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Inklusion mit Lücken

Mehrere Paragraphenzeichen auf einem Blatt
Paragraphen zeigen, dass etwas geregelt wird
Foto: Pixabay/geralt

MÜNSTER (kobinet) Mit einer umfangreichen Recherche hat die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Selbsthilfe Nordrhein-Westfalen den aktuellen Stand der kommunalpolitischen Interessenvertretung von und für Menschen mit Behinderungen in Nordrhein-Westfalen ermittelt. Das Resultat dieser Untersuchung ist: Auch 16 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention gibt es deutliche Lücken im Bereich der politischen Teilhabemöglichkeiten.

Das betrifft vor allem viele kleinere Städte und Gemeinden, während größere Städte gut ausgebaute Strukturen mit Behindertenbeauftragten und/oder Inklusionsbeiräten vorweisen. Insgesamt fehlen diese in 41 Prozent der NRW-Kommunen, wie die weiter unten aufgeschlüsselten Daten belegen.

Relevant für die Erhebung waren ausschließlich Interessenvertretungen, die verbindlich eine behindertenpolitische Arbeit innerhalb der Kommunal- und Kreispolitik leisten oder diese aktiv unterstützen. Aus Sicht der LAG Selbsthilfe NRW trifft das aktuell zum einen auf kommunale Behindertenbeauftragte, wie auch auf Behinderten- und Inklusionsbeiräte zu. „Ohne solche Vertretungen werden die Interessen von Menschen mit Behinderungen nicht systematisch berücksichtigt“, sagt Geschäftsführerin Melanie Ahlke und führt dazu aus: „Die betroffenen Bürgerinnen und Bürger müssen sich selbst um ihre Belange kümmern, haben keine feste Anlaufstelle und kaum Möglichkeiten, das Leben vor Ort aktiv mitzugestalten.“ Bislang verfügen jedoch nur knapp 44 Prozent der NRW-Kommunen über eine / einen Behindertenbeauftragte/n, lediglich in 25 Prozent der Gemeinden, Städte und Kreise gibt es Behindertenbeiräte und nur 9,6 Prozent haben beides.

Ob Menschen mit Behinderungen in Nordrhein-Westfalen politisch mitbestimmen können, hängt somit nach wie vor stark von ihrem Wohnort ab. Während einige Kommunen über gut ausgebaute Interessenvertretungen verfügen, fehlen sie in anderen vollständig. Das führt zu ungleichen Beteiligungsmöglichkeiten. Ein zentraler Faktor für das Vorhandensein von Interessenvertretungen ist dabei die Größe der Kommune – aber nicht nur: Ob es Behindertenbeauftragte oder Beiräte gibt, hängt in der Praxis von verschiedenen Faktoren ab, etwa den lokalen Prioritäten, dem politischen Willen, den verfügbaren Ressourcen und dem Engagement von Selbsthilfegruppen sowie Einzelpersonen. Dass 38 Prozent der kreisangehörigen Gemeinden und Städte in NRW trotz knapper Mittel eine Form der Interessenvertretung eingerichtet haben, zeigt im Übrigen, dass eine aktive Beteiligungskultur nicht zwingend an finanzielle oder personelle Ressourcen gebunden ist.

Damit politische Teilhabe nicht vom Zufall abhängt, sollten daher alle Städte und Gemeinden eine verbindliche Form der Interessenvertretung für Menschen mit Behinderungen bieten. Insbesondere kleinere Kommunen benötigen hierfür gezielte und praxisnahe Unterstützungsangebote wie beispielsweise Schulungen und Sensibilisierungsmaßnahmen für die Verwaltung und Politik, Beratungsangebote und Prozessbegleitungen, moderierte Austausch- und Vernetzungsmöglichkeiten mit anderen Kreisen, Städten und Gemeinden, Hilfestellungen beim Verfassen entsprechender Satzungen sowie Best-Practice-Beispiele zur erfolgreichen Einrichtung von Interessenvertretungen. Um Ressourcen zu bündeln, sollten außerdem Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit erprobt und gefördert werden.

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