Menu Close

Scharfe Kritik an Sparforderungen für die Eingliederungshilfe von Friedrich Merz

Friedrich Merz
Friedrich Merz
Foto: Friedrich Merz/Tobias Koch

Berlin (kobinet) Bundeskanzler Friedrich Merz will nach Medieninformationen offensichtlich an den Leistungen für Menschen mit Behinderung sparen. Auf dem Kommunalkongress des Deutschen Städte- und Gemeindebundes in Berlin sagte er nach Informationen der Bundesvereinigung Lebenshilfe, dass jährliche Steigerungsraten von bis zu zehn Prozent bei der Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe nicht länger akzeptabel seien. Ulla Schmidt, die Bundesvorsitzende der Lebenshilfe, reagierte darauf mit aller Schärfe: "Mit dieser pauschalen Aussage unterstellt der Kanzler, dass Menschen mit Behinderung und ihre Familien sowie Kinder und Jugendliche zu Unrecht Leistungen beziehen und zu viel Geld kosten. Das ist ungeheuerlich! Menschen mit Behinderung erhalten ausschließlich bedarfsgerechte Unterstützung, damit sie am gesellschaftlichen Leben gleichberechtigt teilhaben können. Das wird ihnen schon im Grundgesetz garantiert, wo es heißt: Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Wer denkt, Menschen mit Behinderung machen sich ein schönes Leben auf Kosten des Staates, der irrt gewaltig." Auch von Corinna Rüffer von den Grünen und der LIGA Selbstvertretung hagelte es Kritik an den Äußerungen des Bundeskanzlers.

Die Steigerungen seien vielmehr auf die allgemeine Kosten- sowie die Tariflohnentwicklung zurückzuführen. „Außerdem nehmen die Fallzahlen in der Eingliederungshilfe zu. Das ist eine Folge des demografischen Wandels und des medizinischen Fortschritts, der die Lebenserwartung auch von Menschen mit Behinderung erhöht. All das scheint Friedrich Merz nicht bedacht zu haben. Als Lebenshilfe sagen wir klipp und klar: An den Schwächsten der Gesellschaft darf auf keinen Fall gespart werden. Vielmehr braucht es Investitionen in eine barrierefreie und inklusive Gesellschaft“, teilte Ulla Schmidt in einer Presseinformation mit.

Link zum Bericht „Nicht länger akzeptabel“ – Merz kündigt „umfassende“ Überprüfung von Fördermitteln an in der WELT vom 3.6.2025

Zum Vorstoß von Bundeskanzler Friedrich Merz, die Eingliederungshilfe auf den Prüfstand zu stellen, hat sich auch Corinna Rüffer, Sprecherin für Behindertenpolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet: „Friedrich Merz hat geliefert – aber nicht, was Menschen wirklich brauchen. Statt endlich die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu stärken, erklärt er den Sozialstaat zur Belastung. Das ist zynisch und gefährlich. Wenn der Kanzler den Sozialbereich zur ‚Kostenlawine‘ erklärt, meint er Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind. Er stellt Grundrechte zur Disposition, unter dem Deckmantel von Effizienz. Die Eingliederungshilfe ist kein Luxus. Sie ist Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben. Wer hier den Rotstift ansetzt, sägt an der Menschenwürde. Was Merz jetzt fordert, ist kein Kassensturz. Es ist ein Kurssturz. Zurück in die Vergangenheit. Zurück zur Verwaltung von Behinderung. Zurück zur Aussonderung. Diesen Weg gehen wir nicht mit und ich erwarte vom Koalitionspartner SPD und insbesondere von Arbeitsministerin Bärbel Bas, sich dem ebenfalls entschieden entgegenzustellen! betonte Corinna Rüffer mittels einer Presseerklärung.

Menschen mit Behinderungen dürften nach Ansicht von Corinna Rüffer nicht erneut zu Objekten behördlicher Steuerung gemacht werden. „Wir kämpfen dafür, dass sie ihre Rechte leben können, sei es auf Arbeit, beim Wohnen, in der Bildung, und in Hinblick auf umfängliche Teilhabe. Ohne Wenn und Aber. Deutschland hat die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert. Das verpflichtet. Wer wie Merz Sozialabbau fordert, soll das offen sagen. Aber er soll sich nicht hinter Haushaltszahlen verstecken“, stellte Corinna Rüffer klar.

Auch vonseiten der LIGA Selbstvertretung hagelte es Kritik an den Äußerungen des Bundeskanzlers. Der Kanzler solle sich an die Seite der Menschen mit Behinderungen stellen und nicht die zunehmende Hetze gegen diese als Kostenfaktoren durch solche Äußerungen untermauern. Solidarität statt Schuldzuweisungen an sozial benachteiligte Menschen seien nötig und des Kanzlers würdiger als derartige Äußerungen, die die Selbstbestimmung behinderter Menschen gefährden.

Lesermeinungen

Bitte beachten Sie unsere Regeln in der Netiquette, unsere Nutzungsbestimmungen und unsere Datenschutzhinweise.

Sie müssen angemeldet sein, um eine Lesermeinung verfassen zu können. Sie können sich mit einem bereits existierenden Disqus-, Facebook-, Google-, Twitter-, Microsoft- oder Youtube-Account schnell und einfach anmelden. Oder Sie registrieren sich bei uns, dazu können Sie folgende Anleitung lesen: Link
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Lesermeinungen
Neueste
Älteste
Inline Feedbacks
Alle Lesermeinungen ansehen
0
Wir würden gerne Ihre Meinung lesen, schreiben Sie einen Leserbrief!x