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Filmneuerscheinung: WIR WOLLEN MEHR – Arbeit ohne Barrieren

Titelbild des Film: WIR WOLLEN MEHR - Arbeit ohne Barrieren
Titelbild des Film: WIR WOLLEN MEHR - Arbeit ohne Barrieren
Foto: ARD Mediathek

Berlin (kobinet) Passend zum 16. Jahrestag des Inkrafttretens der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland hat die ARD den knapp 55minütigen Dokumentation "WIR WOLLEN Mehr: Arbeit ohne Barrieren" in die Mediathek der ARD eingestellt. Unter folgendem Link kann der Film angeschaut werden: WIR WOLLEN MEHR – Arbeit ohne Barrieren: Wir wollen mehr - Arbeit ohne Barrieren - hier anschauen. Am 16. April 2025 wird der Dokumentarfilm um 22 Uhr im Hessischen Rundfunk ausgestrahlt. "Alma und Sam träumen als junge Menschen mit Behinderung von echter Arbeit und echter Teilhabe. Sie möchten jenseits von Werkstätten für Menschen mit Behinderung arbeiten – und kämpfen um Inklusion und Gleichberechtigung. Dirk und Petra kämpfen um angemessene Bezahlung und Sarah und Kazim für eine Reform der Werkstätten von innen. Sie alle kämpfen dafür, die Wahl zu haben", heißt es in der Ankündigung des Dokumentarfilms für den ausführlich recherchiert wurde.

In der ausführlichen Filmbeschreibung heißt es:

„Schon früh wusste Alma, dass sie in einem Kindergarten arbeiten möchte. Auch Sam wünscht sich einen ganz normalen Arbeitsplatz – in der Landwirtschaft, für die er seit seiner Kindheit schwärmt. Beide sind inklusiv aufgewachsen und müssen trotzdem darum kämpfen, dass ihr Weg nach der Schulzeit nicht wie der vieler anderer dauerhaft in eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung führt. WIR WOLLEN MEHR – Arbeit ohne Barrieren zeigt eine Gesellschaft, die 16 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention am 26. März 2009 Inklusion verspricht, aber Menschen mit Behinderung noch immer ausgrenzt. Sonderstrukturen, ausufernde Bürokratie und Vorurteile verhindern ihre gleichberechtigte Teilhabe an der Arbeitswelt. Der Film begleitet Menschen mit Behinderung bei dem Kampf um ihr Recht auf eine Arbeit, die sie frei wählen können und ihnen den Lebensunterhalt sichert. Als Pioniere suchen Alma und Sam nach neuen Wegen, um sich auch gegen Widerstände ihre Berufswünsche zu erfüllen: Obwohl es in Berlin für Menschen mit geistiger Behinderung keine passende Ausbildung für die Arbeit im Kindergarten gibt, wollen Alma und ihre Familie die Suche nicht aufgeben. Im Wetteraukreis in Hessen nimmt Sam nach der Schule an einem alternativen Bildungsangebot zur Werkstatt teil, an dessen Ende ein Arbeitsplatz mit einem richtigen Arbeitsvertrag stehen soll. Andere hinterfragen die bestehenden Strukturen und wollen nicht länger auf Veränderung warten: Während Dirk und Petra von außen um eine Reform der Werkstätten für Menschen mit Behinderung ringen, setzen sich in Bielefeld im Stadtteil Bethel die Werkstatträte Sarah und Kazim von innen für eine bessere Bezahlung der Beschäftigten ein. Sie alle wollen mehr: Mehr Teilhabe, mehr Geld und vor allem eine Wahl.“

Und weiter heißt es im Text zum Film: „WIR WOLLEN MEHR – Arbeit ohne Barrieren stellt als erzählte Recherche Fragen – und sucht nach Antworten. Die Autorin Mareike Müller nimmt die Zusehenden mit auf eine Reise, auf der sie Menschen kennenlernt, die in der Gesellschaft nicht sichtbar sind und gegen Barrieren kämpfen, um die viele nicht wissen. Hier reproduziert sich, wie es um die Inklusion in Deutschland steht: Wer nicht sichtbar ist, der wird auch nicht gehört. Es wird deutlich, welchen Wert Arbeit für unser Leben hat und warum Inklusion kein Thema nur für Menschen mit Behinderung bleiben darf, sondern in einer Demokratie eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein muss.“

Menschen aus dem Film

Alma ist 20 Jahre alt und lebt mit ihrer Familie in Berlin. Schon lange ist es ihr Traum, in einem Kindergarten zu arbeiten. Doch es gibt ein Problem: Seit ihrer Geburt begleitet Alma die Diagnose Trisomie 21 – und damit auch Vorstellungen von anderen darüber, wer sie ist und was sie kann. Viele sehen sie eher in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung, aber Alma will mehr: Sie wünscht sich ein Leben in der Mitte der Gesellschaft. Für eine sichere berufliche Perspektive im Kindergarten braucht die junge Frau eine abgeschlossene Ausbildung. Muss Alma ihren Traum aufgeben? Alma: „Sie würden so gerne, dass ich dort (im Kindergarten) bleibe und mehr helfe. Und hier
gibt es keins. Hier gibt es keine Kinder, nur Betten.“

Sam lebt mit seiner Familie in der Wetterau in Hessen. Aufgrund seiner Behinderung mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung hat Sam nach der Schule eine Empfehlung für die Arbeit in einer Werkstatt bekommen. Sam wünscht sich aber einen regulären Arbeitsplatz. Seit seiner Kindheit schwärmt er für Traktoren und Landwirtschaft. Ein neues Ausbildungsprogramm (abBi), das jungen Menschen mit Behinderung eine Alternative zur Werkstatt bieten will, ermöglicht ihm ein Praktikum auf einem Gemüsehof. Wird Sam dort überzeugen und einen Arbeitsvertrag unterschreiben? Sam: „Ich wollte schon immer in der Landwirtschaft arbeiten…von klein auf.“

Jan arbeitet in Bielefeld im Stadtteil Bethel in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung, in der Metall verarbeitet wird. Aufgrund seiner Epilepsie musste Jan zu Beginn seines Berufslebens zwei Ausbildungen abbrechen. Inzwischen arbeitet er seit über 30 Jahren in der Werkstatt, die auch zu seinem sozialen Mittelpunkt geworden ist. Die Pausen verbringt er am liebsten mit seinen Kollegen am Kickertisch. In der Werkstatt kennt Jan jeden Handgriff, einen Wechsel auf den allgemeinen Arbeitsmarkt kann er sich nach den vielen Jahren in der Werkstatt nicht mehr vorstellen. Jan: „Hier kenne ich jeden Handgriff. Also ich weiß, was ich tun muss, was zu tun ist. Mein zweites Zuhause kann man sagen.“

Sarah arbeitet in Bielefeld-Bethel in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung mit hohem Unterstützungsbedarf. Sarah träumte von einem Studium der Politikwissenschaft, aufgrund ihrer Behinderung wurde ihr aber von Beginn an wenig zugetraut. Sie hat dennoch für sich einen Weg gefunden, ihre Fähigkeiten sinnvoll einzubringen: Als Gesamtwerkstatträtin setzt Sarah sich für die Belange der Beschäftigten ein. Gemeinsam mit ihrem Stellvertreter Kazim kämpft sie vor allem für eine bessere Bezahlung in den Werkstätten. Sarah: „In einer Sonderschule haben sie mit zehn schon zu mir gesagt: Nee, Lesen und Schreiben, das lernst du nicht mehr. Und ich habe alles noch gelernt.

Dirk und Petra leben in Nordrhein-Westfalen. Sie sind seit der Schulzeit befreundet und arbeiteten ein paar Jahre gemeinsam in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Inzwischen kämpfen sie mit ihrer Initiative „uLPeDi“ – „Unser Leben Petra und Dirk“ – für Inklusion und eine Reform der Werkstätten. Dirk und Petra wollen eine laute Stimme für die Anliegen von Menschen mit Behinderung sein, die in Werkstätten arbeiten. Dabei bekommen sie die Hürden zu spüren, die Menschen mit Behinderung haben, sich selbst zu organisieren und in der Öffentlichkeit Gehör zu finden, um für ihre Rechte einzustehen. Dirk: „Als es zum Schulende kam, dann kam da einer vom Arbeitsamt und das Einzigste, was er mir vorgeschlagen hatte, war eine Werkstatt für geistig Behinderte.“ Petra: „Unser Ziel ist, dass mehr Gerechtigkeit kommt für Menschen mit Behinderung. Das ist in Werkstätten zu wenig, was man da verdient. Das ist ja bald ein Taschengeld.“

Link zum Film in der Mediathek der ARD

Lesermeinungen

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Ralph Milewski
28.03.2025 16:36

Wie kritisch kann ein Film sein, den Lebenshilfe und InkA zur eigenen Imagepflege nutzen?

Der Film „WIR WOLLEN MEHR – Arbeit ohne Barrieren“ wird öffentlich als kritischer Beitrag zum Thema Arbeit und Inklusion angekündigt. Doch die Reaktionen der beteiligten Träger werfen eine zentrale Frage auf: Wird hier wirklich Kritik geübt – oder nur das bestehende System affirmativ gespiegelt?

Auf der offiziellen Website von InkA Wetterau gGmbH heißt es am 26.03.2025:

 „Wir freuen uns sehr, dass in dem Film auch über den Weg unseres Klienten Sam, den wir nun seit 6 Jahren kontinuierlich auf seinem Weg ins Berufsleben begleiten, berichtet wird.“

„Sam konnte im Anschluss an die alternative berufliche Bildung (abBi) beim IB Südwest einen Arbeitsvertrag beim GEMÜSEHOF Theo Bloem unterschreiben.“

„Der Film zeigt zum einen den automatischen Weg in Werkstätten für Menschen mit Behinderung, zum anderen den Weg einer betriebsintegrierten Beschäftigung und Sam als positives Beispiel, wie eine inklusive Arbeitswelt aussehen kann.“

Das ist keine Kritik, sondern Bestätigung und Selbstdarstellung. Die sogenannte betrieblich integrierte Beschäftigung (BiB) wird als Inklusion dargestellt – obwohl sie de facto weiterhin eine rechtliche und wirtschaftliche Abhängigkeit von der Werkstattstruktur bedeutet. Dass Sam über Jahre begleitet werden musste, verweist nicht auf ein inklusives System, sondern auf dessen chronische Unzugänglichkeit.

Auch die Lebenshilfe Wetterau e.V. äußert sich in einer gleichlautenden Mitteilung vom selben Tag:

„Einblicke in die Arbeit unserer Tochtergesellschaft InkA Wetterau sind in dem Film […] zu sehen!“

„Der Film zeigt auf der einen Seite den automatischen Weg in Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Auf der anderen Seite wird der Weg einer betriebsintegrierten Beschäftigung aufgezeigt und anhand Sams positivem Beispiel gezeigt, wie eine inklusive Arbeitswelt aussehen kann.“

Wenn ein angeblich kritischer Film derart vorbehaltlos von Werkstattträgern beworben wird – nicht etwa als Anlass zur Reflexion, sondern als positives Schaufenster – dann ist das mehr als ein Detail. Es ist ein struktureller Hinweis: Dieser Film irritiert nicht. Er beruhigt. Er dient der Legitimierung eines Systems, das sich lediglich modernisiert, ohne sich grundlegend in Frage stellen zu müssen.

Wie kritisch kann ein Film sein, wenn gerade jene Institutionen, die er hinterfragen sollte, ihn unkritisch bewerben und zur Selbstdarstellung nutzen?

Diese Frage bleibt – wie so oft – unbeantwortet. Der Film lässt sie offen. Die Öffentlichkeitsarbeit drumherum beantwortet sie hingegen unfreiwillig deutlich.

Uwe Heineker
26.03.2025 13:41

Zitat: “  Die Autorin Mareike Müller nimmt die Zusehenden mit auf eine Reise, auf der sie Menschen kennenlernt, die in der Gesellschaft nicht sichtbar sind und gegen Barrieren kämpfen, um die viele nicht wissen. Hier reproduziert sich, wie es um die Inklusion in Deutschland steht: Wer nicht sichtbar ist, der wird auch nicht gehört. Es wird deutlich, welchen Wert Arbeit für unser Leben hat und warum Inklusion kein Thema nur für Menschen mit Behinderung bleiben darf, sondern in einer Demokratie eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein muss.“ “ Wie passt das den mit der geplanten Ausstrahlung am 16. April um erst 22 Uhr (!!!) zusammen?! Das ist ein Widerspruch in sich – eine breite Öffentlichkeit wird so nicht erreicht. darüber sollte mal der Hessische Rundfunk mal selbstkritisch nachdenken!

Uwe N.
Antwort auf  Uwe Heineker
27.03.2025 14:48

Passt insofern zusammen, als das man sich den Film auch auf der ARD Medithek anschauen kann….. Und das sogar rund um die Uhr.. 😉

Uwe Heineker
Antwort auf  Uwe N.
27.03.2025 20:32

und woher soll die breite Öffentlichkeit wissen bzw. erfahren, dass es diesen Film überhaupt gibt?! Zudem gibt es Menschen, die nicht mit der Mediathek umgehen können. Auch mal darüber nachgedacht?

Uwe N.
Antwort auf  Uwe Heineker
28.03.2025 08:04

Nun, es wird in den Sozialen Medien benannt, man kann in der entsprechenden App schauen, man die „original Mediathek“ durchforsten………
All dass ist ja möglich!!!
Wir dürfen nicht erwarten, das immer irgendjemand zu uns kommt und sagt „Da gibt es was…..“ ein bisschen eigeninitiative kann schon erbracht werden, denke ich. 😉