
Foto: Irina Tischer
Saarbrücken (kobinet) Behinderte Menschen, die sich für Veränderungen in Sachen Inklusion einsetzen, kennen es zu Genüge. Man wird eingeladen, kommt vielleicht auch zu Wort, aber auf die Meinung der Betroffenen wird oft gepfiffen und andere Interessen setzen sich durch. Zudem gibt es für Stellungnahmen oder Informationen für wichtige Sitzungen häufig unangemessen kurze Fristen. Ein Lehrstück, wie man es machen kann, wenn man gar keine Partizipation möchte, sondern einfach nur seine Interessen durchsetzen will, mussten Vertreter*innen des saarländischen Landesbehindertenbeirats erst kürzlich anlässlich der Besetzung der Position des Landesbehindertenbeauftragten erleben.
Uwe Wagner, dem Vorsitzenden des Landesverband Selbsthilfe Körperbehinderter Saarland ist angesichts der Missachtung echter Partizipation vor kurzem der Kragen geplatzt. In seiner Stellungnahme zum vermeintlichen Beteiligungsverfahren zur Neubesetzung der Position des Landesbehindertenbeauftragten schrieb er in einer den kobinet-nachrichten vorliegenden Stellungnahme:
„Mit großem Bedauern muss ich, Uwe Wagner, Vorsitzender des Landesverbands Selbsthilfe Körperbehinderter Saarland, Ihnen mitteilen, dass wir unter den gegenwärtigen Umständen an der für morgen angesetzten Sitzung nicht teilnehmen werden. Die Art und Weise, wie die Einladung zu dieser wichtigen Sitzung erfolgte, erweckt den Eindruck, als ob der Landesverband Selbsthilfe Körperbehinderter Saarland und andere Mitglieder des Landesbehindertenbeirats nicht als gleichberechtigte Partner in diesem Prozess angesehen werden. Eine Einladung mit lediglich zweitägiger Vorlaufzeit lässt uns vermuten, dass hier kein echter Dialog auf Augenhöhe gesucht wird.
Diese Vorgehensweise hinterlässt zudem den starken Eindruck, dass im Hintergrund bereits Absprachen stattgefunden haben könnten, was die Transparenz und Integrität des gesamten Verfahrens in Frage stellt. Der Landesverband Selbsthilfe Körperbehinderter Saarland ist nicht bereit, Teil einer solchen Vorgehensweise zu sein, die möglicherweise ohne unsere angemessene Beteiligung und im Widerspruch zu demokratischen und transparenten Prozessen steht.
Es ist enttäuschend und bedauerlich, dass die Einladungsfristen, wie in der Geschäftsordnung des Beirats vorgesehen, nicht eingehalten wurden. Dies untergräbt das Vertrauen in den Prozess der Besetzung des Amtes des Landesbehindertenbeauftragten und zeigt eine Missachtung gegenüber den Betroffenen und ihren Vertretungen.
Wir fordern eine Neuterminierung der Sitzung, die allen beteiligten Parteien ausreichend Zeit zur Vorbereitung gibt und die Bedeutung des Prozesses sowie die Rolle jedes Mitglieds des Landesbehindertenbeirats respektiert.“
Diese Neuterminierung der Sitzung hat nicht stattgefunden und am 7. Februar 2024 wurde mit Michael Schmaus, dem bisherigen langjährigen Geschäftsführer der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) der Werkstätten für behinderte Menschen im Saarland eine für diese Position recht umstrittene Person vom Landtag in das Amt des Landesbehindertenbeauftragten gewählt. Am 1. März wird er sein Amt nun antreten. Wie eine zukünftige Zusammenarbeit mit den Behindertenverbänden nach einem solchen Affront aussehen soll, das wird sich zeigen müssen, zumal eine Reihe von qualifizierten Bewerber*innen für diese Position gar nicht zur Vorstellung eingeladen wurden.
Einen Eindruck von der Stimmung im Saarland nach dieser Entscheidung bietet der Fernsehbeitrag des Saarländischen Rundfunks in der Sendung aktuell vom 7.2.2024 um 21:45 Uhr ab Minute 4:45.
Link zum Bericht der kobinet-nachrichten vom 8. Februar 2024
Link zum Bericht der kobinet-nachrichten vom 6. Februar 2024
Link zum Bericht der kobinet-nachrichten vom 30. Januar 2024