Washington (kobinet) Heute vor 33 Jahren hat der damalige US-Präsident George H.W. Bush den Americans with Disabilities Act (ADA), der in Deutschland als das US-amerikanische Antidiskriminierungsgesetz für behinderte Menschen bekannt ist, unterzeichnet. Damit konnte das Gesetz in Kraft treten. Während dieser Jahrestag in den USA in diesen Tagen mit einer Reihe von Veranstaltungen begangen wird, warten wir in Deutschland immer noch darauf, dass private Anbieter von Dienstleistungen und Produkten zur Barrierefreiheit verpflichtet werden. Denn hierzulande scheint das, was in anderen Ländern wie den USA schon lange Praxis ist, anscheinend nicht möglich zu sein, kritisiert der Sprecher der LIGA Selbstvertretung, Ottmar Miles-Paul, das Schneckentempo in Sachen Barrierefreiheit und Inklusion in Deutschland.
„Ich hatte Ende der 80er Jahre das Glück den Prozess der Entwicklung des Americans with Disabilities Act (ADA) während meines USA-Aufenthaltes hautnah miterleben und sogar für das Gesetz vor dem Weißen Haus demonstrieren zu dürfen. Daher weiß ich um die Kraft dieses Gesetzes und welche Veränderungen dieses über die Jahre hinweg in Sachen Barrierefreiheit und Teilhabe behinderter Menschen in den USA gebracht hat. Umso beschämender finde ich es, dass wir in Deutschland nach wie vor nur im Schneckentempo und mit zum Teil mit hochkomplizierten Regelungen in Sachen Barrierefreiheit vorankommen. Dabei ist die Sache ganz einfach: Allen muss die Gelegenheit gegeben werden, gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Und wenn etwas noch nicht barrierefrei ist, dann müssen angemessene Vorkehrungen bereitgestellt werden“, erklärte Ottmar Miles-Paul.
Die LIGA Selbstvertretung dringt daher darauf, dass die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP möglichst schnell ihre Hausaufgaben macht, die sie sich selbst im Koalitionsvertrag aufgegeben hat, und auch in Deutschland für klare und einklagbare Rechte in Sachen Barrierefreiheit sorgt. Die LIGA Selbstvertretung gratuliert den Aktiven in den USA zu ihrem wichtigen 33jährigen Jubiläum des Gesetzesunterzeichnung und bedankt sich für das menschenrechtliche Engagement der Akteur*innen in den USA.
Link zu Infos zu den Aktivitäten zum ADA-Jubiläum in den USA
Im Podcast „Echt behindert“ der Deutschen Welle vom 4.9.2020 hat Ottmar Miles-Paul die Regelungen des Americans With Disabilities Act von 1990 anlässlich des 30jährigen Bestehen des Gesetzes erläutert.
Hmm, lieber Ottmar, ich darf allerdings sehr darum bitten, auch hier die Diskrepanz zwischen Schein und Sein im Auge zu behalten. Auch in den USA ist nämlich bis heute längst noch nicht jeder Bahnhof (egal ob von #Amtrak oder regionalen/städtischen Bahnbetrieben), jedes Hotel oder jede Arztpraxis barrierefrei nutzbar. Der beste Diskriminierungsschutz läuft zudem ziemlich ins Leere, wenn Assistenzleistungen, Hilfsmittel, Therapien etc. wegen fehlender gesetzlicher Ansprüche nur bei hinreichend Eigenkapital der Betroffenen halbwegs sichergestellt werden können…