Erlangen (kobinet) Den Abend in einer Bar verbringen, Zugang zur Arztpraxis haben, die Speisekarte im Restaurant lesen: Was für die meisten Menschen selbstverständlich ist, stellt für manche eine echte Herausforderung dar. Denn noch immer sind Barrieren im öffentlichen Leben keine Seltenheit. Um das zu ändern, hat Ina Fischer vom Projekt Kommune Inklusiv Erlangen eine Weiterbildung zum Barrierescout gemacht. Inhabende von Geschäften, Restaurants, Kanzleien und Weitere können bei ihr eine Ortsbegehung der eigenen Räumlichkeiten anfragen. Ziel ist es, für Menschen mit Teilhabeeinschränkungen vorhandene Barrieren endlich abzubauen.
„Noch immer wird Barrierefreiheit außerhalb von öffentlichen Einrichtungen nicht als notwendig angesehen, dadurch werden aber große Gruppen zum Beispiel an Kund*innen ausgeschlossen, das wird oft unterschätzt“, bedauert Ina Fischer. Sie spricht aus eigener Erfahrung, immer wieder stößt die blinde Kommune Inklusiv-Projektleiterin auf Hürden. Das muss nicht sein. „Denn eigentlich ist es doch für viele Menschen bequemer, wenn sich das soziale Leben barrierefrei abspielt, wer geht nicht lieber auch mal über eine flache Rampe ins Café, anstelle zig Stufen hinauflaufen zu müssen“.
Es sind oft nur Kleinigkeiten, an denen Barrierefreiheit scheitert – ein zu hoch angebrachter Garderobenständer etwa oder ein Empfangstresen, an dem nur stehend Kontakt aufgenommen werden kann. Auf diese Kleinigkeiten aufmerksam zu machen und Lösungsvorschläge zu unterbreiten, ist Fischer ein echtes Anliegen. Deshalb hat sie eine mehrtägige Weiterbildung der Sozialhelden absolviert. Mit circa 300 weiteren Teilnehmenden aus dem gesamten Bundesgebiet lernte sie dabei barrierefreie sowie DIN-gerechte Architektur kennen, führte eine erste eigene Ortsbegehung durch, lernte die gesetzlichen Grundlagen der Barrierefreiheit kennen und hatte Einblick in die App „wheelmap“, in der rollstuhlfreundliche Orte gekennzeichnet sind.
„Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz bietet für die Wirtschaft nicht genug klare Richtlinien an, wie und wann Barrierefreiheit zum Beispiel bei Restaurants, Geschäften oder Kanzleien hergestellt werden muss“, findet die Projektleiterin. Vorerst bietet sie kostenlose Begehungen an und bittet stattdessen um Spenden an das ZSL. Wer Interesse hat, kann sich unter folgender Mailadresse [email protected] an sie wenden.
Schwerpunktmäßig untersucht Ina Fischer den Zugang zu Lokalitäten für blinde und sehbehinderte Menschen. Durch die Weiterbildung sowie ihre langjährige Arbeit für das ZSL kann sie zusätzlich in ihren Begehungen die Bedürfnisse von mobilitätseingeschränkten Personen, Betroffene mit anderen Sinnesbehinderungen sowie Menschen im Autismus-Spektrum berücksichtigen.
Die geschulte Barrierescout Ina Fischer prüft sowohl Räumlichkeiten, als auch Webseiten und geht dabei lösungsorientiert vor, das heißt, nach jeder Begehung schreibt sie ein Protokoll sowohl mit den Barrieren, als auch Lösungsmöglichkeiten. Damit ein gesellschaftliches Miteinander in Erlangen im öffentlichen Raum endlich für mehr Menschen erlebbar ist.
Über das ZSL Erlangen (Zentrum für Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.)
Das ZSL wurde 1988 von Aktivist*innen als gemeinnütziger Verein zur Selbstvertretung von Menschen mit Behinderungen gemäß dem Motto „Nichts über uns ohne uns!“ gegründet. Ziel ist die gleichberechtigte Teilhabe im beruflichen wie privatem Lebensbereich, also Inklusion. Zur Realisierung von Inklusion bietet das ZSL anderen Betroffenen sowie allen Interessierten ein umfassendes Spektrum an Beratung, Unterstützung und Dienstleistung.
Kommune Inklusiv ist ein Projekt des ZSL, gefördert von Aktion Mensch und der Stadt Erlangen.