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Krankenhausvorbehalt bei ärztlichen Zwangsmaßnahmen teilweise verfassungswidrig

Foto vom Bundesverfassungsgericht
Foto zeigt Bundesverfassungsgericht
Foto: Bundesverfassungsgericht

Karlsruhe (kobinet) Das Bundesverfassungsgericht hat heute am 26. November 2024 seine Entscheidung zu Zwangsmaßnahmen in der medizinischen Behandlung verkündet. In der Überschrift der Presseinformation zur Entscheidung des Bundesverfassungsgericht heißt es: "Krankenhausvorbehalt bei ärztlichen Zwangsmaßnahmen teilweise verfassungswidrig". Die ausnahmslose Vorgabe, ärztliche Zwangsmaßnahmen im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus durchzuführen, sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber sei zur Neuregelung spätestens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 verpflichtet. Bis zu einer Neuregelung gelte das bisherige Recht fort, heißt es weiter in der Presseinformation des Bundesverfassungsgerichts.

In den Leitsätzen zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. November 2024 heißt es:

  1. Ärztliche Zwangsmaßnahmen gegenüber nicht einwilligungsfähigen Betreuten in Erfüllung der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG sind an strenge Voraussetzungen gebunden und nur als letztes Mittel zulässig.
  2. Die mit den fachrechtlichen Anforderungen an ärztliche Zwangsmaßnahmen verbundenen Eingriffe in das Grundrecht der nicht einwilligungsfähigen Betreuten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 GG unterliegen einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung.
  3. Die Bindung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme an einen stationären Aufenthalt in einem Krankenhaus mit näher bestimmtem Versorgungsniveau ist grundsätzlich zulässig.
  4. Die mit dem Krankenhausvorbehalt verfolgten Zwecke des Schutzes vor Zwangsmaßnahmen im privaten Wohnumfeld, der Prüfung der Voraussetzungen ärztlicher Zwangsmaßnahmen durch multiprofessionelle Teams, der Verhinderung von auf Fehlanreizen beruhendem Ergreifen nicht erforderlicher ärztlicher Zwangsmaßnahmen und der Sicherstellung einer angemessenen fachlichen Versorgung sind legitim und grundrechtlich fundiert.
  5. Eine ausnahmslose Bindung der ärztlichen Zwangsmaßnahme an einen stationären Krankenhausaufenthalt ist allerdings unangemessen. Eine Ausnahme ist geboten, soweit Betreuten im Einzelfall nach einer Betrachtung ex ante aufgrund der ausnahmslosen Vorgabe, ärztliche Zwangsmaßnahmen im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus durchzuführen, erhebliche Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit zumindest mit einiger Wahrscheinlichkeit drohen und zu erwarten ist, dass diese Beeinträchtigungen bei einer Durchführung in der Einrichtung, in der die Betreuten untergebracht sind und in welcher der Krankenhausstandard im Hinblick auf die konkret erforderliche medizinische Versorgung einschließlich der Nachversorgung voraussichtlich nahezu erreicht wird, vermieden oder jedenfalls signifikant reduziert werden können, ohne dass andere Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit oder einer anderen grundrechtlich geschützten Position mit vergleichbarem Gewicht drohen.

Link zur Presseinformation des Bundesverfassungsgerichts

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird in ersten Reaktionen von Betroffenen als äusserst kritisch betrachtet, weil damit der Weg für Zwangsbehandlungen im ambulanten Bereich geebnet werden könnte.

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