
Foto: Ralph Milewski
Fladungen (kobinet) Petition zur Finanzierung von Förderschulen – bestehende Kritik bleibt unbeantwortet Die Lebenshilfe Bayern fordert in einer aktuellen Petition an den Bayerischen Landtag eine dauerhafte und auskömmliche Finanzierung ihrer Förderschulen und Förderzentren mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Die Petition soll am Donnerstag, den 13. März 2025, im Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen des Bayerischen Landtags behandelt werden.
Wie Ottmar Miles-Paul bereits am 11. März 2025 in den kobinet-nachrichten berichtete, geht es der Lebenshilfe Bayern darum, die steigenden Kosten für Betrieb, Personal sowie notwendige Bau- und Sanierungsmaßnahmen zu decken. Fast die Hälfte der 40 Träger plant laut Verband umfangreiche Neu- oder Umbauten an den 45 Förderschulstandorten in Bayern. Begründet wird dies mit gesetzlichen Vorgaben aus dem Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz (BayEUG), wonach Schulgebäude einen einwandfreien Betrieb gewährleisten müssen.
Fortsetzung einer umstrittenen Praxis
Die Petition der Lebenshilfe Bayern steht in einer Reihe von Initiativen, mit denen der Verband in den letzten Jahren seine bestehenden Strukturen zu sichern versucht. Bereits am 20. Februar 2025 wurde in meinem Meinungsbeitrag in den kobinet-nachrichten unter dem Titel „Inklusion als Selbstbedienungsladen? Die Lebenshilfe Bayern und ihr fragwürdiges System“ auf diese Zusammenhänge hingewiesen.
Darin wurde beleuchtet, wie die Lebenshilfe Bayern enge Verbindungen zur bayerischen Politik unterhält und staatliche Fördergelder in Sondersysteme wie Werkstätten, Wohnheime und Förderschulen lenkt. Der Beitrag zeigte auf, dass ein erheblicher Teil der bayerischen Fördermittel in Einrichtungen der Lebenshilfe fließt, während alternative Modelle für inklusive Bildung und Arbeit im allgemeinen System weitgehend unterfinanziert bleiben.
Widerspruch zur UN-Behindertenrechtskonvention bleibt bestehen
Auch bei der aktuellen Petition wirft der dauerhafte Ausbau von Förderschulen grundsätzliche Fragen auf. Während die Lebenshilfe Bayern die Einrichtungen als notwendigen Beitrag zur schulischen Teilhabe beschreibt, verweisen Selbstvertretungsorganisationen und Inklusionsverbände weiterhin auf die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Diese fordert in Artikel 24 ein inklusives Bildungssystem, das allen Menschen mit Behinderungen gleichberechtigten Zugang zu einer allgemeinen Schule ermöglicht – ohne Aussonderung in Sondereinrichtungen.
Trotz dieser langjährigen Debatte setzt die Lebenshilfe Bayern weiterhin auf die Absicherung ihres Förderschulnetzes. In der Petition wird nicht auf den systemischen Widerspruch zwischen separierten Bildungswegen und der UN-BRK eingegangen.
Kritik: Ressourcen in alte Strukturen gesteckt
Selbstvertretungsorganisationen wie die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) weisen seit Jahren darauf hin, dass die Aufrechterhaltung von Förderschulsystemen mit den menschenrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands nicht vereinbar ist. Stattdessen müssten Unterstützungsangebote wie Schulbegleitung, multiprofessionelle Teams oder barrierefreie Schulgebäude im allgemeinen Bildungssystem etabliert werden.
Die aktuelle Petition der Lebenshilfe Bayern wird von Kritiker:innen deshalb als Signal verstanden, am bestehenden Förderschulsystem festhalten zu wollen – und nicht, wie es die UN-BRK verlangt, einen Systemwechsel einzuleiten.
Entscheidung im Landtag steht bevor
Ob der Bayerische Landtag die Forderungen der Lebenshilfe Bayern übernimmt, wird sich bei der Anhörung am 13. März 2025 im Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen zeigen. Für den Verband wird Landesgeschäftsführer Dr. Jürgen Auer die Petition vortragen. Weitere Informationen zur Petition sind auf der Website der Lebenshilfe Bayern abrufbar.
Die Debatte über die Zukunft der Förderschulen in Bayern dürfte damit erneut Fahrt aufnehmen. Kritiker:innen mahnen seit Jahren einen Paradigmenwechsel an – weg von separierenden Sondersystemen hin zu inklusiver Bildung für alle.
Dass besagte Kritik am Gebaren der „Lebenshilfe“ bislang unbeantwortet blieb, liegt einfach daran, dass zum einen diese Thematik weder auf der gesellschaftlichen noch politischen Tagesordnung stehen und somit diese Kritikpunkte der breiten Öffentlichkeit weiterhin unbekannt bleibt, als dass nun Aufschrei und Druck auf die Politik erfolgen kann.