Berlin (kobinet) "Heute ist der Tag der Menschenrechte! Vor genau 75 Jahren, am 10. Dezember 1948, wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) in Paris verkündet. Viele Gesetze und internationale Verträge beruhen auf der AEMR – zum Beispiel die Europäische Erklärung der Menschenrechte oder die UN-Behindertenrechtskonvention. Der 10. Dezember ist ein wichtiges Jubiläum, das uns alle daran erinnert: Die Menschenrechte sind unser höchstes Gut und nicht verhandelbar." Darauf wies der Behindertenbeauftragte Jürgen Dusel in einem Post vom 10. Dezember 2023 auf Facebook hin. Auch vonseiten der LIGA Selbstvertretung, die sich wie Jürgen Dusel vor kurzem mit der Menschenrechtskommissarin des Europarats zum Austausch getroffen hatte, wird die Wichtigkeit des heutigen Jubliäums und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte untermauert.
Jürgen Dusel erklärt auf einem über Facebook geposteten Sharpic mit der Überschrift „Demokratie braucht Inklusion“, wieso die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte heute wichtiger ist denn je: „Nach den entsetzlichen Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges war und ist die AEMR ein Signal der Staatengemeinschaft für die Unverletzlichkeit der menschlichen Werte. die Erklärung ist hochaktuell, denn die Wahrung der Menschenrechte ist auch heute wieder gefährdet – weltweit.“
Link zum Facebook-Post von Jürgen Dusel
Im Vorfeld des 75. Jahrestag der Verkündung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte hatte sich die LIGA Selbstvertretung mit einer Stellungnahme gegen die aktuellen Bemühungen von Teilen der Ärtzeschaft in Sachen Triage zu Wort gemeldet. „Mit ihren geplanten Verfassungsklagen gegen die Triage-Regeln im Infektionsschutzgesetz verstoßen Teile der organisierten Ärzteschaft sowohl gegen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte als auch gegen das Genfer Ärztegelöbnis“ stellte die Sprecherin der LIGA Selbstvertretung, Prof. Dr. Sigrid Arnade, fest. „Beide Dokumente gelten jetzt seit 75 Jahren und für mich ist nicht nachvollziehbar, wie die Ärztegewerkschaft Marburger Bund und einige Ärztekammern kurz vor dem Menschenrechtstag am 10. Dezember für die Einführung der Ex-Post-Triage trommeln“, so Sigrid Arnade. Bei der Ex-Post-Triage wird die medizinische Behandlung von Patient*innen zugunsten von anderen Patient*innen abgebrochen, wenn diese vermeintlich bessere Überlebenschancen aufweisen. Damit wird laut Arnade das Prinzip „Nur die Stärksten sollen überleben“ bei Ressourcenknappheit in einer Pandemie eingeführt, das unter anderem behinderte und alte Menschen deutlich benachteiligt.
Der Marburger Bund begründet nach Informationen der LIGA Selbstvertretung seine Klage mit der ärztlichen Berufs- und Therapiefreiheit, die er durch das bisherige juristische Verbot der Ex-Post-Triage in der derzeitigen Fassung des Infektionsschutzgesetzes bedroht sieht. Die Landesärztekammern von Hessen und Westfalen-Lippe haben auf ihren Delegiertentreffen im November diese Verfassungsklage ausdrücklich unterstützt. Auch die Bundesärztekammer hat sich bereits im Mai 2022 auf dem 126. Ärztetag in einem Beschluss für die Einführung der Ex-Post-Triage ausgesprochen.
„Es ist nicht zu fassen, wie dreist sich Ärztekammern für einen Behandlungsabbruch von vermeintlich schwächeren Patient*innen einsetzen und dies auch noch damit begründen, dass Ärzt*innen bei der derzeitigen Rechtslage gegen ihr Gewissen handeln müssten“, empört sich Arnade. Der Artikel 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte laute „Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person“ und im Genfer Gelöbnis schwören die Ärzt*innen: „Ich werde den höchsten Respekt vor menschlichem Leben wahren“.
Auch die DIVI, die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin plant nach Informationen der LIGA Selbstvertretung eine Verfassungsklage gegen das Verbot der Ex-Post-Triage. „Mit ihren klinisch-ethischen Empfehlungen aus dem Frühjahr 2020 hatte die DIVI einen Proteststurm behinderter Menschen ausgelöst“, erklärt Sigrid Arnade, „und dazu beigetragen, dass das Bundesverfassungsgericht im Dezember 2021 den Bundestag verpflichtete, behinderte Menschen gesetzlich vor einer Triage zu schützen. Und das will die Ärzteschaft nun rückgängig machen – einfach unglaublich!“
Link zur Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte vom 10. Dezember 1948
Es ist doch erstaunlich, wie man in diesem Artikel versucht, den Schwenk hin zu Behindertenpolitik zu schaffen. Die UN-Behindertenrechtskonvention ist von den Menschenrechten losgelöst.
Hier jetzt die allgemeinen Menschenrechte mit der UN-BRK zu vermischen, ist nicht angemessen
was nützen solche Rechte, wenn sie ignoriert werden, wie es mit dem UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung der Fall ist ?!
Der 10. Dezember, also die allgemeine Erklärung der Menschenrechte, hat erst einmal nicht mit der UN-BRK zu tun. Das so zu verbinden, halte ich für gefährlich, denn das kann schnell den Eindruck erwecken, dass Menschen mit Behinderungen ihre Rechte, über die der Rechte anderer stellen.
Ich kann sonst nur zustimmen. Weltweit, aber auch in Deutschland, gibt es immer wieder Fälle, wo das Gefühl vermittelt wird, dass Menschenrechte nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Die Menschenrechte selbst sind aber auch so allgemein formuliert, das viel Interpretationsspielraum zugelassen wird. Gutes Beispiel ist der Begriff der „Menschenwürde“. Was ist Menschenwürde und ab wann wird etwas unwürdig? ….