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Landessozialgericht Baden-Württemberg entschied zum Leistungsbeginn von Sozialhilfe

Goldene Statue Justitia mit Schwert und Waage
Statue Justitia
Foto: Sang Hyun Cho auf Pixabay

Stuttgart (kobinet) Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat in einem Urteil von September 2024 festgestellt, dass der Anspruch auf Sozialhilfe ab dem Zeitpunkt besteht, zu dem der Sozialhilfeträger Kenntnis von der Bedürftigkeit erlangt. Darauf macht Henry Spradau in seinem Beitrag für die kobinet-nachrichten aufmerksam.

Landessozialgericht Baden-Württemberg zum Leistungsbeginn von Sozialhilfe

Bericht von Henry Spradau

Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat in einem Urteil von September 2024 festgestellt, dass der Anspruch auf Sozialhilfe ab dem Zeitpunkt besteht, zu dem der Sozialhilfeträger Kenntnis von der Bedürftigkeit erlangt.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Eine pflegebedürftige ältere Dame wurde in einem Pflegeheim aufgenommen, konnte aber die Heimkosten nicht vollständig aus eigenem Einkommen bestreiten. Vermögen lag nicht vor. Der rechtliche Betreuer beantragte am 17.10.2019 beim Sozialamt des zuständigen Landkreises die Übernahme der restlichen Kosten. Er legte Unterlagen zu Rentenhöhe, Heimkosten und aufgelaufenen Rückständen vor, machte jedoch keine Angaben zum Vermögen. Das Sozialamt forderte am 21.10.2019 schriftlich weitere Unterlagen an. Es verwies darauf, dass Leistungen der Hilfe zur Pflege erst ab dem Bekanntwerden der Notlage gewährt werden könnten, frühestens ab dem 17.10.2019. Der Betreuer reagierte jedoch nicht. Das Sozialamt wurde auch auf eine Nachfrage des Pflegeheims im Juni 2020 nicht tätig. Erst eine neue Betreuerin machte am 7.12.2020 beim Sozialamt nochmals die Leistungen geltend. Daraufhin erbrachte das Sozialamt die notwendigen Leistungen der Hilfe zur Pflege, jedoch erst ab 7.12.2020. Für die vorangegangene Zeit lehnte das Sozialamt mit Bescheid vom 23.9.2021 ab. Die Leistungen könnten erst ab dem 7.12.2020 erbracht werden, da erst seitdem positive Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen bestehe. Insbesondere zum Vermögen hätten zuvor keine Nachweise vorgelegen.

Das LSG Baden-Württemberg verurteilte das Sozialamt im Berufungsverfahren zur Übernahme der ungedeckten Heimkosten ab 17.10.2019. Es stellte fest, dass das Sozialamt mit Schreiben vom 21.10.2019 eine Kenntniserlangung ab 17.10.2019 bestätigt habe. Die Kenntnis vom Bedarfsfall solle einen niedrigschwelligen Zugang zur Sozialhilfe gewährleisten. Sozialhilfe soll Menschen in Not einen einfachen Zugang zu lebensnotwendigen Leistungen bieten. Auch wenn das Sozialamt noch nicht in die Lage gewesen sei, die Voraussetzungen für die Leistungen abschließend zu prüfen, seien diese dennoch ab Kenntniserlangung zu erbringen.

Rechtliche Grundlage für die Gerichtsentscheidung ist § 18 Sozialgesetzbuch (SGB) XII, wonach Sozialhilfe einsetzt, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen vorliegen.

Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Urteil LSG Baden-Württemberg vom 19.9.2024 -SO 2479/23

Vorinstanz: Urteil SG Reutlingen vom 24.7.2023 -S 4 SO 561/22

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