
Foto: Maurice Weiss/Ostkreuz
Berlin (kobinet) Der Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderung der Vereinten Nationen hat Deutschland auf den Prüfstand gestellt und seine Einschätzung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) veröffentlicht. Takis Mehmet Ali, Beauftragter für Menschen mit Behinderung der SPD-Bundestagsfraktion, zeigt sich angesichts der abgebildeten Entwicklungen nachdenklich: "Seit der Ratifizierung der UN-BRK durch Deutschland sind bereits 14 Jahre vergangen und die darin verankerten Prinzipien sind längst zu geltendem Recht geworden. Als Vertragsstaat liegt es in unserer Verantwortung, Gesetze und Verordnungen so anzupassen, dass sie im Einklang mit der UN-BRK stehen. Leider haben wir dieses Ziel noch nicht annähernd erreicht."
Der vorgelagerte Prüfungsprozess, auch bekannt als das „Staatenberichtsverfahren“, bot Gelegenheit für einen lebendigen Dialog zwischen dem Ausschuss und der deutschen Bundesregierung. In diesem Dialog ging es darum, nicht nur über Erfolge, sondern auch über Herausforderungen bei der Umsetzung der Konvention zu sprechen und somit die Weichen für eine inklusivere Zukunft zu stellen. Nun präsentierte der Ausschuss seine „Abschließenden Bemerkungen“. Diese Dokumente halten nach Informationen von Takis Mehmet Ali fest, welche Schritte Deutschland unternehmen muss, um die UN-Behindertenrechtskonvention effektiver in die Tat umzusetzen.
Mehmet Ali betonte daher die Bedeutung des Staatenberichtsverfahrens als Instrument zur Überwachung und Verbesserung der Umsetzung der Konvention. Er erklärte: „Es ist von größter Wichtigkeit, dass Politiker:innen und Regierungshandelnde stets zur Verantwortung gezogen werden. Wir müssen uns kontinuierlich darum bemühen, gleiche Lebensbedingungen für Menschen mit und ohne Behinderungen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens sicherzustellen.“
In diesem Zusammenhang äußerte sich der Abgeordnete auch zu einigen besonders kritischen Punkten und wies auf eines der Hauptprobleme hin: das Fehlen systematischer Mechanismen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene, um die Übereinstimmung der Regelungen mit der UN-BRK sicherzustellen. Dies stehe im Widerspruch zu Artikel 4 der UN-BRK, der die erforderlichen Maßnahmen zur vollständigen Umsetzung der Rechte von Menschen mit Behinderungen fordert.
Der Abgeordnete fordert eine systematische Überprüfung der bestehenden Gesetze, Richtlinien und Verwaltungspraktiken auf Übereinstimmung mit den Verpflichtungen des Vertragsstaates gemäß der Konvention. Außerdem betonte er die Notwendigkeit einer besseren Koordinierung zwischen den Ländern, um die Umsetzung der Konvention zu verbessern.
Ein weiterer Punkt, der große Besorgnis erregt, ist der Hinweis auf den unzureichenden gesetzlichen Schutz von Frauen und Mädchen mit Behinderungen. Auch die Situation von Geflüchteten mit Behinderung, insbesondere von Kindern, wird von Seiten der UN als äußerst unzureichend angesehen. Besonders das Thema Inklusion am Arbeitsplatz liegt Mehmet Ali am Herzen. Die „Abschließenden Bemerkungen“ des Ausschusses deckten hier eine Reihe unhaltbarer Zustände auf:
Die hohe Arbeitslosigkeit unter Menschen mit Behinderungen, insbesondere unter denen mit hohem Unterstützungsbedarf, ist nach Ansicht von Takis Mehmet Ali besorgniserregend. Ebenso alarmierend sei die niedrige Übergangsrate aus den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Diese Situation stelle eine große Herausforderung dar und es bedürfe dringender Maßnahmen zur Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen in das Erwerbsleben.
Die Situation in Bezug auf die Berufsausbildung sei ebenso alarmierend. Der Mangel an zugänglichen und integrativen Berufsausbildungsstätten stelle eine zentrale Barriere dar. Es sei sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen die gleichen Chancen haben, ihren Berufsweg frei und ohne jeglichen Zwang zu wählen. Chancengleichheit sei ein grundlegendes Prinzip, das in der UN-BRK verankert ist und in Deutschland konsequenter umgesetzt werden müsse, heißt es in einer Presseinformation des SPD-Bundestagsabgeordneten.
Takis Mehmet Ali erklärte: „Wir wollen den Arbeitsmarkt inklusiv gestalten und deshalb haben wir in dieser Legislatur bereits einige Maßnahmen auf den Weg gebracht und noch einige auf der Agenda, z.B. die Verbesserungen beim Budget für Arbeit und die vierte Stufe der Ausgleichsabgabe.“
Der Bericht unterstreiche die Dringlichkeit, Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von Menschen mit Behinderungen in Deutschland zu ergreifen. Der Abgeordnete Takis Mehmet Ali ruft die Regierung und die gesamte Gesellschaft dazu auf, gemeinsam daran zu arbeiten, die Rechte und Chancen von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen zu stärken und sicherzustellen, dass Deutschland den Verpflichtungen aus der UN-BRK in vollem Umfang gerecht wird.
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