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Experten sind sich Maßnahmen für inklusiveren Arbeitsmarkt nicht einig

Gruppe von Menschen,, auch einer im Rollstuhl, die gemeinsam arbeiten
Inklusives Arbeiten
Foto: Pixabay/MoteOo

BERLIN (kobinet) Die Bundesregierung hat im Deutschen Bundestag eine öffentlichen Anhörung zum Gesetzentwurf zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts durchgeführt. Ein Großteil der dabei befragten Sachverständigen begrüßt die im Gesetzentwurf der Bundesregierung geplante Einführung einer „vierten Stufe“ bei der Ausgleichsabgabe. Das Wegfallen der Bußgeldregelung für „Null-Beschäftiger“ wiederum kritisierten einige Experten.

Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, mehr Menschen mit Behinderung auf den sogenannten ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Dieses Ziel soll unter anderem durch die Einführung einer höheren Ausgleichsabgabe für Betriebe erreicht werden, welche trotz gesetzlicher Vorgaben keine Menschen mit Behinderung beschäftigen. Sogenannte Null-Beschäftiger mit mehr als 60 Angestellten müssen künftig 7l20 Euro monatlich pro unbesetzter Stelle zahlen. Bislang gab es drei Stufen der Ausgleichszahlung, die höchste sah einen Betrag von 360 Euro vor. Im Gegenzug soll die Bußgeldregelung abgeschafft werden. Bislang können „Null-Beschäftiger“ zunächst mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 Euro belegt werden.

der CDU-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Behindertenbeauftragte der Bundesregierung Hubert Hüppe wirft der Bundesregierung vor, sie würde bewusst die Chance für mehr Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt verpassen. Erst versprach die Bundesregierung nach Hüppes Worten, beim Regierungsantritt, einen Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die Inklusion behinderter Menschen in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu legen, dann verabschiedete sie nach über einem Jahr einen unzulänglichen Gesetzentwurf zur „Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts“, der dem Anspruch, ein “Inklusionsförderungsgesetz” zu sein, nicht gerecht wird. Das wurde, so Hubert Hüppe, durch die öffentliche Anhörung im Bundestag bestätigt.

Untere diesem Link ist der Gesetzentwurf eines Gesetzes zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkt nachzulesen. Auf dieser Internetseite gibt es Informationen zur Anhörung über die Maßnahmen für inklusiveren Arbeitsmarkt.

Lesermeinungen

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Michael Karpf
03.04.2023 14:45

Dass im Bericht des Deutschen Bundestags (Online-Dienst) über die Anhörung zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts, die am 27. März 2023 im Ausschuss für Arbeit und Soziales stattfand, beim Punkt „Streichung der Bußgeldvorschrift nach § 238 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX“ ausschließlich an sogenannte „Null-Beschäftiger“ angeknüpft wird, ist irreführend. Denn auch Arbeitgeber mit größerem Personalbestand, die schwerbehinderte Menschen unterhalb der für sie geltenden Mindestzahl beschäftigten und sich unter Vorsatz weigern, einen geeigneten schwerbehinderten Menschen einzustellen oder unter zumutbaren Vorkehrungen behinderungsgerecht weiter zu beschäftigten, können vorwerfbar schuldhaft und somit ordnungswidrig handeln. In diesem Kontext ist bedeutsam, dass die Zahlung der Ausgleichsabgabe die Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nicht aufhebt (§ 160 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Von der BDA abgesehen, haben überdies alle Sachverständigen, die sich in der Anhörung zur geplanten Streichung geäußert haben, für die Beibehaltung der Bußgeldnorm plädiert. Die Streichung käme einer Täuschung gleich.
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw13-pa-arbeit-soziales-arbeitsmarkt-938570

Schell kommentiert die Bußgeldvorschrift nach § 238 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX in Haufe Office wie folgt:

»Abs. 1 Nr. 1: Nach dieser Vorschrift handelt der ­­- öffentliche wie private – Arbeitgeber ordnungswidrig, wenn er seine Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nicht erfüllt. Aus dem Wortlaut könnte geschlossen werden, dass dies nur auf denjenigen Arbeitgeber zutrifft, der seine Beschäftigungspflicht überhaupt nicht erfüllt, also keinen einzigen schwerbehinderten Menschen beschäftigt. In der entsprechenden Vorschrift des SchwbG (§ 68 Abs. 1 Nr. 1) war geregelt, dass der Arbeitgeber ordnungswidrig handelt, der Schwerbehinderte nicht nach dem festgesetzten Pflichtsatz beschäftigt. Sachlich ist gegenüber dem SchwbG keine Änderung eingetreten. Ordnungswidrig handelt danach weiterhin auch derjenige Arbeitgeber, der seiner Beschäftigungspflicht nur zum Teil nachkommt. Durch das Gesetz zur Änderung von Fristen und Bezeichnungen im Neunten Buch Sozialgesetzbuch und zur Änderung anderer Gesetze ist eine Verweisung auf § 71 Abs. 1 Satz 3 eingefügt worden, die klarstellen soll, dass nicht nur der Arbeitgeber ordnungswidrig handelt, der die Beschäftigungspflichtquote von 5 % nicht erfüllt (§ 154 Abs. 1 Satz 1), sondern auch derjenige Arbeitgeber, der wegen der Kleinbetrieberegelung bis zu zwei schwerbehinderte Menschen beschäftigen muss. Diese Verweisung war jedoch missverständlich formuliert, sie ist durch das Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen (zum 1.5.2004) richtiggestellt worden.«
https://www.haufe.de/personal/haufe-personal-office-platin/schell-sgb-ix-238-bussgeldvorschriften_idesk_PI42323_HI601093.html

Demnach ist festzuhalten, dass ordnungswidrig auch derjenige Arbeitgeber handelt, der seiner Beschäftigungspflicht schuldhaft nur zum Teil nachkommt. Auf „Nullbeschäftigung“ kommt es bei diesem Tatbestand nich an.

Viele Grüße
Dr. Michael Karpf