Berlin (kobinet) Kinder und Jugendliche können - insbesondere in Fällen einer (drohenden) seelischer Beeinträchtigung - in der Regel nicht ohne Weiters allein auf die Inanspruchnahme sonderpädagogischer Förderung durch die Schulen verwiesen werden. Wir (kobinet) unterstützen das Thema und veröffentlichen den Beitrag des Autors RA Andreas Jakubietz. Er ist Rechtsanwalt in Berlin und als Fachanwalt für Verwaltungsrecht im Bereich Bildungsrecht, insbesondere auf dem Gebiet des Schulrechts und des Hochschulzulassungsrechts tätig. Der Jurist ist Vater einer Tochter und lebt in Berlin-Zehlendorf.
Dies folgt nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Berlin (Beschluss v. 22. Januar 2024) aus dem Umstand, dass die Regelungen des Schulgesetzes (vgl. §§ 36 ff SchulG i.V.m. § 5 Abs. 1 SoPädVO Berlin) keinen Anspruch des einzelnen Schülers auf Betreuung vermitteln.
Ein mit der sonderpädagogischen Förderung abzustimmender (siehe hierzu: § 36 Abs. 1 Satz 3 SchulG, § 5 Abs. 4 SoPädVO Berlin) individueller Hilfeanspruch eines in seiner emotionalen und sozialen Entwicklung beeinträchtigten Kindes kann allein im Rahmen der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche nach § 35a SGB VIII (sog. 35a-Hilfe) geltend gemacht werden.
Ein von der Schule zur Verfügung gestelltes Schulhelferkontingent als grundsätzlich vorrangige Hilfe kann dem Anspruch auf Gewährung von Eingliederungshilfe nicht entgegengehalten werden.
Denn von der Schule ggf. zur Verfügung gestellte Hilfsangebote sind grundsätzlich nicht personengebunden, sondern gruppenbezogen und gewährleistet keine individuelle Betreuung, sondern (nur) eine stundenweise Betreuung nach Bedarfslage durch wechselndes, nicht notwendigerweise spezifisch für Kinder mit Einschränkungen im Bereich emotionaler und sozialer Entwicklung, insbesondere bei Störungen im Autismus-Spektrum, geschultes Personal.
Diese Grundsätze gelten nicht nur für das Land Berlin, sondern der jeweiligen Rechtsprechung entsprechend in der Regel auch in den übrigen Bundesländern.
Verfahrensablauf
- Nehmen Sie Kontakt mit dem Jugendamt auf. Nutzen Sie hierbei ein zusätzliches Beratungsangebot durch die sogenannten Verfahrenslotsinnen oder
Verfahrenslotsen. Diese(r) unterstützt Sie bei der Antragstellung, Verfolgung und Wahrnehmung der Eingliederungshilfe. - Im Rahmen eines persönlichen Gesprächs der Beteiligten werden mögliche Hilfen aufgezeigt. Diese können ergänzend oder in Kombination auch eine Hilfe zur
Erziehung oder Hilfen weiterer bzw. anderer Rehabilitationsträger sein. Im Hilfeplan wird festgelegt, wie die Hilfe gestaltet werden soll und welche Ziele erreicht werden sollen. - Eingliederungshilfen können nur gewährt werden, wenn ein geeigneter Arzt oder Psychologe bzw. eine sozialpädagogische Fachkraft eine seelische oder drohende seelische Behinderung hinreichend gegründet bescheinigt.
- Sie stellen einen Antrag auf Eingliederungshilfe.
- Das Jugendamt beauftragt einen freien Träger der Wohlfahrtspflege mit der Ausführung der Eingliederungshilfe.
Tipp
Wenn eine Verständigung mit dem Jugendamt scheitert und der Bedarf des beeinträchtigten Kindes nicht ausreichend oder nicht rechtzeitig gedeckt wird, kann gegen eine ablehnende Entscheidung des Jugendamtes Widerspruch eingelegt und ggf. Klage erhoben bzw. ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (sog. Eilverfahren) bei dem Verwaltungsgericht beantragt werden.
Beratung
Der Autor ist Rechtsanwalt in Berlin. Als Fachanwalt für Verwaltungsrecht berät und vertritt er Eltern und deren Kinder im Bereich Schulrecht Berlin sowie auf dem Gebiet Studienplatzklage Medizin und Psychologie. Rechtsanwalt Andreas Jakubietz ist Vater einer Tochter und lebt in Berlin.