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John Evans – Pionier der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung – verstorben

John Evans am Mikrofon
John Evans am Mikrofon
Foto: ENIL

Wien (kobinet) Während die deutsche Behindertenbewegung diese Woche vom Tod der grünen Bundestagsabgeordneten und ersten Frau im Bundestag, die einen Rollstuhl nutzt, Stephanie Aeffner, erschüttert wurde, verzeichnet die internationale Selbstbestimmt Leben Bewegung ebenfalls einen weiteren großen Verlust. John Evans, ein zentraler Pionier der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung aus Großbritannien, ist verstorben, wie Martin Ladstätter im österreichischen Online-Nachrichtendienst BIZEPS berichtet. "John Evans, Mitbegründer des Europäischen Netzwerks für Selbstbestimmtes Leben, ist am 13. Jänner 2025 im Alter von 74 Jahren verstorben. Obwohl er hierzulande weniger bekannt war, prägte er die europäische Bewegung für Selbstbestimmtes Leben entscheidend", heißt es im BIZEPS-Bericht.

Mit dem Tod von John Evans aus Großbritannien verlieren wir einen prägenden Wegbereiter der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung in Europa. Sein Einsatz für die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat die Lebensrealität unzähliger Menschen mit Behinderungen verändert“, schreibt Martin Ladstätter im BIZEPS-Bericht. Weiter heißt es dort u.a.: „Ein Wendepunkt in John Evans’ Leben war sein Auszug aus dem Le Court Cheshire Home in den 1980er Jahren. Er überzeugte die Behörden, ihm ein persönliches Budget für selbstorganisierte Unterstützung bereitzustellen. Dieses Modell, bekannt als Project 81, wurde wegweisend für selbstbestimmtes Leben und die Einführung Persönlicher Assistenz in Großbritannien. Er war maßgeblich an der Gründung der ersten Zentren für Selbstbestimmtes Leben (Centres for Independent Living – CILs) in Großbritannien beteiligt, darunter die CILs in Derbyshire und Hampshire, die 1984 ins Leben gerufen wurden. Er brachte die Prinzipien des Independent Living aus den USA ein – wo er von Reisen Ideen mitbrachte – und unterstützte die Etablierung dieser von behinderten Menschen geleiteten Organisationen, die als Vorbilder für weitere CILs dienten; beispielsweise in Deutschland und Österreich. Einer seiner größten Erfolge: Der Independent Living Fund (ILF), eingeführt 1988, war entscheidend für die Unterstützung behinderter Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf, da er zusätzliche Mittel über die begrenzten Leistungen der Gemeinden hinaus bereitstellte.“

John Evans war aber auch maßgeblich an der Gründung des European Network on Independent Living (ENIL) beteiligt, dem sich die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) zugehörig fühlt. „Bei einer Konferenz in Straßburg im Jahr 1989, an der Vertreter:innen aus 14 Ländern – darunter auch Österreich – teilnahmen, wurde in den Räumen des Europäischen Parlaments ENIL ins Leben gerufen. John Evans war – wie auch Adolf Ratzka und Manfred Srb – einer der Mitbegründer dieser wichtigen Organisation, die bis heute für die Rechte und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen kämpft. 1996 übernahm Evans den Vorsitz von ENIL und leitete die Organisation bis 2010. Er blieb auch danach noch weitere vier Jahre im Vorstand und stand in dieser Zeit in engem Kontakt mit BIZEPS. Als Präsident von ENIL und Mitglied des Europäischen Behindertenforums (EDF) setzte John Evans sich über Jahrzehnte hinweg für die Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen ein. Für sein Lebenswerk wurde er 2001 von Königin Elizabeth II. mit dem Order of the British Empire (OBE) ausgezeichnet„, heißt es weiter im BIZEPS-Bericht.

Link zum vollständigen BIZEPS-Bericht mit einem Link zu einem Video mit John Evans

Nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland trauert die Selbstbestimmt Leben Bewegung um John Evans. Die ISL (Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland) durfte so viel von der internationalen Behinderten- und Selbstbestimmt Leben Bewegung und damit auch von John Evans lernen. Viel von dessen Schwung habe man von Menschen wie John, die unermüdlich und kompromisslos im Sinne eines selbstbestimmten Lebens behinderter Menschen und der Menschenrechte eingetreten sind, nach Deutschland bringen können, hieß es am Rande der Klausurtagung der ISL, die am 16. und 17. Januar 2025 in Bremen stattfand. Diese Geschichte der Behindertenbewegung und die Geschichten der Aktiven dürfe nicht in Vergessenheit geraten, sind sich die Akteur*innen der ISL einig.