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Hannover (kobinet) Sollen die Förderschulen in Niedersachsen bestehen bleiben? Diese Diskussion ist im Landtagswahlkampf neu entfacht und wird von den Parteien unterschiedlich bewertet. "Für uns ist der Erhalt der Förderschulen keine Lösung für eine erfolgreiche Inklusion“, macht Victoria Schwertmann vom Verein Mittendrin Hannover – dem Verein für Inklusion – deutlich. Dabei weist sie auf die bereits im Jahr 2013 verankerte Festschreibung der Inklusion im niedersächsischen Schulgesetz hin. "Mit einem Ja zu Förderschulen würden wir den Weg zurück in eine Bildungslandschaft gehen, die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen oder erhöhtem Förderbedarf in Betracht zieht“, so der Inklusionsverein. Das sei ganz und gar nicht im Sinn der UN-Behindertenrechtskonvention.
„Studien belegen“, so Schwertmann, „dass die Lernerfolge von Schülerinnen und Schülern mit generellem Förderbedarf gerade bei einem gemeinsamen Schulbesuch in einer Regelschule höher sind im Vergleich zum Besuch einer Förderschule. Im Umkehrschluss heißt dies für uns, dass der Erhalt der Förderschulen einer gelungenen Inklusion eindeutig im Weg steht.“ Außerdem führe dies zu niedrigeren Schulabschlüssen und zu weniger Teilhabe an der Gesellschaft. Auch wenn der Weg zu einer gelungenen Inklusion noch weit sei, so könne die Quintessenz der Diskussion um den richtigen Weg nicht lauten: Wir erhalten die Förderschulen. „Die Förderschule Lernen ist bereits ausgelaufen – und das ist auch gut so“, macht Schwertmann deutlich.
„Was wir brauchen ist eine gute personelle Ausstattung an Regelschulen. Dazu muss die Grundversorgung mit sonderpädagogischen Stunden angehoben werden“, meint Schwertmann. Dazu bedarf es auch eines Lehrstuhls zur inklusiven Bildung. „Dieser Lehrstuhl darf nicht dem Rotstift der Politik zum Opfer fallen.“ Das Land müsse zu seiner Zusage stehen, diesen Lehrstuhl zu erhalten. Es könne nicht sein, dass im Sonderpädagogik-Studium der Zweig „Inklusive Schule“ gestrichen wird. „Dann darf man sich auch nicht beschweren, dass die Inklusion nicht funktioniert“, so die Expertin von Mittendrin Hannover, „denn dies wäre eine selbsterfüllende Prophezeiung.“
Der Verein für Inklusion setzt vielmehr auf die Unterstützung der Lehrerinnen und Lehrer in den allgemein- und berufsbildenden Schulen. „Sie brauchen jedoch mehr Angebote an Fachberatungen und Weiterbildungen, um möglichen Vorurteilen bei der gemeinsamen Beschulung begegnen zu können“, sagt Schwertmann. Ein weiteres Thema für ein Mehr an Inklusion: sei die wohnortnahe Beschulung. Sie sei zur Entwicklung von Freundschaften im direkten Umfeld der Menschen mit Behinderungen wichtig. Denn nur so kann nach Auffassung des Vereins für Inklusion die Teilhabe von Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern im Sozialraum vorangebracht werden.