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Lob und Tadel am Pflegeunterstützungs- und ‑entlastungsgesetz

Blick in das Plenum des Deutschen Bundestages
Blick in das Plenum des Deutschen Bundestages
Foto: Deutscher Bundestag / Achim Melde

Berlin (kobinet) Der Bundestag will heute am 26. Mai das Pflegeunterstützungs- und ‑entlastungsgesetz in zweiter und dritter Lesung beschließen. Ulla Schmidt, Bundesvorsitzende der Lebenshilfe, ist erleichtert: "Unser Protest war erfolgreich. Der gemeinsame Jahresbetrag kommt nun doch. Damit werden pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen, vor allem auch Familien mit Kindern mit Behinderung, spürbar entlastet.“ Die Präsidentin des VdK Verena Bentele sieht das Gesetzesvorhaben allerdings kritisch. Sie betonte: "Trotz des Entlastungsbudgets, das es auf den letzten Metern noch in das Gesetz geschafft hat, ist die Pflegereform eine Niete für die Nächstenpflege. Die Bündelung der Leistung der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege ist gut, aber die Wartezeit bis zur Einführung zum 1. Juli 2025 ist viel zu lang. Wichtig wäre, dass alle und nicht nur Eltern pflegebedürftiger Kinder schon ab Anfang 2024 ganz einfach vom Entlastungsbudget profitieren können."



Der gemeinsame Jahresbetrag, das sogenannte Entlastungsbudget, gibt die Möglichkeit, die Verhinderungs- und die Kurzzeitpflege für häuslich gepflegte Menschen künftig in Gänze zu einem flexibel nutzbaren Budget zusammenzufassen. Das fordern die Lebenshilfe und andere Behindertenverbände schon lange. Zuletzt war die Enttäuschung groß, da im Referenten-Entwurf der Gemeinsame Jahresbetrag nach Paragraf 42a Sozialgesetzbuch XI zunächst vorgesehen war, dann aber im Kabinett aus Kostengründen wieder gestrichen wurde. Dies löste massiven Protest aus. Eine Vielzahl von Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen wandten sich erfolgreich an die Abgeordneten im Bundestag. Nun wird das Entlastungsbudget ab Januar 2024 zunächst für Kinder und junge Erwachsene mit Pflegegrad 4 und 5 und ab Mitte 2025 dann für alle Pflegebedürftigen eingeführt. Insbesondere Eltern von jüngeren pflegebedürftigen Kindern können bisher die Kurzzeitpflege nicht nutzen, da es kaum kindgerechte Kurzzeitpflegeangebote gibt, heißt es vonseiten der Bundesvereinigung Lebenshilfe.

Mehr als bedauerlich sei jedoch nach Ansicht der Lebenshilfe der Kuhhandel: Mit der Finanzierung des Entlastungsbudgets gehe nämlich die Kürzung der geplanten Erhöhung der ambulanten Pflegeleistungen einher. Statt wie bisher vorgesehen sollen diese Leistungen 2025 nun lediglich um 4,5 statt um 5 Prozent steigen. „Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass in einer nächsten Reformstufe die ambulanten Pflegeleistungen in angemessenem Umfang angehoben werden und das künftig auch Menschen mit Behinderung, die in Einrichtungen der Behindertenhilfe leben, von diesen Leistungen nicht mehr ausgeschlossen sind“, erklärte Ulla Schmidt.

Der Sozialverband VdK hat sich mit der Nächstenpflege-Kampagne über ein Jahr lang für die Belange der pflegenden Angehörigen eingesetzt. Zahlreiche Aktionen, wie Demos ohne Menschen, bei denen mit Schildern auf die Probleme der häuslichen Pflege aufmerksam gemacht wurde, und politische Lobbyarbeit waren Teil der Kampagne. Am 17. Mai hat VdK-Präsidentin Bentele während des VdK-Bundesverbandstages die bisher umfangreichste Studie zur Nächstenpflege (https://www.vdk.de/deutschland/downloadmime/6468/SPERRFRIST_VdK-Pflegestudie_Abschlussbericht_Februar_2023_inkl_Anhang.pdf) an Bundesgesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach übergeben. Die Studie belegt, warum pflegende Angehörige dringend mehr Unterstützung benötigen.

„Diese Reform ist noch weit entfernt von einer echten Verbesserung für die Nächstenpflege. Vier Millionen pflegende Angehörige warten immer noch auf eine Pflegereform, die sie wirklich entlastet. Ein Online-Portal über bundesweit freie Pflegeplätze ist auf Nimmerwiedersehen aus der Reform verschwunden. So müssen sich pflegende Angehörige weiterhin auf die zeitintensive Suche nach einem freien Angebot machen. Auch einen Pflegelohn sucht man vergeblich in der Reform, ebenso wie eine Anhebung der Rentenversicherungsbeiträge für Pflegende. Ohne deutliche Verbesserung der Pflege-Infrastruktur wird es keine spürbare Entlastung für Betroffene geben, und wir müssen uns von der Vorstellung lösen, dass jede Leistung von ausgebildeten Pflegekräften erbracht wird. Das ist jetzt schon Realität und wird auch in Zukunft so bleiben“, betonte Verena Bentele vom VdK.

Die Debatte und Beschlussfassung zum Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz ist am 26. Mai von 9:00 bis 10:20 Uhr auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums angesetzt. Diese wird live über das Parlamentsfernsehen auf www.bundestag.de übertragen.

Link zur aktuellen Tagesordnung des Bundestagsplenums

Lesermeinungen

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Marion
26.05.2023 13:15

Und das Ergebnis????? Was hat der Bundestag nun beschlossen?