Essen (kobinet) Viele Menschen mit Behinderung kennen es, wenn der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) in regelmäßigen Abständen zum Hausbesuch kommt. Die Pflegebegutachtung steht an. Seit Ende September 2024 gibt es dabei eine große Veränderung. Darauf macht Nico Wunderle in seinem Beitrag für die kobinet-nachrichten aufmerksam.
Bericht von Nico Wunderle
Viele Menschen mit Behinderung kennen es, wenn der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) in regelmäßigen Abständen zum Hausbesuch kommt. Die Pflegebegutachtung steht an. Seit Ende September 2024 gibt es dabei eine große Veränderung.
Pflegebegutachtung nun auch per Video-Telefonie
Begutachtungen zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit können nun auch über Video-Telefonie stattfinden. Die Grundlagen hierfür wurden im Frühjahr mit dem Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz) geschaffen. In welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen Videobegutachtungen möglich sind, regeln die überarbeiteten Begutachtungs-Richtlinien des Medizinischen Dienstes Bund, die am 26. September 2024 in Kraft getreten sind.
Mit der Ermöglichung der Pflegebegutachtung über Videotelefonie erhofft sich der MDK Unterstützung bei der ressourcenschonenden, qualitativ hochwertigen Begutachtung. „Videobasierte Telefoninterviews sind ein weiterer wichtiger Schritt, um auch bei steigenden Begutachtungszahlen eine zeitnahe Begutachtung der Versicherten und damit einen zeitnahen Zugang zu den Leistungen der Pflegeversicherung sicherstellen zu können“, sagte Carola Engler, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Medizinischen Dienstes Bund.
Wegen des demografischen Wandels und der Leistungserhöhungen durch die Pflegereform 2017 ist die Zahl der Pflegebegutachtungen von 1,8 Millionen Begutachtungen im Jahr 2017 auf 2,88 Millionen im Jahr 2023 gestiegen. Außerdem erreichen immer mehr Personen aus der Baby-Boomer-Generation das Rentenalter. Damit steigt das Risiko für Pflegebedürftigkeit. Dies wird zu weiter steigenden Begutachtungszahlen führen.
Pflegebegutachtungen waren bis 2023 nur als Hausbesuch möglich. Aufgrund der Herausforderungen durch den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel und aufgrund ihrer Erfahrungen aus den telefonischen Begutachtungen während der Corona-Pandemie hatten sich die Medizinischen Dienste für eine regelhafte Flexibilisierung der Begutachtungsformate im Sinne der Weiterentwicklung der Pflegebegutachtung eingesetzt. Zudem ist es seit 2023 möglich strukturierte Telefoninterviews zur Pflegebegutachtung durchzuführen.
Medizinischer Dienst der Krankenkassen fordert mehr Entscheidungsspielraum bei Begutachtungen
Über die bisher geschaffenen Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Begutachtungsformate hinaus sieht Engler weiteres Potenzial, um Pflegebegutachtungen zukunftsfest zu gestalten: „Der Gesetzgeber sollte die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Gutachterinnen und Gutachter auf Grundlage der individuellen Situation der antragstellenden Person selbst entscheiden können, welche Informationen für eine Begutachtung eingeholt werden müssen und ob die Begutachtung als Hausbesuch, als Telefoninterview oder per Videotelefonie durchgeführt wird. Auf diese Weise können die Gutachterinnen und Gutachter die Gegebenheiten im individuellen Fall besser berücksichtigen und unnötige Belastungen für Versicherte reduzieren. Damit würden auch die Kompetenzen der Gutachterinnen und Gutachter gestärkt werden.“
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