Hamburg (kobinet) Am 30. September 2024 bringt der „Tages-Anzeiger“ (Zürich) die Meldung, dass am Vortag bei einer Wahlkampfveranstaltung Donald Trump seine Konkurrentin Kamala Harris beschimpft habe mit den Worten: „Joe Biden wurde geistig beeinträchtigt. Kamala wurde so geboren. Und wenn man darüber nachdenkt, hätte nur ein geistig beeinträchtigter Mensch zulassen können, dass dies unserem Land passiert.“ Der in Hamburg lebende Autor und Behindertenpädagoge Christian Mürner hat dazu einen Kommentar für die kobinet-nachrichten verfasst, der sich vor allem auf die Reaktionen der Leser*innen auf die Aussagen von Donald Trump bezieht.
„Geistig beeinträchtigt“
Kommentar von Christian Mürner
Am 30.09.2024 bringt der „Tages-Anzeiger“ (Zürich) die Meldung, dass am Vortag bei einer Wahlkampfveranstaltung Donald Trump seine Konkurrentin Kamala Harris beschimpft habe mit den Worten: „Joe Biden wurde geistig beeinträchtigt. Kamala wurde so geboren. Und wenn man darüber nachdenkt, hätte nur ein geistig beeinträchtigter Mensch zulassen können, dass dies unserem Land passiert.“
Es geht um die Worte, um die adjektivische Zusammenstellung und was aus ihnen folgen kann. (Es geht also nicht um Trump, Biden oder Harris.) Dabei sind die Kommentare der Nachrichten Lesenden und auf Nachrichten Antwortenden – innerhalb von 24 Stunden 175 an der Zahl – zu der kleinen Meldung interessant.
Das naheliegendste Statement ist die Übertragung der Worte auf den, der sie verwendet. Für ihn gelte die Klassifikation, als „Lehrbuchbeispiel für Projektion“. Wird – vor allem im politischen Kontext – die Diskriminierung übersehen oder ignoriert? Ebenso in den Stellungnahmen, die die Ausweitung der Worte benutzen, der ganze US-Wahlkampf sei so zu charakterisieren. Ein weiterer Standpunkt erscheint in der Formulierung, was das „wirklich Verrückte“ sei, nämlich die mediale Aufmerksamkeit für die Worte. Auch ein historischer Hinweis (falsch zitiert) fehlt nicht: „Seelig sind die Geistig Armen“, siehe Mt. 5,3 (Lutherbibel): „Selig sind, die da geistlich arm sind.“
Auffallend ist, dass nicht von „geistig behindert“, sondern von „geistig beeinträchtigt“ gesprochen wird, also ob eine korrektere, weniger stigmatisierende Bezeichnung gewählt wurde. Genauso wie die scheinbar subtile Form der Diskriminierung in der Unterscheidung von „beeinträchtigt werden“ und „beeinträchtigt von Geburt an“ in keinem Kommentar der Rede wert ist.
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