aufzuhören.
Ist es verständlich einen Hass auf Russland zu entwickeln?
Ja es ist verständlich.
Soll man Russland trotzdem einen diplomatischen Ausweg gewähren?
Die Tür für Diplomatie muss offen bleiben.
Gleichzeitig müssen wir uns der Realität stellen.
Solange kein Dialog möglich ist muss sich die Ukraine verteidigen.
Uns so schnell wie möglich verteidigungs-bereit zu machen ist gebotene Verantwortung.
Der Ukraine beizustehen ist kein Bären-Dienst.
Zum Ende zitiere ich Charlie Chaplin.
Die Rede kommt aus dem Film "Der große Diktator".
Diese Auszüge:
"Allen denen die mich jetzt hören rufe ich zu:
Ihr dürft nicht verzagen!
Die Freiheit die sie den Menschen genommen haben wird ihnen zurückgegeben werden.
Für die Freiheit ist kein Opfer zu groß!
Bewahrt euch die Menschlichkeit in euren Herzen und hasst nicht!
Lasst uns kämpfen für eine neue Welt!
Für eine anständige Welt!
Lasst uns kämpfen für die Freiheit in der Welt!"
Die ganze Chaplin-Rede ist hier zu hören: https://www.youtube.com/watch?v=xY9_rA2RSsE
Die Artikel auf die ich Bezug nehme:

Foto: Momentmal In neuem Fenster öffnen via Pixabay In neuem Fenster öffnen
Rodalben (kobinet) Stephan Riedl ist Asperger Autist. Er hat die Artikel von Hans-Willi Weis gelesen und möchte nun nach seinem ersten Artikel genauer auf weitere Kolumnen von Weis eingehen.
Wohlan denn, in meinem ersten Artikel habe ich über Hans-Willi Weis generell geschrieben.
Es wird Zeit, die Masters of War (MoW) Reihe genauer unter die Lupe zu nehmen. Im Fokus stehen heute die Kolumnen vier bis sechs, in denen Ole Nymoen und Richard David Precht behandelt werden.
- Ole Nymoen – In Watte gepackter Pazifismus
- Nymoen bei Bosetti – Wankende Argumente
- Precht im Nebel des Krieges
- Haltung statt Zaudern – Eine Frage der Verantwortung
1 Ole Nymoen – In Watte gepackter Pazifismus
In meinem ersten Artikel habe ich bereits Kritik an Ole Nymoen anklingen lassen. Da ich nun den Fokus auf die einzelnen Artikel der Masters of War lege, kann ich auch auf das Buch „Warum ich nie für mein Vaterland kämpfen würde: Gegen die Kriegstüchtigkeit“ näher eingehen.
Besagtes Buch gliedert sich in drei Hauptkapitel. Zunächst erklärt Nymoen im ersten Kapitel Krieg an sich, spricht über das Verhältnis von Krieg zum Staat und zum Kapitalismus. Im
zweiten Kapitel geht er auf den Unsinn des Kriegs und die Argumente ein, dafür einzutreten wie die gefährdete Heimat und Nation sowie das Völkerrecht. Außerdem bearbeitet er hier das Scheinargument mit dem Nachbar, der einen überfällt. Im dritten Kapitel führt er diese beiden Fäden zusammen und begründet, warum er niemals für sein Land kämpfen würde. Hier erwähnt er die Freiheit, die er nicht verteidigen muss, weil sich unter einer anderen Herrschaft nicht viel für ihn ändern würde, und die Demokratie, die nicht das leistet, was sie verspricht, sowie die Gemeinschaft, die nicht für alle da und außerdem ungerecht ist.
Das Gute sollte zuerst genannt werden: Nymoen fasst die Probleme, die Krieg mit sich bringt (Wettrüsten und keine höhere Strafinstanz für verbrecherische Staaten) ganz gut zusammen. Ich teile seine Meinung zur Wehrpflicht. Meines Erachtens ist es richtig, dass diese ausgesetzt wurde, weil es ziemlich unverschämt ist, jedem jungen Menschen in Deutschland ein Jahr seiner Lebenszeit für etwas zu nehmen, was er nicht machen will; sei es der Dienst an der Waffe oder in etwas Sozialem. Wer weder das eine noch das andere machen wollte, fand damals Mittel und Wege, sich ausmustern zu lassen (und wird es in Zukunft auch noch). Jeder, der sich für einen dieser zwei von sehr vielen möglichen Lebenswegen entscheidet, sollte dies aus freiem Willen tun und nicht, weil es vom Staat diktiert wird. Viele Menschen wählen den Dienst bewusst – entscheidend ist die freie Wahl.
Weiterhin vertritt Nymoen implizit eine sehr lebensbejahende Haltung, weil er das Leben als höchsten Wert über alles andere, etwa einen Staat, stellt. Liest man sein Buch aus dieser Warte, ist das durchaus stimmig.
Der ganze Rest des Buches jedoch scheitert bei genauerer Betrachtung. Erstens, weil es einer historischen Betrachtung nicht standhält: Wie bereits in meinem ersten Artikel erwähnt, mussten Demokratien sich immer zur Wehr setzen. Demokratien leben weiterhin davon, dass ihre Bürger sich auch einbringen und mitmachen. Der derzeitige Ukraine-Konflikt zwingt uns, Stellung zu nehmen. Da die Antwort auf die Frage, ob man den Gestaltungrahmen, den die Demokratie uns bietet, um Inklusion überhaupt erst möglich zu machen, einfach nur Ja lauten kann, ist es fatal, sich einfach von vornherein dem Egoismus hinzugeben. Ja, es ist unheimlich, dass Staaten keine übergeordnete Instanz haben und deshalb jeder Staat eine Eigenverantwortung trägt, wenn es zu einem Krieg kommt. Ungefähr genauso unheimlich wie die Tatsache, dass wir als Bürger auch etwas tun müssen, um unsere Gesellschaft zu verbessern.
Zweitens sieht man durch dieses Buch erst, wie wichtig der ethische Wert Freiheit überhaupt ist. Wir kontrastieren einfach einmal Deutschland mit Russland. In Russland ist der
Ukraine-Krieg kein Krieg, sondern eine militärische Spezialoperation; wer dort das böse K-Wort in den Mund nimmt, wird verhaftet. Religionen, die sich für Pazifismus aussprechen
(wie die Zeugen Jehovas), sind verboten.
Drittens möge man auch die Industrie bedenken: Russland hat die Kriegsindustrie auf Hochtouren laufen und bietet sehr viele Anreize, sich als Soldat für die Armee zu
verpflichten: Sei es der Sold, der Schuldenerlass oder ein möglicher Erlass bei begangenen Straftaten, ich bin mir ziemlich sicher, dass jemand, dem es nicht so gut geht wie uns in
Deutschland, dafür mit Freuden in die Armee eintreten würde.
2 Nymoen bei Bosetti – Wankende Argumente
Die Schrift ist laut Platon nur ein Trugbild der Weisheit, schauen wir uns doch an, wie Nymoen sich in einer Diskussion schlägt. Er war bei BOSETTI LATENIGHT zusammen mit
Marina Weisband eingeladen. Weisband, ihres Zeichens ukrainisch-deutsch mit jüdischer Abstammung, diskutierte mit Nymoen über seine Ansichten und den Ukraine-Krieg.
Nymoen sagt selbst, dass die ganze Argumentation seines Buches versagt, wenn es ein Vernichtungskrieg ist. Gleichzeitig behauptet er, Putin habe dies faktisch nicht vor. Kurzum:
Wir haben es hier mit a) historischer Unwissenheit sowie b) Arglosigkeit, wie ich sie in meiner Buch-Analyse aufgezeigt habe, zu tun.
a) Mit dem Begriff Vernichtungskrieg selbst angefangen: Hier windet sich Nymoen heraus, weil er der historischen Definition folgt, die die Methoden von NS-Deutschland beschreibt.
Blicken wir aber auf den kleinsten gemeinsamen Nenner der Völker, nämlich das Völkerrecht, so fasst der Begriff Aggression, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Genozid zusammen.
Fakten zeigen jedoch: Russland hat seit Kriegsbeginn über 10.000 Zivilisten in der Ukraine getötet, was das moralische Gleichgewicht klar verschiebt. Ukrainische Kinder wurden nach Russland verschleppt, woraufhin der Internationale Strafgerichtshof gegen Putin Haftbefehl erlassen hat. In den besetzten Ukraine-Gebieten wird alles russifiziert, was Historiker als kulturelle Auslöschung werten. Russland foltert und tötet, wer ihnen nicht ins Bild passt.
Schließlich noch Timothy Snyder, seines Zeichens Historiker, der offen von einem Vernichtungskrieg gegen die ukrainische Nation spricht. Werfen wir einen Blick darauf, wie es 2014 gelaufen ist und was Weisband angesprochen hat: Putin wollte die Krim annektieren und hat es geschafft, aber Russland setzt seine aggressive Politik unbeirrt fort. Was passiert wohl, sobald er sie hat? Wird er dann aufhören? Ein Blick auf die in Russland boomende Kriegsindustrie lässt nur einen Schluss zu: Nein.
b) Wer den Film „Der große Diktator“ von Charlie Chaplin von 1940 nicht kennt: Chaplin hat sich da über Adolf Hitler lustig gemacht. In seiner Biografie schrieb Chaplin später, hätte er von den Gräueltaten gewusst, hätte er diesen Film nie gedreht. Worauf ich damit hinaus will: So wie die Menschen der 1930er und 1940er nichts über die wahren Absichten von
Nazi-Deutschland wussten, so können auch wir erst im Nachhinein erfahren, was Russland in Wahrheit möchte. Nein, Russland hat keine Konzentrationslager und auch keine Gulags, aber dafür Strafkolonien, wo politisch unliebsame Gegner und religiöse Minderheiten laut Amnesty International willkürlich eingesperrt werden. Und wer ein greifbares Beispiel für politische Repression haben möchte, sollte einmal nach Alexei Nawalny suchen.
Zweitens betrachtet Nymoen das Individuum und den Staat als voneinander losgelöst und nicht als eine Einheit. Dies verschleiert das eigentliche Problem, welches wir Menschen im
21. Jahrhundert haben: Dieses Pochen auf Freiheit, alles zu tun, und den damit verbundenen Egoismus sowie die Ablehnung von Verantwortung. Wir beschweren uns alle über die
Unfähigkeit unseres Staates, aber vergessen dabei: Jeder, der Teil eines Staates ist, trägt auch einen Teil der Verantwortung, was dieser Staat tut und hat auch die Macht, diesen Staat mitzugestalten. In einer Demokratie ist dieser Gestaltungsrahmen größer als in einer Diktatur, um das umzusetzen, was Nymoen mit seinem Podcast wohl verfolgt: Wohlstand für Alle.
3 Precht im Nebel des Krieges
Kommen wir damit auf Richard David Precht zu sprechen, der wohl bekannteste Philosoph Deutschlands. Herr Precht mag sich gut in seinem Fach auskennen und er mag gut mit
Fachbegriffen hantieren können, jedoch zeigt die im MoW 5 zitierte Stelle, dass er die Situation schlichtweg nicht erkannt hat oder nicht erkennen will.
Kurz gesagt: Gesellschaftliche Prozesse sind langsam. Putin ist an einem Punkt angekommen, wo er schlichtweg mit Krieg weitermachen muss. Wie im vorherigen Abschnitt
erläutert, hätte ein ukrainischer Rückzug katastrophale geopolitische und humanitäre Folgen. Es würde weiterhin international ein Zeichen setzen, dass sich Aggressivität lohne.
Man möge nun bedenken, dass wir zwischen der Ukraine und Deutschland Polen haben, die, genauso wie Lettland, sich für den Verteidigungsfall vorbereiten und Schülern den Umgang mit Waffen lernen. Mit Blick auf das derzeitige Geschehen in der Ukraine ist dies das Gebot der Stunde und keineswegs ein Bärendienst, wie Weis es behauptet.
Speziell wenn man den Ukraine-Konflikt nur minimal verfolgt, lässt sich von Februar 2025 bis heute folgendes Muster erkennen: Die USA will Friedensverhandlungen zwischen beiden Ländern. Russland stellt Maximalforderungen (Abtritt von ukrainischem Land; kein Beitritt der Ukraine in EU und NATO, begrenzte Militärmacht). Die Ukraine möchte eine dreißigtägige Waffenruhe, um einen guten Kompromiss für beide Seiten auszuhandeln. Russland knüpft die Waffenruhe stets an die Maximalforderungen und greift weiter an, selbst bei einseitig verkündeten Waffenruhen wie der Mai-Feier, wo Russland erneut die Ukraine angriff.
4 Haltung statt Zaudern – Eine Frage der Verantwortung
Meines Erachtens haben weder Nymoen noch Precht die echte Gefahr erkannt. Mehr noch, sie fördern die Unschlüssigkeit in Deutschland, wie man denn jetzt zur Ukraine stehen soll, was Weis auch noch unterstützt, indem er die beiden bewirbt. Ich wiederhole es deshalb noch einmal: Die Staaten unserer Erde haben sich auf Gesetzestexte wie die UN-Charta, das Völkerrecht, die UN-BRK und weitere Dokumente wenigstens verständigt. Es liegt mit diesen Gesetzestexten zumindest ein Minimalkonsens vor; ein Konsens gegen den Russland mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine verstoßen hat. Dabei sind tatsächliche oder behauptete Korruptionsprobleme in der Ukraine irrelevant.
Anstatt zu verhandeln und eine friedliche Lösung zu finden, hat Russland sich nach und nach ukrainische Gebiete einverleibt, die Kriegsindustrie hochgefahren und gedenkt nicht daran, aufzuhören und den diplomatischen Weg zu gehen.
Ist es da verständlich, einen Hass auf Russland zu entwickeln? Verfolgt man die aktuellen Nachrichten mit den atomaren Androhungen der russischen Regierung, revisionistischen
Geschichtsbüchern, die das Baltikum und die Ukraine ausradieren, sowie diesen frechen Pufferzonen-Vorschlägen, die sich auf die gesamte Ukraine erstrecken, sage ich nur: Ja, es
ist verständlich.
Soll man Russland trotzdem einen diplomatischen Ausweg gewähren? Egal, wie sehr man auch einen Groll auf dieses Land entwickeln kann, die Welt ist auf die Ressourcen von
Russland angewiesen und die Menschen dort wollen auch leben. Die Tür für Diplomatie muss nach wie vor offen bleiben. Gleichzeitig müssen wir uns der Realität stellen: Solange
kein ernsthafter diplomatischer Dialog zwischen Russland und der Ukraine möglich ist, muss sich die Ukraine verteidigen und Russland den Krieg verleiden. Dabei die Hände in den
Schoss zu legen und zu zaudern, hilft nur dem Aggressor.
Uns so schnell wie möglich verteidigungsbereit (nicht kriegstüchtig!) zu machen und der Ukraine beizustehen, ist kein Bärendienst, sondern gebotene Verantwortung. Wer den
Frieden will, muss den Krieg verstehen – und sich der politischen wie historischen Realität stellen. Die MoW-Kolumnen 4–6 tun dies nicht. Damit gefährden sie letztlich genau das, was sie bewahren möchten: den Frieden. Ohne Frieden sind Teilhabe, Barrierefreiheit und Rechte ohnmächtig. Wer den Schutz der Schwächsten wirklich will, muss auch bereit sein, sie vor Gewalt zu verteidigen. Wenn Frieden herrscht, können wir die UN-BRK einfacher und wirkungsvoller umsetzen: In Deutschland, in der Ukraine und auch in Russland.
Deshalb zitiere ich zum Ende dieses Artikels einen Master of Peace, nämlich Charlie Chaplin. Die Rede kommt aus dem Film Der große Diktator, aber im Gesamtkontext mit dem
Ukraine-Krieg und der deutschen Zauder-Haltung hat sie nichts von ihrer Wirkung verloren. Dieser Film sowie Chaplins Rede sollten Pflichtlektüre an allen deutschen Schulen werden. Ich zitiere folgende Auszüge:
„Wir sprechen zu viel und fühlen zu wenig. […]. Allen denen, die mich jetzt hören, rufe ich zu: Ihr dürft nicht verzagen! Auch das bittere Leid, das über uns gekommen ist, ist vergänglich! Die Männer, die heute die Menschlichkeit mit Füßen treten, werden nicht immer da sein, ihre Grausamkeit stirbt mit ihnen und auch ihr Hass! Die Freiheit, die sie den Menschen genommen haben, wird ihnen dann zurückgegeben werden. Auch wenn es Blut und Tränen kostet, für die Freiheit ist kein Opfer zu groß! […]Bewahrt euch die Menschlichkeit in euren Herzen und hasst nicht! […] Lasst uns kämpfen für eine neue Welt, für eine anständige Welt!
Die jedermann gleiche Chancen gibt, die der Jugend eine Zukunft und den Alten Sicherheit gewährt. […] Lasst uns kämpfen für die Freiheit in der Welt! Das ist ein Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnt. Nieder mit der Unterdrückung, dem Hass und der Intoleranz! Lasst uns kämpfen für eine Welt der Sauberkeit, in der die Vernunft siegt, in der Fortschritt und
Wissenschaft uns allen zum Segen gereichen. Kameraden! Im Namen der Demokratie! Dafür lasst uns streiten!“
Die ganze Chaplin-Rede ist hier zu hören: https://www.youtube.com/watch?v=xY9_rA2RSsE
Die Artikel, auf die ich Bezug nehme:
Weis, H.-W. (2025): Den Masters of War widersprochen. Number Four. https://kobinet-nachrichten.org/2025/03/24/den-masters-of-war-widersprochen-number-four/ (02.06.2025).
Weis, H.-W. (2025): Den Masters of War widersprochen. Number Five. https://kobinet-nachrichten.org/2025/03/26/den-masters-of-war-widersprochen-number-five/ (02.06.2025).
Weis, H.-W. (2025): Den Masters of War widersprochen Number Six. https://kobinet-nachrichten.org/2025/03/28/den-masters-of-war-widersprochen-number-six/ (02.06.2025).
Verwendete Literatur:
BOSETTI LATENIGHT: STELL DIR VOR, ES IST KRIEG… https://www.youtube.com/watch?v=Ipg-0KUmgRo
Berliner Zeitung (2023): UN-Ermittler: Verschleppung ukrainischer Kinder ist Kriegsverbrechen. https://www.berliner-zeitung.de/news/verschleppung-ukrainischer-kinder-ist-kriegsverbrechen-un-ermittlungen-gegen-russland-li.328434 (03.06.2025).
FAZ (2023): Russlant hat in der Ukraine mehr als 10.000 Zivilisten getötet.
https://www.faz.net/aktuell/politik/ukraine/russland-hat-laut-un-mehr-als-10-000-zivilisten-getoetet-19395749.html (03.06.2025).
Nymoen, O. (2025): Warum ich nie für mein Vaterland kämpfen würde: Gegen die Kriegstüchtigkeit. Rowohlt Taschenbuch.
RedaktionsNetzwerk Deutschland (2022): Bomben auf Kirchen, Denkmäler und Museen: Russland löscht die ukrainische Kultur aus.
https://www.rnd.de/politik/ausloeschung-der-ukrainischen-kultur-russland-hat-bisher-183-kulturelle-staetten-beschaedigt-oder-HO7UZD63QRDJJL2YUM56G5FQOQ.html (03.06.2025).
Russlands Todesökonomie: https://www.welt.de/wirtschaft/plus253616832/Russlands-Todesoekonomie-Der-Tod-des-Mannes-ist-zur-effizientesten-Vorsorge-fuer-eine-Familie-geworden.html
Spiegel (2023): Russland setzt die Auslöschung historischer Erinnerung als Waffe ein. https://www.spiegel.de/geschichte/ukraine-krieg-russland-setzt-die-ausloeschung-historischer-erinnerungen-als-waffe-ein-a-8a09e8aa-3b21-4c35-a470-4676a3e64648 (03.06.2025).
Tagesschau (2025): Lettland und die russische Bedrohung. https://www.tagesschau.de/ausland/europa/lettland-russland-verteidigung-100.html (03.06.2025).
Weisband, M. (2025): Alleingelassen. https://www.juedische-allgemeine.de/politik/alleingelassen/ (03.06.2025).

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Rodalben (kobinet) Stephan Riedl ist Asperger Autist. Er hat die Artikel von Hans-Willi Weis gelesen und möchte nun nach seinem ersten Artikel genauer auf weitere Kolumnen von Weis eingehen.
Wohlan denn, in meinem ersten Artikel habe ich über Hans-Willi Weis generell geschrieben.
Es wird Zeit, die Masters of War (MoW) Reihe genauer unter die Lupe zu nehmen. Im Fokus stehen heute die Kolumnen vier bis sechs, in denen Ole Nymoen und Richard David Precht behandelt werden.
- Ole Nymoen – In Watte gepackter Pazifismus
- Nymoen bei Bosetti – Wankende Argumente
- Precht im Nebel des Krieges
- Haltung statt Zaudern – Eine Frage der Verantwortung
1 Ole Nymoen – In Watte gepackter Pazifismus
In meinem ersten Artikel habe ich bereits Kritik an Ole Nymoen anklingen lassen. Da ich nun den Fokus auf die einzelnen Artikel der Masters of War lege, kann ich auch auf das Buch „Warum ich nie für mein Vaterland kämpfen würde: Gegen die Kriegstüchtigkeit“ näher eingehen.
Besagtes Buch gliedert sich in drei Hauptkapitel. Zunächst erklärt Nymoen im ersten Kapitel Krieg an sich, spricht über das Verhältnis von Krieg zum Staat und zum Kapitalismus. Im
zweiten Kapitel geht er auf den Unsinn des Kriegs und die Argumente ein, dafür einzutreten wie die gefährdete Heimat und Nation sowie das Völkerrecht. Außerdem bearbeitet er hier das Scheinargument mit dem Nachbar, der einen überfällt. Im dritten Kapitel führt er diese beiden Fäden zusammen und begründet, warum er niemals für sein Land kämpfen würde. Hier erwähnt er die Freiheit, die er nicht verteidigen muss, weil sich unter einer anderen Herrschaft nicht viel für ihn ändern würde, und die Demokratie, die nicht das leistet, was sie verspricht, sowie die Gemeinschaft, die nicht für alle da und außerdem ungerecht ist.
Das Gute sollte zuerst genannt werden: Nymoen fasst die Probleme, die Krieg mit sich bringt (Wettrüsten und keine höhere Strafinstanz für verbrecherische Staaten) ganz gut zusammen. Ich teile seine Meinung zur Wehrpflicht. Meines Erachtens ist es richtig, dass diese ausgesetzt wurde, weil es ziemlich unverschämt ist, jedem jungen Menschen in Deutschland ein Jahr seiner Lebenszeit für etwas zu nehmen, was er nicht machen will; sei es der Dienst an der Waffe oder in etwas Sozialem. Wer weder das eine noch das andere machen wollte, fand damals Mittel und Wege, sich ausmustern zu lassen (und wird es in Zukunft auch noch). Jeder, der sich für einen dieser zwei von sehr vielen möglichen Lebenswegen entscheidet, sollte dies aus freiem Willen tun und nicht, weil es vom Staat diktiert wird. Viele Menschen wählen den Dienst bewusst – entscheidend ist die freie Wahl.
Weiterhin vertritt Nymoen implizit eine sehr lebensbejahende Haltung, weil er das Leben als höchsten Wert über alles andere, etwa einen Staat, stellt. Liest man sein Buch aus dieser Warte, ist das durchaus stimmig.
Der ganze Rest des Buches jedoch scheitert bei genauerer Betrachtung. Erstens, weil es einer historischen Betrachtung nicht standhält: Wie bereits in meinem ersten Artikel erwähnt, mussten Demokratien sich immer zur Wehr setzen. Demokratien leben weiterhin davon, dass ihre Bürger sich auch einbringen und mitmachen. Der derzeitige Ukraine-Konflikt zwingt uns, Stellung zu nehmen. Da die Antwort auf die Frage, ob man den Gestaltungrahmen, den die Demokratie uns bietet, um Inklusion überhaupt erst möglich zu machen, einfach nur Ja lauten kann, ist es fatal, sich einfach von vornherein dem Egoismus hinzugeben. Ja, es ist unheimlich, dass Staaten keine übergeordnete Instanz haben und deshalb jeder Staat eine Eigenverantwortung trägt, wenn es zu einem Krieg kommt. Ungefähr genauso unheimlich wie die Tatsache, dass wir als Bürger auch etwas tun müssen, um unsere Gesellschaft zu verbessern.
Zweitens sieht man durch dieses Buch erst, wie wichtig der ethische Wert Freiheit überhaupt ist. Wir kontrastieren einfach einmal Deutschland mit Russland. In Russland ist der
Ukraine-Krieg kein Krieg, sondern eine militärische Spezialoperation; wer dort das böse K-Wort in den Mund nimmt, wird verhaftet. Religionen, die sich für Pazifismus aussprechen
(wie die Zeugen Jehovas), sind verboten.
Drittens möge man auch die Industrie bedenken: Russland hat die Kriegsindustrie auf Hochtouren laufen und bietet sehr viele Anreize, sich als Soldat für die Armee zu
verpflichten: Sei es der Sold, der Schuldenerlass oder ein möglicher Erlass bei begangenen Straftaten, ich bin mir ziemlich sicher, dass jemand, dem es nicht so gut geht wie uns in
Deutschland, dafür mit Freuden in die Armee eintreten würde.
2 Nymoen bei Bosetti – Wankende Argumente
Die Schrift ist laut Platon nur ein Trugbild der Weisheit, schauen wir uns doch an, wie Nymoen sich in einer Diskussion schlägt. Er war bei BOSETTI LATENIGHT zusammen mit
Marina Weisband eingeladen. Weisband, ihres Zeichens ukrainisch-deutsch mit jüdischer Abstammung, diskutierte mit Nymoen über seine Ansichten und den Ukraine-Krieg.
Nymoen sagt selbst, dass die ganze Argumentation seines Buches versagt, wenn es ein Vernichtungskrieg ist. Gleichzeitig behauptet er, Putin habe dies faktisch nicht vor. Kurzum:
Wir haben es hier mit a) historischer Unwissenheit sowie b) Arglosigkeit, wie ich sie in meiner Buch-Analyse aufgezeigt habe, zu tun.
a) Mit dem Begriff Vernichtungskrieg selbst angefangen: Hier windet sich Nymoen heraus, weil er der historischen Definition folgt, die die Methoden von NS-Deutschland beschreibt.
Blicken wir aber auf den kleinsten gemeinsamen Nenner der Völker, nämlich das Völkerrecht, so fasst der Begriff Aggression, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Genozid zusammen.
Fakten zeigen jedoch: Russland hat seit Kriegsbeginn über 10.000 Zivilisten in der Ukraine getötet, was das moralische Gleichgewicht klar verschiebt. Ukrainische Kinder wurden nach Russland verschleppt, woraufhin der Internationale Strafgerichtshof gegen Putin Haftbefehl erlassen hat. In den besetzten Ukraine-Gebieten wird alles russifiziert, was Historiker als kulturelle Auslöschung werten. Russland foltert und tötet, wer ihnen nicht ins Bild passt.
Schließlich noch Timothy Snyder, seines Zeichens Historiker, der offen von einem Vernichtungskrieg gegen die ukrainische Nation spricht. Werfen wir einen Blick darauf, wie es 2014 gelaufen ist und was Weisband angesprochen hat: Putin wollte die Krim annektieren und hat es geschafft, aber Russland setzt seine aggressive Politik unbeirrt fort. Was passiert wohl, sobald er sie hat? Wird er dann aufhören? Ein Blick auf die in Russland boomende Kriegsindustrie lässt nur einen Schluss zu: Nein.
b) Wer den Film „Der große Diktator“ von Charlie Chaplin von 1940 nicht kennt: Chaplin hat sich da über Adolf Hitler lustig gemacht. In seiner Biografie schrieb Chaplin später, hätte er von den Gräueltaten gewusst, hätte er diesen Film nie gedreht. Worauf ich damit hinaus will: So wie die Menschen der 1930er und 1940er nichts über die wahren Absichten von
Nazi-Deutschland wussten, so können auch wir erst im Nachhinein erfahren, was Russland in Wahrheit möchte. Nein, Russland hat keine Konzentrationslager und auch keine Gulags, aber dafür Strafkolonien, wo politisch unliebsame Gegner und religiöse Minderheiten laut Amnesty International willkürlich eingesperrt werden. Und wer ein greifbares Beispiel für politische Repression haben möchte, sollte einmal nach Alexei Nawalny suchen.
Zweitens betrachtet Nymoen das Individuum und den Staat als voneinander losgelöst und nicht als eine Einheit. Dies verschleiert das eigentliche Problem, welches wir Menschen im
21. Jahrhundert haben: Dieses Pochen auf Freiheit, alles zu tun, und den damit verbundenen Egoismus sowie die Ablehnung von Verantwortung. Wir beschweren uns alle über die
Unfähigkeit unseres Staates, aber vergessen dabei: Jeder, der Teil eines Staates ist, trägt auch einen Teil der Verantwortung, was dieser Staat tut und hat auch die Macht, diesen Staat mitzugestalten. In einer Demokratie ist dieser Gestaltungsrahmen größer als in einer Diktatur, um das umzusetzen, was Nymoen mit seinem Podcast wohl verfolgt: Wohlstand für Alle.
3 Precht im Nebel des Krieges
Kommen wir damit auf Richard David Precht zu sprechen, der wohl bekannteste Philosoph Deutschlands. Herr Precht mag sich gut in seinem Fach auskennen und er mag gut mit
Fachbegriffen hantieren können, jedoch zeigt die im MoW 5 zitierte Stelle, dass er die Situation schlichtweg nicht erkannt hat oder nicht erkennen will.
Kurz gesagt: Gesellschaftliche Prozesse sind langsam. Putin ist an einem Punkt angekommen, wo er schlichtweg mit Krieg weitermachen muss. Wie im vorherigen Abschnitt
erläutert, hätte ein ukrainischer Rückzug katastrophale geopolitische und humanitäre Folgen. Es würde weiterhin international ein Zeichen setzen, dass sich Aggressivität lohne.
Man möge nun bedenken, dass wir zwischen der Ukraine und Deutschland Polen haben, die, genauso wie Lettland, sich für den Verteidigungsfall vorbereiten und Schülern den Umgang mit Waffen lernen. Mit Blick auf das derzeitige Geschehen in der Ukraine ist dies das Gebot der Stunde und keineswegs ein Bärendienst, wie Weis es behauptet.
Speziell wenn man den Ukraine-Konflikt nur minimal verfolgt, lässt sich von Februar 2025 bis heute folgendes Muster erkennen: Die USA will Friedensverhandlungen zwischen beiden Ländern. Russland stellt Maximalforderungen (Abtritt von ukrainischem Land; kein Beitritt der Ukraine in EU und NATO, begrenzte Militärmacht). Die Ukraine möchte eine dreißigtägige Waffenruhe, um einen guten Kompromiss für beide Seiten auszuhandeln. Russland knüpft die Waffenruhe stets an die Maximalforderungen und greift weiter an, selbst bei einseitig verkündeten Waffenruhen wie der Mai-Feier, wo Russland erneut die Ukraine angriff.
4 Haltung statt Zaudern – Eine Frage der Verantwortung
Meines Erachtens haben weder Nymoen noch Precht die echte Gefahr erkannt. Mehr noch, sie fördern die Unschlüssigkeit in Deutschland, wie man denn jetzt zur Ukraine stehen soll, was Weis auch noch unterstützt, indem er die beiden bewirbt. Ich wiederhole es deshalb noch einmal: Die Staaten unserer Erde haben sich auf Gesetzestexte wie die UN-Charta, das Völkerrecht, die UN-BRK und weitere Dokumente wenigstens verständigt. Es liegt mit diesen Gesetzestexten zumindest ein Minimalkonsens vor; ein Konsens gegen den Russland mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine verstoßen hat. Dabei sind tatsächliche oder behauptete Korruptionsprobleme in der Ukraine irrelevant.
Anstatt zu verhandeln und eine friedliche Lösung zu finden, hat Russland sich nach und nach ukrainische Gebiete einverleibt, die Kriegsindustrie hochgefahren und gedenkt nicht daran, aufzuhören und den diplomatischen Weg zu gehen.
Ist es da verständlich, einen Hass auf Russland zu entwickeln? Verfolgt man die aktuellen Nachrichten mit den atomaren Androhungen der russischen Regierung, revisionistischen
Geschichtsbüchern, die das Baltikum und die Ukraine ausradieren, sowie diesen frechen Pufferzonen-Vorschlägen, die sich auf die gesamte Ukraine erstrecken, sage ich nur: Ja, es
ist verständlich.
Soll man Russland trotzdem einen diplomatischen Ausweg gewähren? Egal, wie sehr man auch einen Groll auf dieses Land entwickeln kann, die Welt ist auf die Ressourcen von
Russland angewiesen und die Menschen dort wollen auch leben. Die Tür für Diplomatie muss nach wie vor offen bleiben. Gleichzeitig müssen wir uns der Realität stellen: Solange
kein ernsthafter diplomatischer Dialog zwischen Russland und der Ukraine möglich ist, muss sich die Ukraine verteidigen und Russland den Krieg verleiden. Dabei die Hände in den
Schoss zu legen und zu zaudern, hilft nur dem Aggressor.
Uns so schnell wie möglich verteidigungsbereit (nicht kriegstüchtig!) zu machen und der Ukraine beizustehen, ist kein Bärendienst, sondern gebotene Verantwortung. Wer den
Frieden will, muss den Krieg verstehen – und sich der politischen wie historischen Realität stellen. Die MoW-Kolumnen 4–6 tun dies nicht. Damit gefährden sie letztlich genau das, was sie bewahren möchten: den Frieden. Ohne Frieden sind Teilhabe, Barrierefreiheit und Rechte ohnmächtig. Wer den Schutz der Schwächsten wirklich will, muss auch bereit sein, sie vor Gewalt zu verteidigen. Wenn Frieden herrscht, können wir die UN-BRK einfacher und wirkungsvoller umsetzen: In Deutschland, in der Ukraine und auch in Russland.
Deshalb zitiere ich zum Ende dieses Artikels einen Master of Peace, nämlich Charlie Chaplin. Die Rede kommt aus dem Film Der große Diktator, aber im Gesamtkontext mit dem
Ukraine-Krieg und der deutschen Zauder-Haltung hat sie nichts von ihrer Wirkung verloren. Dieser Film sowie Chaplins Rede sollten Pflichtlektüre an allen deutschen Schulen werden. Ich zitiere folgende Auszüge:
„Wir sprechen zu viel und fühlen zu wenig. […]. Allen denen, die mich jetzt hören, rufe ich zu: Ihr dürft nicht verzagen! Auch das bittere Leid, das über uns gekommen ist, ist vergänglich! Die Männer, die heute die Menschlichkeit mit Füßen treten, werden nicht immer da sein, ihre Grausamkeit stirbt mit ihnen und auch ihr Hass! Die Freiheit, die sie den Menschen genommen haben, wird ihnen dann zurückgegeben werden. Auch wenn es Blut und Tränen kostet, für die Freiheit ist kein Opfer zu groß! […]Bewahrt euch die Menschlichkeit in euren Herzen und hasst nicht! […] Lasst uns kämpfen für eine neue Welt, für eine anständige Welt!
Die jedermann gleiche Chancen gibt, die der Jugend eine Zukunft und den Alten Sicherheit gewährt. […] Lasst uns kämpfen für die Freiheit in der Welt! Das ist ein Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnt. Nieder mit der Unterdrückung, dem Hass und der Intoleranz! Lasst uns kämpfen für eine Welt der Sauberkeit, in der die Vernunft siegt, in der Fortschritt und
Wissenschaft uns allen zum Segen gereichen. Kameraden! Im Namen der Demokratie! Dafür lasst uns streiten!“
Die ganze Chaplin-Rede ist hier zu hören: https://www.youtube.com/watch?v=xY9_rA2RSsE
Die Artikel, auf die ich Bezug nehme:
Weis, H.-W. (2025): Den Masters of War widersprochen. Number Four. https://kobinet-nachrichten.org/2025/03/24/den-masters-of-war-widersprochen-number-four/ (02.06.2025).
Weis, H.-W. (2025): Den Masters of War widersprochen. Number Five. https://kobinet-nachrichten.org/2025/03/26/den-masters-of-war-widersprochen-number-five/ (02.06.2025).
Weis, H.-W. (2025): Den Masters of War widersprochen Number Six. https://kobinet-nachrichten.org/2025/03/28/den-masters-of-war-widersprochen-number-six/ (02.06.2025).
Verwendete Literatur:
BOSETTI LATENIGHT: STELL DIR VOR, ES IST KRIEG… https://www.youtube.com/watch?v=Ipg-0KUmgRo
Berliner Zeitung (2023): UN-Ermittler: Verschleppung ukrainischer Kinder ist Kriegsverbrechen. https://www.berliner-zeitung.de/news/verschleppung-ukrainischer-kinder-ist-kriegsverbrechen-un-ermittlungen-gegen-russland-li.328434 (03.06.2025).
FAZ (2023): Russlant hat in der Ukraine mehr als 10.000 Zivilisten getötet.
https://www.faz.net/aktuell/politik/ukraine/russland-hat-laut-un-mehr-als-10-000-zivilisten-getoetet-19395749.html (03.06.2025).
Nymoen, O. (2025): Warum ich nie für mein Vaterland kämpfen würde: Gegen die Kriegstüchtigkeit. Rowohlt Taschenbuch.
RedaktionsNetzwerk Deutschland (2022): Bomben auf Kirchen, Denkmäler und Museen: Russland löscht die ukrainische Kultur aus.
https://www.rnd.de/politik/ausloeschung-der-ukrainischen-kultur-russland-hat-bisher-183-kulturelle-staetten-beschaedigt-oder-HO7UZD63QRDJJL2YUM56G5FQOQ.html (03.06.2025).
Russlands Todesökonomie: https://www.welt.de/wirtschaft/plus253616832/Russlands-Todesoekonomie-Der-Tod-des-Mannes-ist-zur-effizientesten-Vorsorge-fuer-eine-Familie-geworden.html
Spiegel (2023): Russland setzt die Auslöschung historischer Erinnerung als Waffe ein. https://www.spiegel.de/geschichte/ukraine-krieg-russland-setzt-die-ausloeschung-historischer-erinnerungen-als-waffe-ein-a-8a09e8aa-3b21-4c35-a470-4676a3e64648 (03.06.2025).
Tagesschau (2025): Lettland und die russische Bedrohung. https://www.tagesschau.de/ausland/europa/lettland-russland-verteidigung-100.html (03.06.2025).
Weisband, M. (2025): Alleingelassen. https://www.juedische-allgemeine.de/politik/alleingelassen/ (03.06.2025).
Lieber S. Riedl,
noch einmal: Eine Gegenargumentation zu den Inhaltspunkten Ihrer Pro-Argumente finden Sie vor allem in den letzten Absätzen meines zweiten Essays in der kobinet-Literaturbeilage IV.
Dass ich Ihre Proargumente hier an dieser Stelle nicht widerlege, wie Sie es gerne hätten, liegt nicht an einer mir „unangenehmen Wahrheit“. Sondern an meinen und meiner Blindenhelferin und Alttagsbegleiterin Lebens-und Arbeitsbedingungen. Gewaltverursachte Umstände, wie Sie sie hoffentlich nie werden erleben müssen und über die ich an anderer Stelle geschrieben habe.
Hans-Willi Weis
…“aber egal, wie schlimm es aussehen mag,“
Bei dieser Aussage läuft es mir eiskalt über den Rücken, mein Gott, wo endet das? Gibt es da keine Grenzen?? Beispielsweise in Gaza?
Silvia Hauser
Antwort auf Stephan Riedl
Welches Risiko möchte ich eingehen, das eines bellizistischen Gemetzels
(bis zur Selbstvernichtung) oder das der pazifistischen Selbstaufgabe?
Ich bezweifle, dass ich alles das, wie Riedl behauptet, „übersehe“, was er an Gründen für bewaffnete Verteidigung und militärische Aufrüstung in seiner eingehenden Replik anführt.
Sind es doch eben diese Pro-Argumente, gegen die ich in meinen „Masters of War“ Number 2-9
sowie in meinen beiden Essays in den kobinet-Literaturbeilagen 3 und 4 argumentiere. Gegenargumente, die ich hier nicht wiederholen möchte, weil sie dort für alle nachlesbar sind.
Aufgreifen möchte ich jedoch, Riedls bereits in seiner ersten Replik geäußerten Vorwurf, meine Argumentation laufe auf eine „pazifistische Selbstaufgabe“ hinaus. Was, das gebe ich zu, von einer bellizistischen Position aus durchaus so gesehen werden kann. Und diese argumentative Zuspitzung (pazifistische Selbstaufgabe) aufnehmend, bin ich sogleich zu meiner eigenen, gewissermaßen gegenargumentativ vervollständigenden Zuspitzung gelangt. Die wiederum die Brisanz der Problematik, nämlich das, was tatsächlich auf dem Spiel steht, prägnant und in aller Schärfe zum Ausdruck bringt. – Vor die Wahl gestellt, mich zu entscheiden, ziehe ich dem meines Erachtens nicht zu verantwortenden Risiko einer (ich spitze zu) bellizistischen Selbstvernichtung (menschlichen Lebens und menschlicher Zivilisation infolge nuklearer Eskalation) den wenn auch nur mit Schmerz zu entrichtenden Preis der pazifistischen Selbstaufgabe (im Sinne der Verweigerung bewaffneten Widerstands, militärischer Verteidigung gegen einen Aggressor) vor.
Warum ziehe ich „pazifistische Selbstaufgabe“ dem Risiko bellizistischer Selbstvernichtung (oder sei es auch „nur“ eines kriegerischen Gemetzels, das mit der Selbsterschöpfung beider Gegner endet) vor? Im Fall bellizistischer Selbstvernichtung sind am Ende alle tot, während im Fall pazifistischer Selbstaufgabe den militärisch Besiegten bzw. Unterworfenen immerhin ein Überleben unter noch so unerfreulichen Bedingungen (etwa einer autokratischen Herrschaft, die die Freiheit unterdrückt) bleibt. Ein Überleben, das wie auch immer minimale Handlungsspielräume lässt für mutigen sozialen bzw. zivilen Widerstand.
Zu meiner Einschätzung der Möglichkeiten sozialen oder zivilgesellschaftlichen Widerstands anstelle bewaffneter bzw. militärischer Verteidigung (und ihrer wahrscheinlich weitaus höherer Opferzahlen), vergleiche meine Ausführung im Schlusskapitel des 2. Essays der Literaturbeilage 4.
Meiner Gegenüberstellung „bellizistische Selbstvernichtung“ versus „pazifistische Selbstaufgabe“ Pate gestanden hat die berühmte „Pascalsche Wette“. Auf die übrigens auch der Militärexperte und Bellizist Carlo Masala Bezug genommen hat (in einer Diskussion mit dem Soziologen Hartmut Rosa auf Spiegel TV Streitgespräch). Die Wette des Philosophen Blaise Pascal geht so: Wer an Gott und ein ewiges Leben glaubt, hat gegenüber Ungläubigen den Vorteil, dass er bei der Wette auf ein zukünftiges ewiges Leben nicht verlieren kann, aber sehr wohl unendlich viel zu gewinnen hat. Ungläubigen hingegen, die darauf wetten, dass es kein Leben nach dem Tod gibt, haben, wenn sich ihre Annahme als falsch herausstellt, das Nachsehen, dass sie hinieden ein trostloses Leben führen, ohne die Aussicht auf ein ewiges Leben. – Carlo Masala wendet die Pascalsche Wette auf den potentiellen Verteidigungsfall an. Nur wer bewaffnet und militärisch gerüstet ist, kann einem möglichen Angriff widerstehen und hat somit die Wette gewonnen. Verlieren kann er nichts, falls der Angriff ausbleibt (von Verteidigungskosten abgesehen). Die pazifistischen Kriegsverweigerer verlieren im Angriffsfalle alles (Freiheit, das Leben womöglich).
Mein Einwand: Dass alle verlieren, wenn Krieg in nukleare Eskalation und Selbstauslöschung mündet, über diese Möglichkeit mogelt sich Masala hinweg, indem er auf ein in diesem Fall halsbrecherisches Prinzip Hoffnung setzt. Da ist mir meine Version der Pascalschen Wette (lieber pazifistische Selbstaufgabe als bellizistisches Selbstvernichtungsrisiko) ein entscheidendes Stück geheurer.
(Zur auch heute wieder unterschätzten Gefahr nuklearer Eskalation und atomarer Selbstauslöschung siehe das Gespräch mit dem „pragmatischen Pazifisten“ Olaf Müller in der Deutschlandfunk-App „Der neue Westen“ Folge 4.)
P.S. Die filmdramaturgisch noch so bezwingende Pathos-Rede am Ende von Chaplins „Großem Diktator“ kann nicht ohne den dazwischengeschalteten Verständnisfilter der Hermeneutik und historisch-kritischen Interpretation für eine unmittelbare, sich scheinbar von selbst verstehende politische Nutzanwendung im Hier und Heute in Anschlag gebracht werden. – Zum anderen möchte ich Riedl vor seiner eigenen Rede von „berechtigtem Hass auf“ warnen. Gefühle von gerechtem Zorn okay, Hass dagegen scheint mir in allen Varianten destruktiv und wir sollten ihn bei uns selber als ein Alarmsignal betrachten, das selbsttherapeutische Affektbearbeitung verlangt, statt dass wir uns zu seiner politischen Bewirtschaftung hinreißen lassen.
Gruß von Hans-Willi Weis
Guten Tag Willi Weis auf jeden Fall gab es doch eine Reaktion auf ihre Kolumnen auf die nun wieder sie reagieren können. Und damit werden wir Zeuge von dem was wir alle dringend benötigen einen sachlichen Fakten orientierten und wie ich finde intellektuell auch sehr herausfordernden Diskurs. Beide Protagonisten möchte ich dafür sehr danken
Grüße von Martin Theben
Hallo Herr Theben,
Danke für Ihr Lob.
Hallo Herr Weis,
schön von Ihnen zu hören. Gut, dass Sie sich der Pro-Argumente bewusst sind: Wieso haben Sie sie dann nicht entkräftet? Vielleicht, weil die Wahrheit, dass wir für den Frieden etwas tun müssen, unbequem ist?
Betrachten wir die Chaplin-Rede mit modernen Ansätzen wie der Reader-Response-Theory, dann sagt Chaplin es einfach so, wie es ist: Für den Frieden muss etwas getan und es müssen Opfer gebracht werden. Es wird Leid geben, aber egal, wie schlimm es aussehen mag, es gibt Hoffnung auf eine bessere Welt.
Für die Thematik Krieg und Frieden passt der Melier-Dialog wesentlich besser als Pascals Wetteinsatz. Der wird übrigens noch bald kommen, denn Ihre anderen MoWs sind auch noch dran. Freuen Sie sich, sie bekommen nun den Dialog, den Sie haben wollten.
…“aber egal, wie schlimm es aussehen mag,“
Bei dieser Aussage läuft es mir eiskalt über den Rücken, mein Gott, wo endet das? Gibt es da keine Grenzen?? Beispielsweise in Gaza?
Silvia Hauser