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„Den Masters of War widersprochen“ Number Seven. „Last Summer“

alte Schreibfeder liegt auf einem Brief
Worte statt Waffen
Foto: Momentmal In neuem Fenster öffnen via Pixabay In neuem Fenster öffnen

Staufen (kobinet) Was für ein "letzter Sommer"? Nicht der in Marienbad. Gemeint ist der bevorstehende Sommer, möglicherweise der letzte im Frieden. Laut Sönke Neitzel, Militärhistoriker mit geheimen Infos vom BND (Bundesnachrichtendienst). – Richtig spannend, könnte man sagen und sich entspannt zurücklehnen, ginge es um einen John le Carre Krimi aus der Zeit des Kalten Kriegs. Aber nein, es ist Ernst und dass es das bleibt, dafür sorgen nicht zuletzt militärwissenschaftliche Experten wie Neitzel und Carlo Masala. "Es gibt nur eine Lösung", sagt letzterer, "wir müssen uns wieder an Krieg gewöhnen." Ein Mann, ein Wort.

Wie verringern wir die „Nichtbereitschaft“ der Bevölkerung „zu einem hohen Blutzoll“?

Carlo Masalas einzige Lösung, die darin bestehen soll, dass wir uns wieder an Krieg gewöhnen, ist zugleich seine Antwort auf die ebenfalls von ihm gestellte Frage: Wie verringern wir in unserer Bevölkerung „die Nichtbereitschaft zu einem hohen Blutzoll“? Denn das geht doch wohl nicht an, nicht bereit sein zu einem hohen Blutzoll, so wird das ja nie was mit der Kriegstüchtigkeit. Krieg ist nun einmal blutig und eine Bevölkerung, der das nicht passt, mit der ist kein Kriegsstaat zu machen. Folglich muss etwas geschehen und zwar subito! Sonst wird auch dieser Sommer nicht der letzte sein, der letzte im Frieden und ohne einen hohen Blutzoll.

In „Den Masters of War widersprochen. Number Four„, wir erinnern uns, war von „der postheroischen Mentalität“ die Rede. Die ich, typisch Kriegsmuffel und Blutzoll-Verächter, als ein hohes und bewahrenswärtes zivilisatorisches Gut bezeichnet habe, das sich unsere Bevölkerung, solange ihr etwas am Leben und dem anderer liegt, um Himmels Willen nicht madig machen lassen darf. – Hören wir nun, was der militärische Blutzoll-Fachmann Carlo Masala von der postheroischen Einstellung hält, Zitat: „Für die Nichtbereitschaft zu einem hohen Blutzoll gibt es mehrere Erklärungsansätze. Der eine ist die Idee der postheroischen Gesellschaft. Geprägt ist diese Gesellschaft von langen Friedensperioden und Familien entwickelter Staaten, meist Demokratien, haben weniger Kinder als früher. Sie sind deshalb auch nicht mehr so schnell bereit, das Leben ihrer Söhne und Töchter, ihrer Väter und Mütter zu opfern. Die Vorstellung oder der Wunsch, einen Kriegshelden in der Familie zu haben, kann den damit verbundenen Verlust nicht mehr aufwiegen. Dadurch sinkt die Unterstützung für militärische Maßnahmen einer Regierung. Ich würde hinter diese Theorie ein großes Fragezeichen setzen. Logischer erscheint mir, dass Gesellschaften in vielen Fällen nicht mehr von der Notwendigkeit eines Krieges überzeugt sind. Und deshalb keinen hohen Blutzoll entrichten wollen.“

Der Knackpunkt für den Kriegsertüchtiger Masala liegt mithin in der Frage, wie er eine Bevölkerung wieder von „der Notwendigkeit des Kriegs“ überzeugt bekommt. Damit sie sich auch zum nötigen Blutzoll breitschlagen lässt. Nicht nur zum milliardenschweren Erfüllen beim Verteidigungs-Soll. Wenn es ernst wird – im Herbst, nachdem der letzte Friedenssommer vorüber sein wird – muss zusätzlich zu den Milliarden auch Blutzoll berappt werden. Darum ran an die Überzeugungsarbeit, dies ist das Geschäft des Militärexperten im heimatfrontlichen Dienst an den widerspenstigen Hirnen der trägen Bevölkerungsmassen, ihnen das heroische Mindset verpassen! Noch einmal Originalton Masala: „Krieg ist unter uns, Krieg ist mit uns. Alle Versuche ihn als Instrument der Auseinandersetzung in die Vergangenheit zu verbannen, sind zum Scheitern verurteilt … Kriege zu verstehen ist meines Erachtens genau so wichtig, wie Kriege als immer wiederkehrendes Kontinuum internationaler Politik zu akzeptieren. Daraus resultiert natürlich eine besondere Aufgabe für Politik und Wissenschaft, nämlich immer wieder darauf hinzuweisen, dass die Vorstellung einer von Krieg und Gewalt befreiten Welt eine Illusion ist.“

Mir scheint, Widerrede ist an dieser Stelle überflüssig. Die sich von den Worten dieses Masters of War überzeugen lassen – dem „gefragtesten Militärexperten im deutschen Sprachraum“ (so der Klappentext seines Buchs „Warum die Welt keinen Frieden findet“, dem alle Zitate entnommen sind) – denen ist vorerst auch mit Gegenrede nicht zu helfen. Möglicherweise müssen sie, ich wünsche es ihnen nicht, die von ihnen geforderte Blutzoll-Bereitschaft erst unter Beweis stellen, um hernach anders über die angeblich ewige Notwendigkeit von Kriegen zu denken. Falls sie nach dem bevorstehenden nachsommerlichen Waffengang und dessen Blutzoll dazu überhaupt noch Gelegenheit haben sollten.

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