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Der instrumentalisierte Flugzeugabsturz

Roland Frickenhaus
Roland Frickenhaus
Foto: Roland Frickenhaus

PLAU am See (kobinet) Erstaunlich, aber nicht verwunderlich, dass der amerikanische Präsident die Ursache des tragischen Flugzeugabsturzes vom 29. Januar in Washington DC, darin sieht, dass (unter anderem auch) die Bundesluftfahrtbehörde der Vereinigten Staaten bei der Rekrutierung ihres Personals auf Diversität, Gleichheit und Inklusion (DEI = Diversity, Equity, Inclusion) geachtet hat. Da man ja weiß, was da so alles aus dem Munde des besagten Präsidenten zu kommen imstande ist, wundert auch diese "Analyse" nicht wirklich.

Sie fügt sich ins Bild und sie zeigt, worum es im Kern geht: Machtmenschen mögen keine Vielfalt, weil sie keine Demokratie mögen. Der Kampf gegen Diversität, Gleichheit und Inklusion ist identisch mit dem Kampf gegen die Demokratie. Verschwinden Vielfalt, Gleichheit und Inklusion, verschwindet die Demokratie. Denn Diktatur geht nicht ohne Gleichschaltung und wer herrschen will, muss für Homogenität sorgen. Ein Volk, ein Reich und eine Meinung.

Dazu instrumentalisiert besagte Spezies leidenschaftlich gern schreckliche Ereignisse und Vorkommnisse und liefert dem verängstigten Bürger Erklärungen für diese Vorkommnisse, die auf Feindbilder zurückgreifen und dann schweben sie herein und präsentieren dem Wähler durch das überhöhte Herausstellen identitätsstiftender Merkmale gleich eine Art Gegengift. Das ‘33er Déjà-vu sozusagen. Alte Kamellen eigentlich.

Diktaturen und Diktatoren können nicht Fuß fassen, solange Vielfalt besteht. Ihr Ziel ist es, Vielfalt zurückzudrängen, indem sie sie als Gefahr darstellen. Die Bürger sollen sich bedroht fühlen und in ihnen soll der Wunsch nach Gleichheit, nach klaren Sätzen und einfachen Antworten entstehen. Verunsicherung und Angst wirken dabei wie Treibmittel. Wie man in anderen Menschen Ängste hervorrufen kann, ist auch bekannt: Da geht es unter anderem um Einschüchterung und Bedrohung, um (körperliche/ seelische) Gewalt, um das Verbreiten von Falschinformationen und Lügen (Fake News), um Bestechung und um Erpressung.

Wenn es tatsächlich zu einem „nie wieder“ kommen soll, dann geht dies nicht mit einem Kampf gegen rechts, sondern mit einem kompromisslosen Einsatz für den Erhalt, sowie den Auf- und Ausbau von Vielfalt. Die „Brandmauer“ besteht nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Regularien und Gesetzen, die Vielfalt garantieren und die dabei so verfasst sind, dass sie nicht ohne Weiteres wieder zurückzunehmen sind.

Es geht um das Implementieren und Kultivieren von Programmen zur Vielfalt und um das Definieren von Qualitätsparametern, an denen ihr aktueller Umsetzungsstand ablesbar ist. Und, es geht, natürlich, darum, Vielfalt als Bereicherung und nicht als Bedrohung zu verstehen. Vielfalt ist kein Hobby und kein Spleen irgendwelcher Phantasten. Sie ist auch nicht etwas, das man sich leistet. Sie ist vielmehr ein Merkmal demokratischer Gesellschaften.
So wundert es auch nicht, dass die Konzepte von Vielfalt/ Inklusion und Demokratie mehr miteinander zu tun haben, als man zunächst vermutet:

Eine gleichberechtigte Teilhabe
Vielfalt/ Inklusion und Demokratie streben nach der gleichberechtigten Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben. Eine lebendige Demokratie lebt davon, dass sich alle Bürger*innen einbringen und mitbestimmen können, unabhängig von ihren individuellen Voraussetzungen oder Fähigkeiten.

Den Schutz der Menschenrechte
Vielfalt/ Inklusion und Demokratie basieren auf der Anerkennung der Menschenwürde und der Gleichberechtigung aller Menschen. Sie zielen darauf ab, Diskriminierung abzubauen und die Rechte aller Individuen zu schützen.

Die Gleichheit
Beide Konzepte beziehen sich auf eine Vorstellung von Gleichheit. Bei dem demokratischen Konzept geht es darum, dass alle Bürger das Recht auf gleiche Beteiligung und Mitbestimmung, unabhängig von ihrem Hintergrund. haben. Und Inklusion zielt darauf ab, allen Menschen, insbesondere benachteiligten Gruppen, gleiche Chancen und Zugang zu ermöglichen.

Die Förderung von Empowerment
Beide Ansätze streben danach, Menschen zu befähigen, für ihre Interessen einzustehen und aktiv an der Gestaltung der Gesellschaft mitzuwirken. Dies stärkt das demokratische Fundament und fördert die inklusive Teilhabe

Die Rechtsstaatlichkeit
Demokratie und Vielfalt/ Inklusion beruhen auf der Achtung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit. Beide Konzepte setzen sich für den Schutz und die Förderung der Rechte aller Individuen ein.

Die Diversität
Eine starke Demokratie erkennt und schätzt die Vielfalt innerhalb der Gesellschaft und sie braucht die Sichtweisen und das Engagement vieler verschiedener Menschen, um sich weiterzuentwickeln und Probleme gemeinsam zu lösen. Auch Inklusion strebt danach, diese Vielfalt zu respektieren und zu integrieren, indem sie Unterschiede als Stärke betrachtet und den sozialen Zusammenhalt fördert.

Die Gerechtigkeit
Beide Ansätze haben das Ziel, soziale Gerechtigkeit zu fördern. Demokratie setzt sich für faire und gerechte politische Prozesse ein, während Inklusion/ Vielfalt darauf abzielt, systemische Barrieren abzubauen und allen Menschen gleiche Chancen zu bieten.

Auch der UN-Behindertenrechtskonvention kommt eine demokratiefestigende Aufgabe zu, denn sie setzt auf Gleichheit, Vielfalt und Inklusion. Sie bezieht sich nicht auf eine Personengruppe, sondern auf die gesamte Gesellschaft. Und wer an der Umsetzung der UN-BRK arbeitet, arbeitet an der Veränderung unserer Gesellschaft und stärkt ihre Abwehrkräfte gegen populistische Attacken.

Allein deshalb kann Soziale Arbeit nicht unpolitisch sein. Und jede Gruppierung, jeder Verband und jeder Verein, die/der im Bereich der Vielfalt unterwegs ist, ist nicht nur in dem spezifischen Thema unterwegs, sondern immer auch politisch.

Im Alltag und seinen „Mühen der Ebene“ wird das häufig übersehen, wird aber umso wichtiger, je näher wir dem 23. Februar 2025 kommen. Und da wir in Deutschland nahezu reflexartig auch noch dazu tendieren, mit einigen Jahren Verspätung zwar, amerikanische Bedingungen zu übernehmen, ist Eile geboten.

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