Berlin (kobinet) Erstmals nahmen am 8. Oktober 2024 junge Menschen mit Behinderung aus der Selbstvertretung bei einer Anhörung zu einem Referentenentwurf im Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) teil. Gern kamen die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL), der Bundesverband behinderter und chronisch kranker Eltern (bbe) gemeinsam mit der bundesweiten Selbstvertretungsgruppe junger Menschen mit Beeinträchtigung (jumemb) der Bitte nach, ihre Stellungnahme zum Referentenentwurf für eine inklusiven Kinder- und Jugendhilfe auch mündlich zu begründen, heißt es in einer gemeinsamen Presseinformation, die im Anschluss an die Anhörung verbreitet wurde.
„Wir begrüßen die Zusammenführung der Eingliederungshilfe für alle jungen Menschen mit allen Behinderungen ausdrücklich“ erklärte Lilith F., Mitglied der jumemb-Gruppe, die für die junge Selbsthilfe im Kindernetzwerk an der Anhörung teilnahm. „Kommunikationsassistenz muss sensibel arbeiten können, denn sie erfahren von uns viele private Dinge. Aber wir brauchen nicht immer pädagogische Unterstützung. Wir möchten wie alle jungen Menschen auch Fehler machen dürfen und nicht immer unter Aufsicht unserer Eltern Freunde besuchen. Wir müssen lernen, unsere eigenen Entscheidungen zu treffen.“
Den jungen Menschen geht es um bedarfsgerechte Freizeit- und Urlaubsassistenz, um auch unabhängig von ihren Eltern und Geschwistern teilhaben zu können. Sie brauchen gute Beratungsangebote, die das gegliederte System der Rehaleistungen erklärt und bei der Beantragung hilft, um im späteren Leben selbstbestimmt leben zu können. Viele unterschiedliche Leistungen aus vielen Reha-Bereichen müssen gut koordiniert werden. Insbesondere, wenn die Behinderung komplex ist und viele Lebensbereich beeinflusst sind, heißt es in der gemeinsamen Presseinformation der Verbände.
„Weder Beratungsstellen noch Ämter konnten angemessen weiterhelfen bei der Frage, wie ich mit persönlichen Budget und ohne die Anbindung an eine Werkstatt nach meiner Schulzeit gut weiterleben kann. Es wäre gut, wenn Menschen wie ich gefragt werden, was wir für Leistungen brauchen für eine gute Teilhabe. Wir können viel sagen zu einem Leben mittendrin“, so Lukas H., der die jumemb-Gruppe in der Anhörung vertrat. Um bei Problemen bei der Bewilligung nicht verschiedene Gerichte angehen zu müssen, sei es wichtig, dass die Sozialgerichte zuständig bleiben, so wie bei allen anderen Rehaleistungen auch.
Auch junge Menschen mit Behinderung wollen früher oder später eine eigene Familie gründen. Sie wollen liebende und verantwortungsvolle Eltern werden. Auch sehr junge Eltern mit unterschiedlichsten Behinderungen stehen Leistungen der Eingliederungshilfe bei der Betreuung und Versorgung ihrer eigenen Kinder zu. Die Kinder- und Jugendhilfe muss für alle Eltern mit Behinderungen inklusiv werden. So stehen auch Eltern mit seelischer Behinderung (von Autismus bis Sucht) Elternassistenz und Begleitete Elternschaft zu, um das Kindeswohl angemessen sichern zu können.
„Kein Kind darf laut UN-Behindertenrechtskonvention aufgrund einer Behinderung von seinen Eltern getrennt werden – weder aufgrund einer eigenen Behinderung, noch aufgrund der Behinderung eines Elternteils. Das ist als Menschenrecht seit 15 Jahren festgeschrieben und muss nun auch von der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe anerkannt und mit Leben gefüllt werden,“ so Kerstin Blochberger für den Bundesverband behinderter und chronisch kranker Eltern (bbe).
Die gemeinsame Stellungnahme zum Referentenentwurf IKJHG steht zum Download bereit unter: